Warum immer nur nett sein langfristig nichts bringt

Fast schon ein Klassiker im Coaching: Nette Frauen und nette Männer. Immer verständnisvoll, immer angepasst und nett. Die idealen Schwiegertöchter und Schwiegersöhne eben. Sie schlucken viel, platzen sehr spät und sind ausgenommen freundlich zu jedem. Sehr angenehme Zeitgenossen, oder? Im Prinzip ja, ich habe gerne nette Menschen um mich herum. Mit einer großen Einschränkung: Nett sein ist nur dann angebracht, wenn einem sein inneres Wertesystem auch signalisiert, dass es ok ist, nett zu sein. Was mich und meine Kunden stört: Die Nettigkeitsautomatik. Und die ist nicht angeboren und auch nicht im Standard “built in”, wenn ein Mensch zur Welt kommt.

Nett sein ist ok, wenn es angebracht ist, ansonsten nicht!

Denn immer wenn der Nettigkeits-Reflex kommt, dann gibt es auch andere Stimmen in mir: Die lieber Nein gesagt hätten, die lieber die Aufgabe nicht übernommen hätten. Aber zu spät – ich war schon nett. Und mit jeder Nettigkeit wächst dann auch der innere Wutkessel etwas mehr an. Bis er irgendwann platzt, meistens in dem Moment, in dem es gar nicht angebracht wäre. Die Nettigkeitsfalle bildet sich meistens zwischen 3 und 5 Jahren aus, wird durch Erziehung eingeleitet: Irgendwann in meinem Leben war es gut & sicherer für mich, wenn ich auf Nett schalte. Und mit jeder positiven Wiederholung verfestigt sich diese Tendenz.

Was damit einhergeht: Wenn ich immer nur nett und angepasst bin, dann verlerne ich mit der Zeit, was ich eigentlich möchte und was mir gut tut und was nicht. Ich vernachlässige also meine Bedürfnisse und oft auch meine Werte. Und damit fängt das unmerkliche Verbiegen an, ich werde Meinungs- und Konturlos. Und bin nur noch nett. Statt meine Meinung zu kennen und zu vertreten. Ein Weg da raus: Langsamer werden, seine Reflexe besser kennen lernen und irgendwann erst einmal Nein sagen, bevor das vorschnelle Ja über meine Lippen kommt. Damit ich die Zeit bekomme, erst einmal zu prüfen, was ich will und wie ich es will, bevor ich mit dem Ergebnis nach außen gehe. Denn nett sein ist zwar schön, aber nur dann, wenn es mir auch selbst gut tut.

Und wenn Sie sich in diesem Text wieder erkennen: Ich bin ein guter Sparringspartner, wenn es darum geht, aus dieser Nettigkeitsnummer wieder raus zu kommen!


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