Wahrheit, Lüge, Rechtsgutachten: Zwischenbericht UNTERSUCHUNG DES VERWALTUNGSHANDELNS AUF SEITEN DER STADT DUISBURG ANLÄSSLICH DER LOVEPARADE

Das Zwischengutachten vom 03.08.2010 der beiden Duisburger Rechtsanwälte Dr. Ute Jasper und Andreas Berstermann aus der Anwaltskanzlei IS HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK hat mich voll überzeugt - davon, dass die Stadtverwaltung das Massenunglück bei der Liebesparade durch fahrlässiges Verwaltungshandeln mit verursacht hat.
Meine Bewunderung für das Anwaltsteam ist beinahe grenzenlos. Unter schwierigsten Bedingungen - Akten beschlagnahmt, extrem knappe Zeit - haben sie die ihnen von der Stadt Duisburg entgegengebrachte Erwartung, die Stadtverwaltung von der Verantwortung freizusprechen und die Öffentlichkeit zu desinformieren, in beispielhafter Weise erfüllt.
Das Anwaltsgespann Dr. Ute Jasper und Andreas Berstermann, bzw. die Anwaltskanzlei IS HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen - der Dreck am Stecken, oder etwas zu verbergen hat.
Worum geht es im Detail, und auf welche Weise gelingt es den beiden Rechtsgutachtern, die Fakten so zu verarbeiten, dass die Haut der Stadt von Duisburg so rein wie die von Schneewittchen erscheint?
In einem Massenunglück bei einer Großveranstaltung in Duisburg, der sogenannten "Loveparade" sind 21 Menschen zerdrückt, zerquetscht worden und hunderte verletzt.
Ursache des [u. a. auch in der Wikipedia beschriebenen] Unglücks war eine Zusammenballung am Fuß einer Rampe, die zum Veranstaltungsgelände hochführte.
Zu den Todesfällen kam es allerdings nur in einem eng begrenzten Bereich, nämlich in einer Art Kessel am Fuß einer schmalen Treppe (eines Treppchens), die von der Rampe zum Festgelände führte. (In Einzelfällen vielleicht auch am Ende der Einmündung vermutlich des westlichen Tunnelstücks zur Rampe.)
Vorangegangen war eine Situation, bei der die Rampe (durch die Polizei) gesperrt worden war, die Besucher also keinen Zutritt zum Festgelände mehr hatten.
Die Sperrung (zunächst wohl oben nahe der Einmündung der Zugangsrampe auf das Gelände eine - allerdings unvollständige - Sperre für die Abgehenden, kurz danach weiter unten eine Sperre für die Kommenden) erfolgte durch Polizeiketten; im übrigen war die Rampenbreite aber auch durch Bauzäune, geparkte Wagen, eine Brezelbude (und Toiletten?) verengt.
Über die Motive derjenigen, die zum Treppchen hin drängten, gibt es -2- unterschiedliche Meinungen:
- der Wunsch, schnellstens zum Festgelände zu gelangen und
- der Versuch, der drangvollen Enge am Fuß der Rampe zu entkommen.
Unabhängig davon, welches dieser beiden Motive (die sich auch nicht gegenseitig zwingend ausschließen) zutrifft, schälen sich jedenfalls folgende Fakten heraus:
1) Am Fuß der Rampe (und wohl auch in den Endstücken der Tunnels, zumindest des westlichen Tunnels) herrschte eine drangvolle Enge unter den Besuchern.
2) Die Enge wurde dadurch verursacht, dass die Festivalteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt an diesem (einzigen) Eingang nicht mehr auf das Veranstaltungsgelände gelangten.
3) Ein solches Szenario hatte die Planung durchaus einkalkuliert; man glaubte aber, es durch eine Sperrung des Tunnels verhindern zu können.
