Wann es nervt, Expat in der Türkei zu sein

Ich hatte euch ja mehrfach von lustigen, netten und wundersamen So wie in den letzten Wochen. Ich möchte niemanden abschrecken aber zukünftigen Auswanderern dennoch raten, sich mental auf
Begegnungen und Gepflogenheiten in der Türkei erzählt. Ganze eineinhalb Jahre Leben wir mittlerweile schon in Istanbul und egal welche Stolpersteine uns so in den Weg geworfen wurden, haben wir bislang doch immer versucht, uns auf das Positive zu konzentrieren und uns das Leben nicht schwer machen zu lassen. nervenaufreibenden Wahnsinn einzustellen. Daher ein kleiner Einblick in unsere unliebsamen Freizeitbeschäftigungen:
Auch wenn ich noch nicht darüber berichtet habe- es gibt sie natürlich: Die Schattenseiten.
Und an manchen Tagen kann mich auch mein Humor nicht über Hürden und bürokratischen Unsinn hinwegtrösten. Dann bin ich nur noch eines: genervt.

Seit unserer Ankunft in Istanbul mussten wir uns nun schon zum dritten Mal um die
Aufenthaltsgenehmigung für die Kinder und mich kümmern. Den Papierkram für meinen Mann erledigt glücklicherweise sein Arbeitgeber.

Drei Anträge und zwei Bewilligungen haben wir bereits hinter uns (die dritte steht nun aus) und man könnte annehmen, wir wären mittlerweile geübt in diesem ganzen Papierkram.
Leider "optimieren" die Behörden jedoch das Antragsverfahren fortlaufend. Das führt dazu, dass das Prozedere jedes Mal andere groteske Ausmaße annimmt.

Anträge werden nicht mehr bei der Ausländerbehörde, sondern online gestellt. Das wäre unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auf der Ausländerbehörde kein einziger Mitarbeiter einer Fremdsprache mächtig ist und die Termine nur durch ein zeit-und nervenaufreibendes Onlineverfahren vergeben wurden, eigentlich eine Erleichterung. Wenn denn das "neue" System funktionieren würde. So haben wir dieses Wochenende in etwa 10 Stunden damit verbracht, 3 Anträge einzugeben und abzusenden. "Internal System Error" war das Ärgernis des Sonntags und wenn da nicht Kinder und Vorbildfunktion wären, hätte ich mich sicher dazu hinreißen lassen, " Fuck the System!" -brüllend Amok zu laufen.

Dabei waren die Anträge nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich haben wir nämlich die letzten beiden Monate einen Großteil unserer Freizeit damit verbracht, alle erforderlichen Anlagen zu den Anträgen zusammenzutragen.
Unnötig zu erwähnen, dass eine Bescheinigung über den Wohnort nicht mehr bei derselben Behörde wie letztes Jahr zu erhalten war und wir 3 Behörden in einem anderen Stadtteil aufsuchen mussten, um einen zuständigen Mitarbeiter aufzuspüren. Dieser schickte uns sodann wieder nach Hause, da er nämlich zwischen 12 und 13 Uhr keine Bescheinigungen erstellt. Da trinkt er lieber Tee. Nachmittags ließ er sich dann dazu herab, das Dokument auszustellen. Leider bemerkten wir erst zu Hause, dass dem gnädigen Herrn ein kleiner Fehler unterlaufen war. Der zweite Vorname meines Mannes lautet nämlich „ Hans" und nicht „ Hasan". Aber wen kümmern schon Details.

Ein Führungszeugnis aus Deutschland, das frisch vor unserem Umzug erstellt wurde, war den Behörden mittlerweile zu "alt". Wir sollten ein neues anfordern. Besonders sinnvoll unter Anbetracht der Tatsache, dass es seitdem ohne Wohnsitz in Deutschland gar keine Eintragungen geben kann.
Aber wer hinterm Schalter sitzt gewinnt, und so haben wir 3 Wochen auf einen Termin beim deutschen Konsulat gewartet, einen Tag dort verbracht um unsere Identität auf dem Antrag verifizieren zu lassen und dann mehrere Wochen auf das Eintreffen des Führungszeugnisses hingefiebert, das selbstverständlich noch von einem Notar übersetzt werden musste.

So wie auch Geburtsurkunden der Kinder und unsere Papiere zur Eheschließung.

Einzureichende Gehaltsnachweise werden hier nur im Original mit Stempel und Unterschrift des Arbeitgebers akzeptiert und so ging ein weiterer Tag für dieses Unterfangen flöten. Denn so eine Buchhaltung hat nicht immer offen. Wenn man es während der Öffnungszeiten schafft, die richtige Abteilung aufzusuchen braucht man nur noch etwas Glück und einen anwesend Mitarbeiter mit den erforderlichen Befugnissen. Wenn dieser dann trotz Kommunikationsbarrieren auch noch über eine funktionierende Internetverbindung und Lust verfügt, hat man es schon beinahe geschafft.

