„Die Geburt ist der gefährlichste Zeitabschnitt des Lebens. Es ist dringend notwendig, den Gesundheitszustand von Neugeborenen rasch zu beurteilen und auftretende Krankheitssymtome sofort zu diagnostizieren, um geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.“ (Virginia Apgar, „Is my Baby All Right?“)
Entstehung des Apgar-Score
Bei erstmaligem Kontakt mit dem „Apgar-Score“ denken die meisten von Ihnen vermutlich an die Abkürzung für ein Verfahren, ein Akronym. Namensgebend war jedoch seine Erfinderin, die US-amerikanische Anästhesistin Virginia Apgar (1909-1974).Virginia Apgar spricht damit die hohe Säuglingssterberate an, welche aufgrund nicht diagnostizierter pränataler Schäden, Mängel und bei der Geburt entstandenen Verletzungen (Hirnblutungen, Sauerstoffmangel) zustande kommen. Um dem entgegen zu wirken, entwickelte Apgar ein nach ihr benanntes Bewertungsschema, welches sie 1952 erstmals vorstellte.
Durchführung des Apgar-Scores
Das aus fünf Komponenten bestehende Punkteschema dient der Bestimmung des klinischen Zustandes von Neugeborenen und dokumentiert dabei ihre Anpassung an das neue, pränatale Leben.
Getestet werden:
1. Herzrate (Puls, Herzschlag)
2. Atemanstrengung
3. Reflexbarkeit
4. Muskeltonus
5. Hautfarbe
Direkt nach der Geburt beginnend werden die Tests nach einer, fünf und zehn Minuten durchgeführt. Dabei werden die Merkmale mit 0 (Merkmal fehlt), 1 (Merkmal nicht ausgeprägt) oder 2 (Merkmal gut vorhanden) Punkten bewertet. Optimaler Weise werden 9-10 Punkte erreicht, wobei die geringen Punktverluste meist aufgrund einer schlechten Hautfarbe zustande kommen. In einem Bereich von 5-8 Punkten gilt das Neugeborene als gefährdet, bei einem Wert unter 5 Punkten spricht man von einer akuten Lebensgefahr.
Kriterium 0 Punkte 1 Punkt 2 Punkte
Atmung fehlend unregelmäßig gut, regelmäßig
Puls (Herzschlag) kein Puls <100 >100
Grundtonus schlaff, träge leichte Flexion aktive Bewegung
Aussehen (Hautfarbe) blau oder weiß ungenügend durchblutet rosig
Reflexe (Absaugreflexe) keine Grimassen Schreien
Einschränkungen des Apgar-Scores
Auch wenn der Apgar-Score auf den ersten Blick einen sehr standardisierten Eindruck macht, weist er doch einige Einschränkungen auf. So kann er beispielsweise durch Medikamente, Infektionen, das Geburtstrauma, kongenitale Anomalien oder eine Hypovolämie beeinflusst werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass er sich nicht für die Bewertung Frühgeborener heranziehen lässt. Ihre Atmung, Reflexe und Muskeltonus sind entsprechend ihres Gestationsalters geringer ausgeprägt. Deshalb kann es sein, dass ein gesundes, aber früh geborenes Baby eine niedrige Bewertung im Apgar-Score erhält. Deutliche Unterschiede im Score zeigen sich auch zwischen jenen, welche nach einer Reanimation erhoben werden und Scores spontan atmender Neugeborenen. Viele der fünf Komponenten der Bewertung lassen sich durch eine Reanimation beeinflussen.
Eine weitere Einschränkung erhält der Apgar-Score dadurch, dass er allein nicht genügt, um eine Asphyxie zu diagnostizieren. Daher erlaubt ein niedriger Wert im Score keine Vorhersage hinsichtlich Morbidität und Mortalität.
2006 ist die ACOG (US-amerikanische Gynäkologengesellschaft) auf diese Einschränkungen eingegangen und hat einen erweitertem Apgar-Score vorgestellt. Dieser berücksichtigt nun auch Reanimationen und wird über einen Zeitraum von 20 Minuten durchgeführt. Auch die Skalierung wurde überarbeitet. So werden jetzt Werte von 7-19 (nach fünf oder zehn Minuten) mit „sehr gut“ bewertet, der Wert nach der ersten Minute hingegen eher vernachlässigt.
Übrigens: Im Laufe der Jahre ist aus dem Namen Apgar doch noch ein Akronym geworden. So bildete Joseph Butterfield folgenden Merkspruch: „Appearance (Aussehen, Hautfarbe), Pulse (Herzfrequenz), Grimace Reflexauslösbarkeit), Activity (Muskeltonus) and Respiration (Atmung)“.