Was ist mir wichtig?

Das Wichtigste im Leben ist, klar zu entscheiden und mich auch immer wieder bewusst daran zu erinnern, was für mich persönlich das Wichtigste im Leben ist. Denn wenn ich meine wahren Werte kenne und weiß, was mir am Herzen liegt, dann habe ich eine Art Kompass, an dem ich mein Denken und Handeln, meine eigenen Ziele, meine kurz- und langfristigen Pläne und meine täglichen Entscheidungen ausrichten kann.

München im Mai 1986. Seit gut acht Monaten bin ich bei einem australischen Kurier-Unternehmen beschäftigt, das sich nun auch hier in Europa und Deutschland mehr und mehr einen Namen macht. Gemeinsam mit einer Handvoll sehr netter und engagierter Kollegen habe ich Anfang des Jahres eine neue Niederlassung in Freiburg eröffnet. Und nun sitze ich hier im Konferenzraum eines Nobelhotels in der Münchner Innenstadt und nehme an einem Weiterbildungsseminar teil.

Der Regionalleiter Süd hat uns eingeladen, und für drei Tage haben sich etwa 40 Mitarbeiter aus allen Teilen der Republik und den verschiedensten Abteilungen hier versammelt, um mehr über die Geschichte, die Philosophie und die Ziele des Unternehmens zu erfahren, sich über Arbeitsabläufe und Strategien auszutauschen, Verkaufstechniken einzuüben und zu lernen, wie wir uns selbst und unsere Aufgaben besser managen können.

Es ist Sonntag und die Veranstaltung geht ihrem Ende entgegen. Nach einer kurzen Kaffeepause tritt Herr Rudolph*, der Geschäftsführer der Hauptniederlassung München, vor die versammelte Mannschaft. Dort, wo vorher noch der Tageslicht-Projektor auf dem Tisch stand (für die Jüngeren unter uns: das war eine Art Beamer), hat man inzwischen ein großes Glasgefäß aufgestellt. Daneben liegen in einem Korb ein paar etwa faustgroße Steine. Fragend schaue ich meinen Sitznachbarn an, der sich aber auch keinen Reim darauf machen kann. „Lassen wir uns also überraschen.“

Als endlich Ruhe eingekehrt ist, fängt Herr Rudolph an zu sprechen: „Grüß Gott zusammen, heute Morgen nach dem Joggen habe ich am Isarufer diese Steine gesammelt, um Ihnen eine wichtige Lebensweisheit näher zu bringen, die auch für Ihre Arbeit sehr wertvoll sein wird. Was meinen Sie, wie viele davon gehen wohl in dieses Glas?“
Wir geben ein paar Schätzungen ab. „Schön. Wir wollen sehen, wer recht hat.“
Er setzt einen Stein in das Glas … dann einen weiteren … dann noch einen, bis das Gefäß schließlich voll ist. Dann fragt er: „Ist das Glas jetzt voll?“
Wir blicken auf die Steine und sind uns schnell einig: „Ja.“
„Schau‘ mer mal!“, meint er nur und holt unter dem Tisch einen kleinen Eimer voll Kies hervor. Er schüttet etwas davon in das Glas und bewegt es, bis sich der Kies überall in den Ritzen zwischen den Steinen verteilt hat. Er grinst breit und fragt noch einmal: „Ist das Glas jetzt voll?“
Inzwischen sind wir schlauer. „Da geht noch ‚was, oder?“
„Gut! Sie lernen schnell“, antwortet er und greift nach einem weiteren Eimer unter dem Tisch, den die fleißigen Helfer in der Pause dort versteckt haben. Darin befindet sich feiner Sand, den er nun ebenfalls in das Glas schüttet und der sich nach und nach in den Lücken zwischen den Steinen und dem Kies verteilt. Wieder sieht er uns gespannt an und fragt: „Was glauben Sie, ist das Glas jetzt voll?“
„Nein!“, antworten wir ihm jetzt mit sicherer Stimme. Allmählich gefällt uns das Spiel.
„Sehr gut!“
Herr Rudolph verlässt kurz den Raum und kommt mit einer Maß Bier zurück. Doch was macht er da??!! Unter unseren überraschten und auch leicht entsetzten Blicken gießt er das köstliche Nass doch tatsächlich in den Behälter. Fast der ganze Liter findet noch Platz in dem Glas. Dann meint er: „So, jetzt ist es wirklich voll. Und was lernen wir daraus?“
Michael*, ein Kollege aus Hamburg, antwortet: „Wie viele Großaufträge wir auch an Land ziehen, wie viele Aufgaben wir auch zu erledigen haben, wie viel Sand auch manchmal im Getriebe ist und wie voll wir unseren Tag auch immer packen – für ein Bier mit den Kollegen ist immer Platz!“ Was ist mir wichtig?

Im allgemeinen Gelächter geht die eigentliche Botschaft unter. Stattdessen bestätigt der Geschäftsführer die Erkenntnis des Witzbolds, beendete die Schulung zu unserer großen Freude und lädt uns alle in einen der berühmten Münchner Biergärten ein. Ein herrlicher Abschluss nach drei eng getakteten Tagen und einer Menge Stoff, den wir erst verdauen dürfen. Es wird ein wundervoller, sehr langer Frühlingsabend und ich bin heilfroh, dass ich mir für den nächsten Tag vorsorglich frei genommen habe.

Meine Zeit bei TNT, DHL, Schenker und Co. ist längst Vergangenheit. Wie das Hotel hieß und in welchem Biergarten wir waren, habe ich inzwischen vergessen. Doch die Bedeutung dieser Vorführung ist mir heute klarer denn je – und sie beeinflusst nach wie vor meine Wochenplanung, meinen Lebensstil und meine großen und kleinen Entscheidungen. Die großen Steine, das sind die Dinge, die wirklich zählen. Wenn ich sie zuerst einplane, dann haben auch all die anderen Kleinigkeiten, die sonst noch auf mich warten, jede Menge Platz. Und es bleibt auch genug Raum für Entspannung.

Es sind vor allem zwei wesentliche Werte, die mir persönlich wichtig sind und die Tag für Tag mein Leben bestimmen: Freiheit und Liebe. Was diese beiden Begriffe für mich bedeuten und wie ich sie in die Tat umsetze, davon werde ich hier immer wieder erzählen. Als Erinnerung für mich selbst und vielleicht als Inspiration für Dich.

Liebe Leserin, lieber Leser, was ist für Dich am wichtigsten? Was betrachtest Du heute als die Hauptsache in Deinem Leben? Und ist das, was Du für die Hauptsache hältst, auch das, was Du hauptsächlich lebst?

* Namen geändert


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