4) Die Sperrung jedenfalls des (insoweit aus welchen Gründen auch immer offenbar besonders kritischen) Westtunnels erfolgte nur unvollständig. Zwar wurden andererseits für die dort in den Tunnel eingeströmten Menschen -2- weitere Zugänge geöffnet: ein mehr ungeregelter über eine Böschung [Erg. 19.8.10: vgl. dazu unten Nachtrag von heute!] und einer über eine weitere Rampe, die eigentlich nur als Abgang (aber nur für das Ende der LoPa?) vorgesehen gewesen war. Das aber reichte offenbar nicht aus, um dem Druck im westlichen Tunnelstück so zu vermindern, dass eine katastrophale Enge hätte vermieden werden können.
5) Die Polizei hat die Rampe anscheinend gesperrt, um zu verhindern, dass die Massen der Kommenden und Gehenden aufeinander prallen. Alternativ oder ergänzend ist als Motiv auch denkbar, dass man die Kommenden von einem Menschenstau (Propf) fernhalten wollte, der sich an der Einmündung der Rampe auf das Umzugsgelände gebildet hatte. Zu der dortigen Menschenballung haben anscheinend -3- Ursachen beigetragen: a) die Festwagen fuhren relativ nahe an der Rampenmündung vorbei; dadurch mussten zwangsläufig auch die den Wagen folgenden bzw. sie begleitenden Feiernden nahe am Rampenende vorbeilaufen. b) Die Menschen, die auf das Gelände gelangt waren, gingen vom Rampenkopf nicht bzw. nicht schnell genug weiter. Neben der Nähe der Festwagen ("Floats") könnten dort aufgestellte Verkaufsbuden eine Rolle gespielt haben. c) Diejenigen Menschen, die das (zum Katastrophenzeitpunkt bereits seit 5 Stunden geöffnete) Veranstaltungsgelände bereits verlassen wollten, mussten sich ebenfalls zum Rampenkopf und zur Rampe hin begeben, weil es keinen anderen regulären Ausgang gab.
Meine Darstellung mag in Details verbesserungswürdig sein; jedenfalls zeigt sie, dass die Katastrophensituation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dann nicht eingetreten wäre, wenn die Veranstaltungsplanung von vornherein eine Trennung von Ein- und Ausgang vorgesehen hätte.
Anders gesagt: es lässt sich nicht beweisen, dass die gegenstromige Besucherführung die Katastrophe im Sinne einer physikalischen Zwangsläufigkeit herbeigeführt hat. Vielleicht hätte es ja auch gutgehen können, wenn nicht ... .
Zugleich darf man aber mit moralisch wie juristisch hinreichender Gewissheit davon ausgehen, dass sich das Crowd Disaster ohne diese Form der Besucherlenkung NICHT ereignet hätte ("mittelbare Ursache"?).
Die im Zusammenhang mit einer möglichen Verantwortlichkeit der Verwaltung der Stadt Duisburg zu stellende Frage ist damit, ob die Stadtverwaltung eine solche Wegführung der Menschenmassen, mit einem einzigen Ein- und Ausgang, der zudem noch schon den Planungsannahmen zufolge teilweise gleichzeitig als Zugang und Abgang benutzt werden sollte, hätte genehmigen (oder gar anregen / vorschreiben / durch gesetzte Rahmenbedingungen unausweichlich machen?) dürfen.
Exakt diese Frage stellen die von der Stadt Duisburg beauftragten Anwälte aber NICHT. Vielmehr versuchen ihre Ausführungen, die alleinige Relevanz dieser Fragestellung verschleiern.
Ich bin nicht der erste Leser des Zwischengutachtens, dem das auffällt. Nur reizt es mich (auch in der Erinnerung an frühere gelegentliche berufliche Beschäftigung mit Schriftsätzen von gegnerischen Rechtsanwälten) zu untersuchen, mit welchen Mitteln man eine solche (abstrakt-intellektuell in ihrer Subtilität außerordentlich bewundernswerte) Täuschung der Öffentlichkeit im Detail zustande bringt, ohne offenkundige Lügen zu benutzen (die schnell auffliegen würden).
