Warum ich gern an ungewöhnlichen Orten arbeite

Ich arbeite gern im Flugzeug. Und in menschenleeren chinesischen Restaurants (deren W-LAN viel schneller ist als das von Coffeeshops). Am Strand, im Bushaltestellenhäuschen, mit Blick auf Wasser oder Straßenkreuzung, mal eher ruhig, mal eher mittendrin. Ich arbeite sehr gern und habe deswegen immer etwas zu schreiben und zu strukturieren dabei. Bunte Stifte, viel Papier, Klebezettel, Heftchen.

Was Arbeit ist

Es kann nicht jeder so arbeiten wie ich. Mein Lieblings-Verkäufer von Aldi, der an der Kasse immer dermaßen gute Sprüche klopft, dass ich darüber laut lachen muss und die Schlange aufhalte, weil ich vor lauter Lachtränen mein Portemonnaie nicht finde, dieser Verkäufer kann nicht an der Elbe arbeiten. Zumindest nicht als Aldi-Verkäufer.

2011 habe ich mich entschieden, eine BusinessMuse zu werden. Es gab für diesen Beruf keine Stellenanzeige und auch kein Gehalt, und beim Erwähnen meiner Lust auf Selbständigkeit wurde ich nicht von begeisterten Rufen begrüßt, sondern von Fragen und Zweifeln. Ob das was für mich ist. Ob ich schon eine Kundenbasis habe.

Was ist es, Arbeit? Neue Arbeit, darüber wird viel geschrieben. Und die neue Generation Y, die Millenials, die mir so sympatisch sind, weil sie lieber weniger Geld und mehr Freiheit wählen. Für Geld kann man nämlich keine Zeit kaufen. Weil ihnen Mitbestimmung und Sinn wichtiger sind als Karriereaussichten. Wenn ich über diese Generation lesen, denke ich, genau so bin ich auch, also hat es nicht nur mit dem Geburtsjahr zu tun, sondern mit dem Puls der Zeit und dem Mitgestalten der Zukunft.

Wenn es das Wort “Berufung” gibt, warum gibt es dann keine Berufungs-Schulen? Und warum wird man in den Schulen dieses Landes mit veraltetem Wissen vollgestopft, statt Talentförderungs-Workshops und “Under-15-Startup-Wochenenden” zu organisieren? Wovor haben wir Angst? Dass uns etwas Gutes passiert? Dass unser Potenzial zur Geltung kommt? Das wir plötzlich SPASS HABEN?

Ich weiß, Umbruch passiert nicht von heute auf morgen. Aber jemand muss anfangen. Vorgehen. Ersten Schritt wagen. Tun, erste best practice schaffen, Ergebnisse vorweisen. So wie früher geht es in Zukunft nicht mehr. Auch wenn es früher angeblich besser war.

Lachen und Schaffen

Der Asphalt ist warm, auf der Baustelle nebenan offensichtlich Mittagspause. Es ist ruhig und wir arbeiten draußen, wozu sonst hat Flipchart Rollen? Wir arbeiten an einem Konzept für das Create Your Year Sommer Special, eine Veranstaltungsreihe für all die Menschen, die ihr Leben selbst gestalten. Für alle, die daran glauben, dass Leben mehr zu bieten hat. Für mutige, neugierige und selbstbewusste Menschen, die sich mit genau solchen treffen wollen.

Passanten schauen kurz, lächeln und gehen weiter. Als BusinessMuse ist es normal, an ungewöhnlichen Orten zu arbeiten, und heute ist es Eppendorfer Weg in Hamburg, vor dem Atelier werte und werke, in dem meine BusinessMusen-Kollegin Birgit Dierker Kreativauszeiten und Visionscoaching anbietet und Kunstwerke schafft.

Wir lachen viel und wir schaffen ungewöhnliche, sehr wirksame Konzepte. Obwohl zusammen seit fast einem Jahr für große Unternehmen dieser Republik im Einsatz, haben wir noch nie zusammen an einem Schreibtisch gesessen. Dafür an sämtlichen Cafe- und Gartentischen, auf Bänken, Baumstämmen und Fensterbrettern. Hast du schon mal versucht, dich auf eine Routine-Aufgabe, zum Beispiel ein Montagsmeeting, in einem Park vorzubereiten? Es ist eine Wucht an Energie da draußen, und wir sperren sie aus und verstecken uns hinter langen Korridoren und Doppelverglasung.

Bunt

Das Leben ist viel bunter, als die Straße, auf der wir zur Arbeit fahren. Und viel vielfältiger, als die langweiligen Möbel, an denen wir Heldentaten vollbringen sollen. Besser, schneller, effizienter, urgs! Sorry, aber Heldentaten vollbringt man NICHT an einem Schreibtisch.

Es gibt übrigens einen guten TED Talk dazu, und da es dort deutsche Untertitel / Transkription gibt, gilt die Ausrede mit dem Englisch nicht.

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Wenn etwas besser und wirklich anders werden soll, dann müssen wir ANDERS arbeiten, und dafür müssen wir Unsicherheit zulassen, die erstmal entsteht, wenn wir uns nicht an die gewohnten Regeln halten. Mein Lieblingsverkäufer bei Aldi, der hat das auf seine Art und Weise umgesetzt. Keiner schafft es, nicht zu grinsen und manche erkundigen sich, wann er wieder arbeitet, um genau an diesem Tag einkaufen zu gehen. Kriegt er für so was eine Prämie von seiner Filiale? Wohl kaum. Aber was kriegt man nicht fürs Geld? Spaß und Freude und das Gefühl, sein eigenes Leben zu leben und einen Beitrag zu leisten – und aus einem Grund auf dieser Erde zu sein.

Schau hin, höre hin, lass es auf dich wirken, und morgen, da kannst du deinem Chef und deinem Team vorschlagen, euch an einem ungewöhnlichen Ort zu treffen, um die Zukunft der Abteilung oder der Firma zu besprechen. Sollte zufällig Inspiration fehlen, ruft mich an.

Los geht’s!

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Nadja Petranovskaja Nadja Petranovskaja

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