Was bedeutet getrennt leben?

Was bedeutet getrennt leben?

Gerd Altmann/Hintergrund:Hans Braxmeier  / pixelio.de

Irgendwie wurden die Kinder mit Dreju nicht warm und umgekehrt. Ich war sehr enttäuscht. Ich wusste ja, wie sehr Dreju an seiner eigenen kleinen Tochter hing und konnte nicht nachvollziehen, dass ihm nicht gelang, mehr Interesse und Gefühle für meine Kinder zu entwickeln.
Ein erster Wermutstropfen in unserer Beziehung.
Was sollte ich tun? Ich wusste es nicht. Da waren auf der einen Seite meine Kinder, die bis jetzt der Mittelpunkt meines Lebens waren, die ich liebte, die mein Augapfel waren.
Auf der anderen Seite war Dreju, der Mann, den ich sehr liebte, der Mann, der mich wachgeküsst und aus meinem Dornröschenschlaf geholt hatte, der Mann, der mir endlich wieder das Gefühl gab, nicht nur Mutter, sondern auch Frau zu sein.
Ich begann mich in Schönrederei zu flüchten. "Das wird schon noch"...oder "Was erwartest Du? Die Kinder und Dreju kennen sich erst seit 4 Wochen. Das braucht Zeit. Sie werden sich schon noch näher kommen!" Das waren die Gedanken und Parolen, die ich benutzte. Ich wollte einfach nicht sehen, dass sich hier ein riesengroßes Problem herauskristallisierte.
Wie gerne hätte ich auch mal seine kleine Tochter kennen gelernt. Doch aus irgend einem Grund wollte Dreju das noch nicht. Ich dachte, wenn ich ihm zeigen könnte, wie gerne ich mit seiner Tochter eine gute Beziehung aufbauen wollte, würde er vielleicht verstehen. Dreju gab mir die Chance nicht. Noch nicht.
Wir waren ca. 5 Wochen zusammen, da kam zwischen uns eines Abends wieder das Thema auf, warum er immer zu mir nach Hause kam, ich jedoch nie zu ihm eingeladen wurde.
"Beloti, ich muss mit Dir reden."  begann Dreju und schaute etwas betreten drein.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit. Ich ahnte, dass ich jetzt etwas zu hören bekommen sollte, was ich eigentlich gar nicht hören wollte.
Ich setzte mich. "Ok. Ich höre." sagte ich mit klopfendem Herzen
"Du kannst nicht zu mir kommen, weil... weil..." Dreju suchte nach Worten.
"Du kannst mir alles sagen Cheri. Nur zu! So schlimm kanns doch nicht sein!" versuchte ich ihn zu beruhigen und zu ermutigen, mir endlich die Beweggründe seiner Handlungsweise zu erklären, obwohl mir mein Herz selbst bis zum Hals schlug. Vielleicht wohnte er ja in ärmlichen Verhältnissen und schämte sich mir gegenüber. Eigentlich konnte ich mir das nicht vorstellen. Er trug immer teure Markenklamotten, das passte irgendwie nicht zusammen. Es musste etwas anderes sein. Aber was?
"Du kannst nicht zu mir kommen, weil...weil ... weil ich noch mit meiner Frau und meiner Tochter in einer Wohnung lebe!"
Fassungslos starrte ich ihn an.
Das war es also! Die Nachricht traf mich wie ein Donnerschlag.
Das änderte alles. Er wohnte noch mit Frau und Kind zusammen. In welchem Verhältnis standen sie zueinander? Er hatte mir erzählt, er lebe getrennt. Waren sie von Tisch und Bett getrennt? Oder...machte er mir was vor? War ich auf die Masche eines verheirateten Mannes hereingefallen, er sich gerne eine Geliebte nebenher hielt? Meine Gedanken überschlugen sich. In was war ich da hineingeraten?
Fragend und mit Tränen in den Augen sah ich ihn an.