In ihrem Begleitschreiben an die Stadt Duisburg vom 03.08.2010 fassen sie die Ergebnisse ihrer Untersuchung so zusammen (Hervorhebungen von mir; im Übrigen habe ich im Interesse der Übersichtlichkeit die Darstellungsweise – nicht den Inhalt! – hier leicht abgeändert, weil mir im Blog-Layout nicht die gleichen typographischen Möglichkeiten wie in einem Word-Dokument zur Verfügung stehen):
"1. Die Stadt Duisburg hatte keine allgemeine oder gar übergeordnete Zuständigkeit für die Sicherheit der gesamten Veranstaltung, sondern war [für folgende Punkte] zuständig:
a) Die Baugenehmigung der Nutzungsänderung des Geländes Güterbahnhof (Veranstaltungsgelände bis einschließlich Rampe) nach Bauordnungsrecht. Sie musste prüfen, ob das Gelände und die Gebäude sicher genug waren, um die Veranstaltung durchzuführen. Sie war nicht zuständig für Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit dem Ablauf der Veranstaltung am 24.07.2010, insbesondere nicht für die Regulierung der Besucherströme auf der Karl-Lehr-Straße, im Tunnel und auf dem Veranstaltungsgelände. Dies oblag dem Veranstalter und der Polizei.
b) Die Genehmigung der Sondernutzung der Karl-Lehr-Straße einschließlich des Tunnels nach Straßen- und Wegerecht.
Für Sicherheit und Ordnung auf dieser Fläche war sie am Veranstaltungstag nicht zuständig. Insbesondere die Passierbarkeit des Tunnels oblag Veranstalter und Polizei.
c) Sicherheit und Ordnung am Tag der Veranstaltung außerhalb des Veranstaltungsgeländes auf den Zuwegungen zwischen Hauptbahnhof und den Vereinzelungsanlagen, - neben der Polizei und auf der Grundlage der vereinbarten Zuständigkeitsabgrenzung,
d) Brandschutz durch die Feuerwehr am Tag der Veranstaltung,
weitere untergeordnete Genehmigungen, z.B. Ausnahmegenehmigungen zum
Jugendschutz, Immissionsschutz etc.
2. Soweit aus den bisher geprüften Unterlagen ersichtlich - hat die Stadt Duisburg die Genehmigungen und die Veranstaltung in ihrer Zuständigkeit sehr eingehend in zahlreichen Arbeitskreisen und mit umfangreichen Prüfungen vorbereitet. Erkennbare Schnittstellen zwischen der Stadt und den anderen beteiligten Behörden wurden in den Arbeitskreisen erörtert und Zuständigkeiten einvernehmlich abgegrenzt. Anregungen, insbesondere der Polizei, wurden geprüft und, soweit von Sachverständigen für sinnvoll erachtet, umgesetzt.
3. Die zu erwartende Zahl der Besucher wurde intensiv untersucht. Nach einer Studie des Veranstalters und den Erfahrungen aus Dortmund und Essen war mit maximal gleichzeitig 250.000 Besuchern zu rechnen. Diese Besucherzahl wurde nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht überschritten.
4. Nach dem derzeitigen Stand der Prüfung liegen uns keine Erkenntnisse dafür vor, dass Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten und auf diese Weise zum Unglück beigetragen oder es gar verursacht hätten. Allerdings haben unsere Recherchen verschiedene Umstände ergeben, aus denen sich schließen lässt, dass Dritte gegen Vorgaben und Auflagen der Genehmigungen der Stadt Duisburg verstoßen haben. Wir können nicht ausschließen, dass diese Verstöße im Zusammenhang mit dem Unglück relevant geworden sind.
Wir werden uns bemühen, Ihnen die endgültige Stellungnahme in den nächsten zwei bis drei Wochen vorzulegen.
