Was ist kalte Führung und warum kann man damit köstliches Baguette backen?

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    Unter dem Begriff kalte Führung (oder: lange Führung) versteht man das lange Ruhen von Brotteig bei relativ niedrigen Temperaturen.

    Wieso das Ganze?

    Man lässt Brotteig traditionell bei Temperaturen oberhalb von 20 Grad (aber nicht über 45 Grad, denn das überleben die Hefen nicht) gehen. Denn dabei – davon ging man zumindest lange aus – fühlen sich die Hefen besonders wohl.

    Wenn Brotteig “geht”, findet ein klassischer Fermentierungsprozess statt – wie zum Beispiel bei Wein und Salami auch. Die Hefen verarbeiten den im Teig befindlichen Zucker und produzieren dabei unter anderem Geschmack (neben einer ganzen Menge anderer Stoffe).

    So weit – so gut.

    Der Ansatz der “kalten Führung” geht von der, nach meinem Kenntnisstand, vergleichsweise neuen Annahme aus, dass ein langsamer Fermentationsprozess zu besseren Ergebnissen, also zu mehr Geschmack führt.

    Dabei gilt der einfache Zusammenhang: regelt man die Temperatur herunter, und gibt den Hefen so mehr Zeit zu arbeiten, produzieren sie mehr Geschmack.

    Denn: die Hefen geben unterhalb von 20 Grad keineswegs die Arbeit auf – sie arbeiten lediglich langsamer und – so zumindest die These – besser.

    Der grobe Zusammenhang ist wie folgt: wenn Brotteig “geht”, reagiert die Hefe mit dem Zuckern, die aus der aufgespaltenen Stärke entstehen. Dabei entstehen Gärgas, durch das der Teig aufgeht, Alkohol und Aromen.

    Lässt man den Teig jedoch bei Raumtemperatur gehen, besteht die Gefahr, dass weniger Aromen und statt dessen flüchtige Säuren produziert werden, die sich negativ auf den Geschmack auswirken.

    Das spricht für den hier gewählten Ansatz, der so auf viele andere Brote übertragbar ist: man lässt den Vorteig bei Raumtemperatur “starten” und verfrachtet ihn dann in den Kühlschrank, wo er easy und relaxed seine Arbeit vollziehen kann.

    Dabei gilt die Daumenregel: je weniger Zutaten ein Brot hat, je mehr Geschmack also im Rahmen des Fermentationsprozesses produziert werden muss, um so besser eignet sich die folgende Methode (wer es ganz genau wissen will, der lese im hier immer wieder gerne zitierten “The Science of good cooking” nach).

    Nach meiner Erfahrung kann ich sagen: die Methode funktioniert.

    Mit dem nachfolgenden Rezept lässt sich zum Beispiel das leckerste Baguette produzieren, die jemals unseren heimischen Backofen verlassen haben.


    Hinweis

    Das nachfolgende Rezept stammt vom wunderbaren und unbedingt empfehlenswerten Plötz Blog.

    Vor meinem ersten Kontakt mit diesem phantastischen Blog dachte ich, selbst gebackenes Brot könne maximal “ok” schmecken.

    Wie kann man sich irren…


    52 Stunden Baguette

    Vorab zwei Erfahrungen…

    • Nach “hinten heraus” kann man sich bzgl. der “Geh-Zeit” entspannen. Ob der Teig einige Stunden mehr im Kühlschrank reift, macht keinen großen Unterschied. Wichtig ist lediglich: er muss Blasen geworfen haben. Wir haben den Teig schon mal zehn Stunden “überzogen”, ohne dass das negativ aufgefallen wäre.
    • Bio-Hefe ist wichtig. Bio-Hefe riecht schon viel besser als “normale” Hefe und ermöglicht besseres Brot.

    Vorteig

    160 g Weizenmehl 550
    160 g Wasser
    0,3 g Bio-Frischhefe

    Die Zutaten abends mischen und 16 bis 20 Stunden bei um die 20 Grad reifen lassen.

    Hauptteig

    Vorteig
    350 g Weizenmehl 550
    215 g Wasser
    3 g Bio-Frischhefe
    10 g Salz

    Den Vorteig, das Mehl und 165 g Wasser verrühren.

    Das Ganze 30 Minuten bei Raumtemperatur abgedeckt ruhen lassen.

    Im Anschluss die Hefe zerbröseln, dazu geben und den Teig 10 Minuten auf langsamer Stufe kneten.

    Das Salz in den restlichen 50 g Wasser auflösen. Den Teig nochmals zehn Minuten kneten. Peu-a-peu in kleinen Mengen das Wasser dazugießen. Das Wasser gut in den Teig einarbeiten und erst dann die nächste Portion zugeben.

    Wenn das Wasser komplett eingearbeitet ist den Teig weitere 5 Minuten auf mittlerer Stufe kneten. Der Teig sollte sich komplett von der Schüssel lösen.

    Den Teig eine Stunde bei Raumtemperatur eine Stunde ruhen lassen. Dazwischen drei Mal dehnen und falten.

    Dann den Teig abdecken und ca. 32 Stunden im Kühlschrank lagern.

    Das ursprüngliche Rezept sieht eine Temperatur von bei 4-6°C vor. Ich habe es sowohl im “normalen” Teil des Kühlschranks als auch im 0 Grad-Fach ausprobiert – es funktionieren beide Varianten. Die kühlere dauert etwas länger – ein Geschmacksunterschied konnte ich nicht fest stellen.

    Das Volumen sollte sich im Kühlschrank mindestens verdoppeln. Der Teig muss Blasen schlagen – dann ist er fertig.

    Baguette 2 900

    Backen

    Am Backtag ungefähr eine Stunde bei Raumtemperatur aufwärmen lassen. Dann in vier Teiglinge teilen und rollen. Weitere 15 Minuten ruhen lassen. Dann zu Baguettes formen.

    Nochmals 45 Minuten bei Raumtemperatur ruhen lassen.

    Dann einschneiden und im Dampf bei 250°C 20-25 Minuten backen. “Dampf” bedeutet: ein im Ofen vorgeheiztes, tiefes Blech mit 150 – 200 ml kochendem Wasser befüllen. Das Blech nach zehn Minuten entfernen.

    Weiter backen, dann aus dem Ofen nehmen und auf einem Rost auskühlen lassen.


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     Applaus ist das Brot des Künstlers!

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