Dann fehlt nur noch eine Bescheinigung über die Krankenversicherung im beantragten Aufenthaltszeitraum. Diese gilt es selbstverständlich am anderen Ende der Stadt höchstpersönlich abzuholen. Aber erst im Januar. Denn vorher werden keine Bescheinigungen ausgestellt. Vielleicht auch erst im Februar. Aber wer weiß das schon. Dass meine Familie ohne dieses Dokument zum illegalen Aufenthalt gezwungen wird, interessiert keinen. Man könne ja die Versicherung wechseln. Gesagt, getan.
Nach der Kündigung der alten und dem Abschluss einer neuen Versicherung mussten wir für das Dokument dann nur noch ein Amt in unserem Bezirk aufsuchen, uns nach der zuständigen Abteilung erkundigen, zur Vorsprache dort eine Nummer ziehen um nach einer Stunde Wartezeit zu erfahren, dass wir doch in der falschen Abteilung gelandet wären.
Also wurde eine neue Nummer gezogen und nachdem wir nur auf 70 Menschen (keine Übertreibung, sondern Tatsache!) vor uns warten mussten, hatten wir sogar Glück. Denn in der besagten Abteilung gab es einen Mitarbeiter, der gebrochen Englisch sprach. Wir mussten also nur noch warten, bis dieser seine Selfie-Session mit den charmanten Kolleginnen beendet und seine Instagram-Posts vollendet hatte und dann fanden wir endlich Gehör. Leider schickte uns der nette Herr nochmal nach Hause, um die übersetzten Geburtsurkunden unserer Kinder zu holen. Wir einigten uns darauf, dass wir in einer halben Stunde wiederkommen dürften, ohne eine neue Nummer zu ziehen.
Bei unserer Rückkehr exakt eine halbe Stunde später war der betreffende Sacharbeiter allerdings ausgeflogen. Mittagspause wie wir erfuhren. Wir sollten in einer Stunde wiederkommen.
Nur 6 Stunden nach unserer ersten Ankunft in der Behörde konnten wir an diesem Tag stolz den Heimweg antreten. Mit dem richtigen Dokument. Mission completed.

Ich denke, langsam dämmert es euch, warum wir ein Vierteljahr vor Antragsstellung damit begonnen haben, die nötigen Unterlagen zusammenzutragen. Die Erfahrung hat uns eines gelehrt: Genug Zeit einzuplanen. Und Geld. Und Nerven.

Immerhin haben wir letzten Sonntag unsere Anträge final online abgeschickt. Mussten dann gestern nur noch die anfallenden Glücklicherweise hatte ich für den Gang zur Gebühren bezahlen. Auf 2 verschiedenen Ämtern (nicht dieselben wie letztes Jahr) und in 2 unterschiedlichen Währungen versteht sich. Mit den Quittungen waren dann unsere Unterlagen vollständig. Heute konnte ich sie gesammelt zur Post bringen und meinen Schreibtisch damit um einige Kilo entlasten. Post bereits den halben Tag eingeplant und so war es nicht weiter tragisch, dass man mich in der Filiale auf eine Supermarktkette verwies, als ich nach großen Umschlägen fragte. Und im Supermarkt auf einen anderen Supermarkt. Und in diesem anderen Supermarkt (der sogar tatsächlich Umschläge verkaufte, allerdings nur für Postkarten) an eine Schreibwarenkette. Denn in diesem Geschäft erhielt ich tatsächlich die gewünschten Umschläge und war dann völlig entspannt, als man mir zurück in der Postfiliale erklärte, dass dort keine Expresssendungen möglich wären. Ich musste mich also nur noch 1,5 Stunden im Stau bis zum Flughafen quälen, dort 20 Minuten Sicherheitskontrolle über mich ergehen lassen und bin dann den Ballast bei der dortigen Postfiliale losgeworden. Express versteht sich.


Nun bin ich wieder eine freie Frau. Was die Anspannung betrifft. Und legal außerdem. Zumindest falls meine Unterlagen bei der Behörde ankommen und dort keine Anlagen verloren gehen. Mit etwas Glück bekomme ich dann in 4 bis 12 Wochen meine neuen Papiere. Und dann habe ich immer noch ein sorgenfreies Leben- für ein paar Wochen bis ich mich wieder um die Unterlagen für den nächsten Antrag kümmern sollte. Aber zum Glück weiß ich ja jetzt, wie's geht.


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