"
Abgesehen von der Einschränkung, dass es sich um eine vorläufige Bewertung handelt, und eine abschließende Stellungnahme erst später erfolgen kann, sind sich die Autoren hier schon sicher, dass keine Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten. Da stellt sich für mich die Frage, ob ich nicht auch den Begriff "gesetzlich" als Qualifizierung, also Einschränkung, lesen muss. Man könnte ihn ja auch so verstehen, dass zwar keine Pflichten verletzt wurden, die ausdrücklich im Gesetz [und meinetwegen auch in sonstigen einschlägigen Vorschriften] geschrieben stehen, dass aber die Frage, ob Pflichten, die nicht ausdrücklich auf dem Papier stehen, weil sie ohnehin selbstverständlich sind, gerade nicht geprüft wurden.
Egal, ob eine solche Lesart des Brieftextes legitim ist oder nicht: eine sorgfältige Textanalyse des Gutachtens zeigt, welcher semantischen Schummeleien sich die Rechtsanwältin und ihr Anwaltskollege bedient haben, um ihren 'Freispruch' der Stadtverwaltung bzw. von deren zuständigen Mitarbeitern jedenfalls auf den ersten Blick überzeugend begründen zu können.
Der erste Trick ist eine Zuständigkeitsbeschreibung, welche die Frage ausblendet, welche Sicherheitsverantwortung die Stadt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ganz allgemein hatte:
"1) Zuständigkeiten
Die Stadt Duisburg hatte keine übergeordnete Zuständigkeit für die Sicherheit der Veranstaltung. Die Sicherheit war auf dem Veranstaltungsgelände vom Veranstalter zu gewährleisten. Die Polizei war dort mit Vollzugskräften für die Abwehr von Gefahren zuständig, die der Veranstalter allein nicht abwehren konnte. Die Stadt Duisburg war für die Genehmigungen bezogen auf das Veranstaltungsgelände und die Sondernutzung der Karl-Lehr-Straße zuständig. Ferner für die ordnungsbehördlichen Aufgaben im Bereich der Stadt, insbesondere der Zuwege.
"
Mit ihrer Behauptung, dass "Stadt Duisburg ..... keine übergeordnete Zuständigkeit für die Sicherheit der Veranstaltung" hatte, spielen die Gutachtenverfasser mit -2- unterschiedlichen Bedeutungsebenen dieser Aussage:
- der Planungs- bzw. Genehmigungsebene einerseits, und der Organisations- und Ausführungsebene andererseits. (Zur Unterscheidung der verschiedenen Kausalitäts- bzw. Verantwortungsebenen vgl. meinen ersten Blott "Das Wunder von Duisburg: Von der Liebesparade (Loveparade) über den Kausalkettenmarsch zum Schulddefilée" über die Massenkatastrophe).
Dass gleich der nächste Satz lautet:
"Die Sicherheit war auf dem Veranstaltungsgelände vom Veranstalter zu gewährleisten" und ergänzend auf den Einsatz der Polizei verwiesen wird macht deutlich, dass mit "Stadt Duisburg ..... keine übergeordnete Zuständigkeit für die Sicherheit der Veranstaltung" lediglich die Organisation am Veranstaltungstag gemeint ist, während die Frage nach der Genehmigungsverantwortung (d. h. welche Verantwortung für die Ein- und Auslasssituation am Festgelände sich explizit oder implizit aus dem geschriebenen Recht oder aus ungeschriebenen Grundsätzen des Verwaltungshandelns ergibt) überhaupt nicht untersucht wird.
Nun kann man der Öffentlichkeit keine Story verkaufen, bei der jeglicher Hinweis auf die Genehmigungspflicht der Massenveranstaltung durch die Stadt Duisburg fehlt. Deshalb findet das Genehmigungsverfahren durchaus Erwähnung im Gutachten, und zwar gleich im Anschluss und damit bereits am Anfang ihres Gutachtens und also keineswegs an versteckter Stelle:
"Die Stadt Duisburg war für die Genehmigungen bezogen auf das Veranstaltungsgelände und die Sondernutzung der Karl-Lehr-Straße zuständig. Ferner für die ordnungsbehördlichen Aufgaben im Bereich der Stadt, insbesondere der Zuwege."
