Warum Self-Publishing und nicht Verlag

Warum Self-Publishing und nicht Verlag

Hin und wieder fragen mich Leser, warum ich meine Bücher im Self-Publishing herausbringe und nicht über einen Verlag. Bei dieser Frage muss ich schmunzeln, weil anscheinend die Meinung vorherrscht, es sei eine einfache Entscheidung der Autorin und mehr nicht. Es ist aber weitaus komplexer und daher stelle ich hier einmal dar, was Grundlage meiner aktuellen Vorgehensweise ist.

Individuelle Ausgangssituation ist wichtig


Eine Freundin von mir ist eine erfolgreiche Autorin. Sie hat bereits mehrere Bücher in den Bestsellerlisten gehabt. Wenn sie einen Verlag anruft, lädt der sie gleich zum Gespräch ein. Bei mir sieht das völlig anders aus. Ich bin in der Verlags- und Buchszene ein Niemand. Ein klitzekleines Lichtchen, das im Meer der abertausenden Schreiberlinge herumschwimmt. Bisher habe ich keinerlei Verlagsveröffentlichung in meiner Vita. Ich bin 55 Jahre und deshalb außerhalb sämtlicher trendiger Zielgruppen. Auch bin ich bisher durch keinerlei Skandale aufgefallen oder sonst wie in die Medien gelangt. Das Einzige, das ich vorzuweisen habe, bin ich und meine Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. Für einen Verlag, der immer die Erfolgsaussichten seiner Projekte bewerten muss, bringe ich daher nicht viel mit, was diese Bewertung für mich von denen der anderen abheben könnte.

Verlage denken wirtschaftlich und das ist in Ordnung


Verlage müssen auch wirtschaftlich denken, denn schließlich wollen sie ja länger existieren und Geld verdienen. Ich finde das völlig in Ordnung. Aber dieses Denken muss auch in meine Abwägungen einfließen, wie ich vorgehen möchte. Als Ergebnis muss ich sachlich feststellen, dass meine Chancen, einen Verlag für mich und mein Werk zu begeistern, nicht sehr groß einzuschätzen sind. Man kann natürlich nach dem Zitat vorgehen "Du hast keine Chance. Nutze sie!". Doch ist das sinnvoll?

Lotto spielen, statt auf das Ziel zuarbeiten?


Mein Ziel ist es, Leser von meinen Büchern zu begeistern. Ja, ich gebe zu, dass ich natürlich auch Geld damit verdienen will und muss. Schließlich kosten mich die Aktivitäten auch Zeit und Geld. Dennoch ist der finanzielle Aspekt nur zweitrangig. Doch nähme ich den finanziellen Aspekt als den wesentlichen, könnte ich durchaus in Erwägung ziehen, von nun an jede Woche einen Lottoschein auszufüllen und darauf zu hoffen, irgendwann den Millionengewinn abzukassieren. Die Chancen sind nicht viel geringer, als einen Verlag zu finden. Wahrscheinlich würden dann einige von euch in Unverständnis den Kopf schütteln. Sich rein auf das Glück verlassen? Klingt ziemlich unsinnig. Doch wenn ich das Ziel habe, Leser für meine Bücher zu erreichen, wäre dann die Verlagssuche wirklich eine bessere Entscheidung?

