Wanaka und der Spendierhosentag

Das sah doch letztes Mal anders aus! Als wir diesmal an Wanaka einfuhren, erkannten wir es kaum wieder. Die goldgelben Berge waren grün und dunkel-ocker, sahen aus, als ob sie mit Wasser voll gesogen waren und auf den Gipfeln lag noch Schnee. Obwohl wir ja jetzt eher das sparsame Reisen anstreben, gönnten wir und für 4 Nächte ein Doppelzimmer in dem schönen Hostel am Berg mit Blick auf den See. Wir kamen genau zur richtigen Zeit, denn das Wananakafest hatte gerade begonnen.

Das „Fest“, tatsächlich so geschrieben, zog sich über 4 Tage, wobei an den ersten Tagen jeweils nur ein Event, wie eine Modenschau, ein kleines Filmfest und eine Parade statt fanden. Das Filmfest wollten wir als „große Medienleute“ anschauen, doch als wir (ganz medienmenschtypisch) eine Stunde zu spät kamen, das ganze aber immer noch nicht angefangen hatte und es eher nach einem Familiending mit vielen kleinen Kindern aussah, suchten wir das Weite und fuhren stattdessen ein bisschen am Wasser entlang. Wir schauten uns die reicheren Häuser und Grundstücke an, eines hatte sogar ein schneeweißes Pferd im saftig grünen Garten stehen! Sehr kitschig! Die Parade war super süß! Die Teilnehmer fuhren, turnten, stolzierten vom Kino die Straße herunter und an der Promenade entlang! Insgesamt waren es drei (!) beklebte Autos mit verkleideten Kindern, zwei Feuerwehrautos, die genügend Krach machten, eine Turngruppe und dann noch ein paar Oldtimer von den reichen Seegrundstücksbesitzern. Die Eltern standen stolz am Rand und winkten.

Jere und ich schwelgten in Erinnerungen, aßen zwei Mal den Redstar Burger, gingen zwei Mal ins Kino und setzten uns immer wieder an den See. An einem Tag nahmen wir einen Rucksack mit auf einen Ausflug und das bedeutete: wandern. Eineinhalb Stunden auf den Mount Iron. Das war dann aber auch genug an körperlicher Aktivität. Am Abreisetag besuchten wir das Hauptfest. In der Stadt verteilt gab es eine Zirkusgruppe, ein Downhill-Fahrradrennen und auf der zentralen Wiese war ein großes Festzelt mit Livemusik und kleinen Ständen aufgebaut. Die Stimmung war dörflich fröhlich, doch nach zwei bis drei Stunden hatten wir genug gesehen. Doch bevor es weiter nach Queenstown ging, wollten wir noch ein wenig am See entlang fahren. An einer Abfahrt folgten wir einem Auto und landeten direkt an einer Stelle, von der aus Leute ihre Jetboote ins Wasser lassen. Gerade als wir uns an den See gesetzt hatten, kam auch schon ein älteres Ehepaar und ließ das Boot zu Wasser. Die Frau sprach uns auf unseren bemalten Van an und fragte, ob wir nicht mit rüber auf die kleine Insel fahren wollten. Ich dachte ja erst: Haben die auch vor, uns wieder mit zurück zu nehmen? Und wie lange wollen die da drüben bleiben? Aber es stellte sich alles als ein riesiger Glücksfall heraus.

Da der Mann am nächsten Wochenende eine Angeltour mit Freunden geplant hatte, wollte er das Boot testen und so kamen wir zu einem unverhofften Bootstrip zur kleinen Insel, auf der wir bis zum höchsten Punkt wanderten (sehr erträgliche kleine Strecke). Und schon ging es wieder zum Boot. Jere hatte mit seinen Fragen anscheinend genau die richtige Stelle des Mannes getroffen (ich saß hinten und hörte nichts). Auf jeden Fall ging es nicht wieder direkt zum Festland, sondern auf eine Rundfahrt durch die ganze Wanaka-Bucht. Ich beschmuste den anhänglichen alten Boxer und genoss die Fahrt.

Am Abend hatten wir dann erneut jede Menge Glück: Nach einer kurzen Fahrt von Wanaka nach Queenstown, wo Jere erst gar nicht hin wollte, ich ihn aber schließlich überredete, campten wir in der Nähe der Stadt an einem klaren, sehr kalten (wir waren drin) See, dem Lake Wakatipu. Kurz nach uns kamen zwei große Wohnmobile mit zwei australischen alten Pärchen zu unserer Stelle gefahren. Wir unterhielten uns kurz und ich dachte, das wäre es dann gewesen. Doch als wir uns später mit der Gitarre in die Nähe setzten, kam einer der Männer herüber und wir kamen erneut ins Gespräch. Die Frau kam immer wieder vorbei und wollte sich am liebsten dazu setzen, traute sich aber nicht so richtig, die anderen beiden Freunde allein zu lassen. Irgendwann bauten sie ihren Abend-Wein-Campingtisch ab und die Frau kam mit Campingstuhl zu uns herüber. Sie entschuldigte sich für ihren Mann, der uns „belagerte“ und drückte aus, wie wenig Essen sie zur Zeit in ihrem Kühlschrank hätten, weil sie nicht zu viel wegschmeißen wollen, wenn sie wieder abreisen und dass sie uns ja sonst gerne zum Abendessen eingeladen hätte. Wir versicherten, dass wir uns Nudeln machen könnten und nicht verhungern würden.

Wir unterhielten und über Australien und sie luden uns ein, vorbei zu kommen, wenn wir in der Nähe seien. Sie würden uns auch vom Bahnhof abholen und wir könnten bei ihnen übernachten. Zusammen mit der Adresse und Telefonnummer brachte mir die Frau dann noch eine Tüte Chips, weil sie uns ja kein Abendessen machen konnte! Das war ja so goldig! Ich fühlte mich ja schon ein bisschen schlecht, weil wir nichts zum Entgegenkommen hatten. Wir luden sie natürlich auch nach Deutschland ein, aber wie groß ist da die Wahrscheinlichkeit? Und dann luden sie uns doch noch zum Abendessen in ihr Wohnmobil ein! Beide Frauen hatten aus ihren Vorräten noch Würste und Steaks zusammengekratzt und wir bekamen eine leckere (naja, für Camperverhältnisse) warme kostenlose Mahlzeit, danach noch Kekse und Tee. Heute hatte die Welt wirklich ihre Spendierhose an! Die Nacht war dann auch wirklich gut. Ich gewöhne mich immer mehr an das Schlafen im Auto Wanaka und der Spendierhosentag

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