Anfang 2012. Ich sitze im Wohnzimmer und arbeite an der Integration von anderen Services in work|i|o. Es geht darum die Reichweite über zufriedene Quester zu erhöhen. Im Zentrum stehen Bundles. Gerade stecke ich etwas fest und blogge, um den Kopf zurück zu setzen.
Ich hatte noch nie einen Plan fürs Leben. Lange Zeit stand die Schule im Mittelpunkt. Zeithorizont das Ende des Semesters und Ende der Schulzeit. Dann irgendwo Uni. Als ich nach Wien ging, wusste ich nicht was, ich machen würde. Technische Informatik. Wirtschaft begonnen. Auf Kommunikationswissenschaft gewechselt. Ich bin noch immer nicht fertig. Während der Uni etwas gearbeitet. Zeugs kennen lernen. Ich habe viel Zeit damit verbracht, mich in unterschiedliche Berufe einzulesen. Die Hauptarbeit ist interessant, aber rundherum sind viele Dinge, die entweder anstrengend und/oder langweilig sind. Den perfekten Beruf gibt es nicht. Perfekte Dinge gibt es nicht. Außer für den Moment. Im Studium habe ich Einblicke in weitere Berufe bekommen, meist wurde gesagt, dass man das mit dem Studium machen kann, die vortragende Person aber ganz anders dazu gekommen ist. Zumindest würde ich mit dem Studium nicht in eine bestimmte Richtung festsitzen, dachte ich mir. Außerhalb bekam ich mit, dass das meiste über Kontakte läuft. So kam ich zu unterschiedlichen Vorträgen und ins Fernsehen. Mit Vorträgen ließe sich Geld verdienen. Mit Fernsehen nicht so. Beim bloggen kam manchmal etwas rein, ich fühlte mich dabei meist ein bisschen schmutzig. Schreiben gefiel mir, aber immer die Angst, dass es keinen Spaß mehr macht, wenn man es machen muss. Schon wenn man nur indirekt über Werbung Geld bekommt, verändert sich das schreiben, weil man weniger für sich selbst und mehr für die Leser und die Reichweite schreibt. Und Vorträger wollte ich auch nicht werden. Kann man sowieso nur gut, wenn man selber macht. Meine Eltern und der Staat haben mich über Wasser gehalten. Alles andere waren Zuverdienste. Zumindest habe ich mich bei dem Geld nicht schlecht gefühlt, wenn ich es ausgab. Vor allem, um zur Freundin zu fahren. Einen Schrank habe ich mir nie gekauft. Auch sonst blieb mein Zimmer minimalistisch. Nicht stylisch minimalistisch. Nur minimalistisch. Das Zugfahren war auch einer der ersten Zeitpunkt, wo mir Geld wichtiger wurde. Zuvor habe ich es soweit es ging ignoriert. Aber wenn man durchrechnen muss, wie oft man Menschen sehen kann, die einem wichtig sind und sich entscheidet, ob zu wem man fährt, ist das weniger schön. Und ich habe den Vorteil, dass ich überhaupt darüber nachdenken kann. Jedenfalls habe ich mich irgendwann entschieden, dass ich mehr Geld haben möchte, als man mit gelegentlichen Websitejobs, Vorträgen und Werbung auf dem Blog bekommt. Man könnte alles hochskalieren, aber Websiten für andere machen, war nur zu Beginn schön. Immer wieder bekam ich Angebote von Marketingagenturen. Konnte mich aber nie durchringen, etwas anzunehmen. Erst die Uni. Und ich war bei der kleinen Agentur, wo ich glaubte, irgendwann Anteile zu bekommen. Mit der Zeit gab ich die Vorstellung auf, je einen konkreten Beruf zu haben. Einerseits weil ich mich nicht entscheiden konnte und andererseits, weil ich nicht an Berufe glaube. Irgendwer machte dann noch die Aussage (oder war es eine Studie?), dass man Menschen für Berufe ausgibt, die es noch gar nicht gibt.
Startups haben mich schon länger fasziniert. Das Bild der drei Programmierinnen, die in ihrer WG sitzen und ein cooles Webservice zusammenschrauben. Ich habe das meiste aus Anwendersicht mitbekommen. Wurde darin immer besser (hihi) und gab den Leuten auf der anderen Seite Feedback, warum mir etwas gefiel oder nicht. Bei den Vorträgen habe ich dann noch anderen erzählt, wie man etwas benutzen kann. Über Barcamps kam ich dann mit den Hinterleuten stärker in Kontakt. Langsam kam ich mit der Wiener Startupszene in Kontakt, wobei das erst so richtig losging, als ich selbst bei einem war. Zuvor waren es einzelne, die man kannte. Vielleicht mit einem Entwickler etwas gesprochen. Aber nicht viel mehr. Ich finde es immer noch großartig, dass Bruno mich gefunden und kontaktiert hat. Dass er die Idee Startup in meinen Kopf gepflanzt hat. Beziehungsweise sie aufblühen ließ.