"Unsere Ehe ist kaputt!" begann Dreju zu erzählen. "Ich habe Dir gesagt, dass ich getrennt lebe. Das ist auch so."
"Warum kannst Du mich dann nicht als Deine neue Freundin vorstellen?" fragte ich ihn.
"Meine Frau ist immer noch sehr eifersüchtig. Sie akzeptiert nicht, dass ich mich von ihr getrennt habe. Ich möchte wegen meiner kleinen Tochter keine Szene heraufbeschwören. Beloti, ich liebe nur Dich. Du hast auch einen Beweis, dass ich die Wahrheit sage: in welcher intakten Ehe bleibt der Mann mehrmals in der Woche nachts weg?" fragte er mich. "Ich übernachte bei Dir, 2-3 mal pro Woche. Das muss Dir vorerst genügen. Mehr kann ich Dir zur Zeit nicht geben. Ich will meine Tochter nicht im Stich lassen. Sie braucht mich. Ich habe noch keine Lösung meines Problems gefunden. Aber vertraue mir: ich werde die Lösung finden früher oder später."
Das durfte doch alles nicht wahr sein. Da stand Dreju vor mir und wollte mir weis machen, dass er zwar verheiratet war und mit seiner Familie zusammen lebte, er aber doch in Trennung lebte und mich liebte.
"Weiß Deine Frau von mir?" fragte ich ihn. Er brauchte eine Weile, um zu antworten. "Nein!" sagte er leise.
"Bleibst Du deswegen nur am Wochenende so richtig über Nacht? Wegen ihr?"
"Ja. Auch. Sie hat natürlich schon etwas gemerkt. Sie fragt mich immer, wo ich hingehe, doch ich erzähle ihr nichts. Das hat sie vor ein paar Tagen so aus der Fassung gebracht, dass sie all meine Hemden in ihrer Wut mit der Schere zerschnitten hat."
"Entschuldige Dreju, ich glaube nicht, dass eine Frau, die in Trennung lebt, so reagieren würde. Sie muss Dich noch sehr lieben." sagte ich traurig.
"Ja. Ich sagte Dir bereits, dass sie es nicht akzeptiert, dass ich mich von ihr getrennt habe!"
Langsam begann ich zu begreifen. Ich hatte mich in einen verheirateten Mann verliebt. Die typische Geschichte. Er erzählt seiner Geliebten, dass er sich von seiner Frau trennen werde und die Geliebte wartet treu und brav auf den Tag X, der vermutlich nie kommen wird.  Ich konnte es nicht glauben. Ich wollte es nicht glauben. Dreju lebte noch in seiner Ehe, die Fronten waren noch in keinster Weise geklärt. Er ging jedes Mal, wenn er von mir ging, zu ihr zurück, spielte bis heute ein Versteckspiel mit seiner Noch-Ehefrau und mit mir. Ich war so sehr enttäuscht, so sehr verletzt.
"Du hast mich angelogen!" sagte ich. "Du hast mich ausgenutzt!" fügte ich leise hinzu.
Sein bis dahin liebevoller Blick wurde plötzlich hart. Seine Augen sprühten Funken der Empörung, als er antwortete:"Mich hat noch niemand einen Lügner genannt. Auch Du darfst das nicht! Wenn es das ist , was Du von mir denkst, dann bin ich hier am falschen Ort! Dann gehe ich!"
Er machte diese Worte wahr. Er würdigte mich keines Blickes mehr und verließ die Wohnung.
War das gerade eben wirklich passiert? Da eröffnete mir Dreju, dass ich im Moment nichts weiter als seine Geliebte war. Ich nannte das Kind beim Namen und warf ihm vor, dass er mich belogen hatte. Aber nicht ich zog mich beleidigt zurück, sondern er!
Ich verstand die Welt nicht mehr! Mein Sturz von Wolke Nr. 7 zurück in die Realität tat weh, sehr weh! Ich wollte das alles nicht wahr haben. Ich weinte und weinte und schlief irgendwann total erschöpft ein.


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