Warum Hipster-Cafés ein Glücksfall für unsere Gesellschaft sind

Warum Hipster-Cafés ein Glücksfall für unsere Gesellschaft sindCarrot Cake für 4 Euro Fuffzig, der Kaffee tröpfelt durch den wohl temperierten Keramik-Handfilter und die Kokos-Ingwer-Suppe kommt im shabby-chicen Keramikschälchen. Unschwer zu erkennen: Wir befinden uns in einem Hipster-Café. Das Schema lässt sich wie ein Baukasten durch grüne Smoothies, Buddha-Bowls, frisch gepresste Säfte und Chia-Goji-Müsliriegel erweitern. Superfoods allenthalben und Wollmützenträger, die gerne bereit sind, den Extra-Euro zu bezahlen, damit sie unter ihresgleichen weilen können. Man ist geneigt sie zu belächeln, diese gefühligen Genussmenschen. Doch das wäre ein grober Fehler.

Hipster-Cafés: Brutzelle für Genießer

Nachdem ich mich in den vergangenen Monaten immer häufiger in derartigen Lokalitäten wiederfand und mich von zur Hälfte gefüllten Weck-Gläsern mit Rote-Bete-Salaten noch immer angezogen fühle, glaube ich realisiert zu haben, dass ich den wahren Wert von Hipster-Cafés lange Zeit verkannt habe. Hipster-Cafés sind für mich die Speerspitze einer Bewegung, die bewussten Genuss mainstreamfähig macht. Das meine ich durchweg positiv. Eine Brutzelle für Gourmets im besten Sinne. Ein alltagsnaher Treffpunkt für Menschen, die Ernährung als essentiellen Faktor für ihr Wohlbefinden erkannt haben und diese Entdeckung ganz offen ausleben. Ein Ausweg aus einer Konsumgesellschaft, bei der tumbes Hungerstillen noch viel zu oft genaues Hinschmecken aussticht.

Das gibt’s doch schon seit Jahren, höre ich meine Foodie-Freunde rufen! Slow-Food, Bio, Fine-Dining, Supper-Clubs. Stimmt. Doch die meisten Ausprägungen, die der Trend zum bewussten Genuss hervogebracht hat, spielen sich irgendwo abseits der öffentlichen Wahrnehmung ab. In einer schwer zugänglichen und kaum einsehbaren Filterblase aus sozialen Netzwerken, Feinschmecker-Kommunen und Gourmet-Veranstaltungen. Der Otto-Normal-Esser hat im Alltag kaum Einstiegspunkte in jene Welt, in der Genuss zelebriert und extrem sensitiv gelebt wird. Zu teuer, zu exklusiv, zu abgelegen. Wären da nicht die Hipster-Cafés. Es ist ein Segen, dass sie mittlerweile kein Berlin-Mitte-Phänomen mehr sind. München, Hamburg, Köln, selbst meine Heimat Freiburg kommt langsam auf den Trichter.

Warum Hipster-Cafés ein Glücksfall für unsere Gesellschaft sind

Innovationsgeist trifft Perfektionsstreben

Vielleicht sollten wir uns von dem Begriff Hipster-Café verabschieden, weil er zu negativ konnotiert ist. Für mich sind diese Cafés eine Art Genuss-Botschaft. Hierher kann ich mich flüchten, wenn ich mich nicht dafür rechtfertigen will, dass mir der Kaffe im Büro einfach nicht geil genug schmeckt. Wenn ich mal wieder das Gefühl habe, dass ein Salat aus einem Weckglas einfach besser schmeckt. Dass ein Brownie verdammt noch mal pures Fett sein MUSS. Hier bin ich unter Meinesgleichen und hier versteht man mich, stillschweigend. Sind wir mal ehrlich: Was diese Cafés neben ihren teils ambitionierten Preisen ausmacht, ist kulinarischer Innovationsgeist, Perfektionsstreben und ästhetisches Anspruchsdenken.

Der Kaffee kommt dann eben handgefiltert im Edel-Porzellan. Mit Kokosblütenzucker und hausgemachtem Hafer-Cookie. Das ist wie Haute Cuisine auf Bistro-Niveau. Man muss heute nicht mehr ins 3-Sterne-Lokal, um extrem leidenschaftliche Gastronomen in durchdachtem Ambiente zu erleben. Für 8 Euro erstehe ich einen hochklassigen Kaffee und ein Stück Kuchen, das mich jauchzen lässt. Dazu einen Barista, der mir gerne einen Crashkurs in Siebträgerkunde gibt. Niemand zwingt mich, diese Orte zu betreten, diese Preise zu bezahlen. Ich sehe das vielmehr als Einladung in einen leicht zugänglichen Genussraum, als Möglichkeit zur kurzen Alltagsflucht.

Warum Hipster-Cafés ein Glücksfall für unsere Gesellschaft sind

Kleine Alltagsfluchten für Jedermann

Und so kommt es, dass dann und wann auch mal ein kulinarisch unbescholtener Otto-Normal-Esser seine Nase hineinstreckt, in das kleine Café an der Ecke, aus dem es immer so fein frischgeröstet duftet. Vielleicht bleibt er auf einen Capuccino und lässt sich auch zu einem Stück Karottenkuchen überreden. Vielleicht erkennt er dann, dass die Rüblitorte der Oma – bei allem Respekt vor der alten Frau – doch deutlich trockener war als das unsagbar saftige Stück vor ihm. Dann könnte ihm klar werden, dass Ernährung nicht nur öde Familienroutine ist, sondern ein Stück Lebensqualität. Und vielleicht ärgert er sich dann gar nicht so sehr darüber, dass die hochwertigen Produkte dort ein bisschen mehr kosten, als bei Lidl. Mit ein wenig Glück versteht er, dass bewusster Genuss so unglaublich bereichernd ist und zurecht seinen Preis hat. Dann hat ein Hipster-Café wieder einmal erfolgreich Hilfestellung geleistet, beim Einstieg in eine neue Welt des Schmeckens, Denkens und Fühlens.


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