Startup. Für mich ist der aufbrechende Charakter entscheidend. Vielen reicht es, dass ein Unternehmen jung ist, um es Startup zu nennen. Manchen meinen, es müsste was mit Internet zu tun haben. Ich erwarte von einem Startup, dass es ein Problem aufgreift, das noch nicht oder nur schlecht gelöst wurde. Es kann auch sein, dass sich niemand des Problems bewusst ist. Macht das ganze etwas schwerer. Alter des Unternehmens ist relativ. Es sollte bisher keine anderen Dinge gemacht haben, zumindest nicht erfolgreich. Und natürlich ist auch Startup ein völlig überbewertetes Buzzword. (Buzzword, hihi).
Selbständigkeit habe ich mir manchmal überlegt, aber ich arbeite ungern auf Zuruf von anderen und habe nahezu keine Konsequenz, wenn ich alleine arbeite. Außerdem habe ich eine Abneigung gegenüber Rechnungen (schreiben) und Priorisierung nach finanziellen Gesichtspunkten. In einem größeren Unternehmen arbeiten ist auch nicht so meins. Arbeiten in einem Startup ist nicht einfach. Man weiß nie so genau wo man steht, es ist Selbstverantwortung gefordert, weil wenn man es nicht macht, dann macht es auch sonst niemand und meist kümmert sich, auch niemand, ob man etwas gemacht hat, was man sich selbst vornahm. Die Leute sind voneinander abhängig, jeder investiert Zeit und manchmal auch Geld. Wenn eine Person versagt, kann es das Ende für alle bedeuten. Es gibt Stress und Zeitdruck. Auch wenn man das oft vernachlässigt. Keine klaren Strukturen, man weiß nie so genau, wer jetzt für was verantwortlich ist und jeder ist für alles verantwortlich. Wenn man etwas neues machen möchte, muss man es selbst machen oder die restlichen davon überzeugen, dass genau das das richtige ist. Alles ist davon abhängig, ob die Annahmen, mit dem man begonnen hat, zutreffen und wie gut man auf Abweichungen reagieren kann. Wenn die Menschen das Produkt nicht verstehen, kann man versuchen es zu ändern oder es ihnen zu erklären. Wenn niemand bereit ist zu zahlen, änder man den Preis oder such ein anderes Geschäftsmodell. Oder überzeugt sie, dass es das Wert ist. Wenn einem niemand zuhört, schreit man lauter oder entwickelt eine andere Strategie. Ein ständiges arbeiten in der Luft. Daten sind wichtig, weil sie zumindest ein bisschen zeigen, ob man in die richtige Richtung geht. Wenn man korrekt interpretiert. Den richtigen Weg gibt es nicht. Meist sind alle Entscheidungen irgendwie richtig, man muss sie nur treffen. Es kann aber auch sein, dass es eine Sackgasse ist. Habe ich schon den Druck erwähnt. Man hat nicht die Zeit, sollte sie sich zumindest nicht nehmen, alles lang und breit zu diskutieren, sondern sich auf das Gefühl verlassen und voll durchziehen.
Ich hasse es. Ich liebe es. Es macht mir Angst. Die letzten Monate habe ich viel mit mir selbst gekämpft. Immer wieder eingeigelt, gewartet, nachgedacht, verzweifelt, neuen Mut gefasst. Viel zu wenig getan. Ich glaube auch das gehört dazu. Diesen Sommer wird mein Geldfluss versiegen. Bis dahin muss klar sein, ob wir auf eine Goldader gestoßen sind, zumindest eine kleine, zumindest den Anfang und es sich lohnt meine Ersparnisse aufzubrauchen sowie mich von meiner Freundin aushalten zu lassen oder ob ich mich nach etwas neuen umsehe. Im Moment bin ich mir sicher, dass es das richtige ist. Grandioses Team. Gute Idee. Bisherige Umsetzung viel zu langsam, dafür aber sehr gut. Interesse der Menschen ist da. Alle sehen Probleme. Soll mir Recht sein. Wir sind da, um die Probleme zu lösen. Um das Ding zusammenzubauen und dann abzuheben.
Ich schwebe schon etwas. Und jetzt wird weitergearbeitet. Das nächste Mal vielleicht mehr darüber, was wir eigentlich machen. Das Bild oben ist von Flo, einem der Entwickler bei work|i|o.
CC-BY Luca Hammer (Digital Fingerprint: l0ulc6a7h6aom468m67m69eor4ka (209.85.224.98) )