Verlagssuche ist wie Lotto spielen - mit mehr Frust


Vor gut drei Jahren hatte ich es endlich geschafft. Dass lange Jahre in mir brodelnde Buch war endlich geschrieben. Natürlich war ich mir sicher, die Welt warte nur darauf, es zu lesen. Aber ich war vorgewarnt. Ich hatte gelesen, dass selbst weltberühmte Schriftsteller einige Verlagsabsagen bekommen hatten, bevor sie erhört wurden. Also recherchierte ich genau, wie ich vorzugehen hatte. Ich sichtete unzählige Verlagswebseiten. Notierte genau, ob mein Buch in ihr Programm passen könnte und welche Anforderungen sie an Manuskripteinsendungen stellten. Dann formulierte ich ein gutes Anschreiben, packte die Unterlagen für jeden Verlag säuberlich abgestimmt in Umschläge und sendete sie hinaus in die Welt. Dies ist nun über drei Jahre her und bis heute habe ich gerade mal von 20% der Verlage überhaupt eine Reaktion erhalten. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dies ausnahmslos Standardabsagen waren. Halt, von einem Verlag erhielt ich eine Eingangsbestätigung, was mich damals zu wahren Freudensprüngen animierte. Eine Absage habe ich auch von diesem Verlag bis heute nicht erhalten. Natürlich weiß ich mit der Distanz der Jahre, dass mein damaliges Manuskript nicht optimal war. Ich weiß heute auch, dass es besser gewesen wäre, mich um einen Literaturagenten zu bemühen. Aber auch dort sind die Chancen nicht besser. Lediglich die Wartezeit ist etwas geringer, weil diese zumeist zusagen, sich im positiven Fall binnen 30 Tagen zu melden. Das Ergebnis meiner Bemühungen bleibt dennoch nicht nur unbefriedigend, sondern auch hochgradig frustrierend. Das Gute war aber, dass ich währenddessen neue Bücher geschrieben habe, die besser sind. Und ich habe mich ins Self-Publishing gestürzt.

Self-Publishing erlaubt mir, das Autorinnendasein zu spüren.


Natürlich gibt es Menschen, die ausschließlich im stillen Kämmerlein Geschichten schreiben und nie daran denken, diese irgendwen lesen zu lassen. Ich gehöre nicht zu diesem Kreis. Ich brenne darauf, dass meine Geschichten gelesen werden und ich erfahre, wie sie den Lesern gefallen haben. Der Gedanke, jahrelang zu Hause zu sitzen und nur zu hoffen, irgendwann von einem Verlag erhört zu werden, ist für mich entsetzlich. Self-Publishing ist da eine regelrechte Befreiung. Ich bin heute froh, dass mich die mangelnde Resonanz auf meine erste Verlagssuche dahin gebracht hat. Was wäre mir sonst alles entgangen? Ich hätte nie erfahren, wie es ist, wenn einem Leser begeistert erzählen, wie ihnen mein Buch gefallen hat. Ich hätte nie Lesungen gestalten und den Applaus spüren dürfen. Ich würde wahrscheinlich auch nicht bloggen und unzählige inspirierende Kontakte wären an mir vorbei gegangen.

Self-Publishing lässt dich Autorsein spüren.

Ich habe nichts gegen Verlage.


Damit hier keine Missverständnisse aufkommen. Ich habe absolut nichts gegen eine Verlagsöffentlichung. Nicht alles alleine machen zu müssen und jemand zu haben, der mit mir hinter meinem Projekt steht, hat ganz sicher seine Vorteile. Auch haben Verlagsveröffentlichungen hierzulande noch immer eine bessere Reputation, die einem Türen öffnen können, die Self-Publishern verschlossen bleiben. Doch dies funktioniert nur, wenn alles passt. Und Verlag ist noch lange nicht gleich Verlag. Self-Publishing hat mich selbstsicherer gemacht. Ich weiß heute, dass ich nicht auf Teufel komm raus einen Verlag finden muss. Im Gegenteil, ich bin da mittlerweile sogar ziemlich zögerlich. Nicht, dass ich etwas gegen ein gutes Angebot hätte. Aber es muss eben genau dieses gute Angebot sein. Denn ich habe durch das Self-Publishing und die vielen tollen Erfahrungen, die ich dadurch machen durfte, etwas gelernt. Ich bringe etwas mit, nachdem sich jeder Verlag die Finger lecken sollte: mich. Und Self-Publishing gibt mir die Möglichkeit, dies allen zu zeigen.


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