Diese Aussage erweckt Vertrauen: "Die Stadt war für die Genehmigungen verantwortlich" ist die Botschaft, die beim Lesern ankommt. Wie schaffen es die beiden Gutachter, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bestehende Sicherheitsverantwortung der Stadt wegzuzaubern, obwohl sie doch diese scheinbar selbst aufs Tapet gebracht haben?
Juristisch korrekt (auch das Strafverfahren wird das tun müssen) zerlegen sie zunächst den Genehmigungsprozess nach seinen unterschiedlichen Rechtsgrundlagen in -2- Einzelteile, nämlich (meine Hervorhebungen) unter
Ziff. 1.1 (S. 4) die "Erteilung der Baugenehmigung" für das Veranstaltungsgelände:
"Die Stadt Duisburg war für die Erteilung der Baugenehmigung für das Gelände des alten Güterbahnhofs zuständig. Das Gelände war als Versammlungsstätte genehmigungspflichtig. Für die Veranstaltung sollte die Nutzung des Geländes des alten Güterbahnhofs vorübergehend geändert werden. Nutzungsänderungen bedürfen einer Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW. Innerhalb der Stadt Duisburg war das Amt für Baurecht und Bauberatung (Untere Bauaufsicht) zuständig. In räumlicher Hinsicht umfasste diese Zuständigkeit das durch Zäune umgrenzte Veranstaltungsgelände auf dem Grundstück „Duisburger Freiheit" einschließlich der als Zu- und Abgang dienenden Rampen zur Karl-Lehr- Straße.
Da die Karl-Lehr-Straße selbst bereits zum öffentlichen Verkehrsraum gehört und dafür keine Nutzungsänderung genehmigt werden kann, endete das von der Baugenehmigung umfasste Gelände am Fuß der Rampe. In zeitlicher Hinsicht reichte das Genehmigungsverfahren vom Eingang des Bauantrages der Lopavent GmbH bis zur Abnahme des Geländes am Tag vor der Veranstaltung.
"
Unter Ziff. 1.2 (S. 4/5) folgt die Sondernutzungserlaubnis Karl-Lehr-Straße:
"Die Stadt Duisburg war als Trägerin der Straßenbaulast auch dafür zuständig, die ausschließliche Nutzung eines Teils der Karl-Lehr-Straße durch die Lopavent GmbH zu erlauben. Die Nutzung betraf die Karl-Lehr-Straße zwischen den Brückenköpfen. Die Eingänge und Vereinzelungsanlagen sollten auf diesem Sondernutzungsbereich des Veranstalters für Schleusen und Sichtkontrollen er-richtet werden. Bei dieser Nutzung handelte es sich um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung über den Gemeingebrauch hinaus nach § 18 StrWG NRW. Die Sondernutzungen betrafen zum einen das Aufstellen eines Bürocontainers auf der Karl-Lehr-Straße gegenüber dem unteren Ende der Hauptrampe. Zum anderen betrafen sie die ausschließliche Nutzung des gesamten Bereichs der Karl-Lehr-Straße zwischen den Eingangsschleusen der Lopavent GmbH. Innerhalb der Stadt Duisburg war das Bezirksamt Mitte für die Sondernutzungserlaubnisse zuständig. Zeitlich bestand die Zuständigkeit für die Genehmigung vom Eingang des Antrages der Lopavent GmbH auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnisse bis zu deren Erteilung. Am Veranstaltungstag selbst war das Bezirksamt Mitte nicht zuständig."
Auffallend sind in beiden Fällen jeweils die Hinweise auf die Zeitdauer der Zuständigkeit; noch auffälliger die feinen Unterschiede in beiden Formulierungen:
"In zeitlicher Hinsicht reichte das Genehmigungsverfahren vom Eingang des Bauantrages der Lopavent GmbH bis zur Abnahme des Geländes am Tag vor der Veranstaltung"
heißt es bei der Baugenehmigung für das Veranstaltungsgelände und
"Zeitlich bestand die Zuständigkeit für die Genehmigung vom Eingang des Antrages der Lopavent GmbH auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnisse bis zu deren Erteilung. Am Veranstaltungstag selbst war das Bezirksamt Mitte nicht zuständig"
bezogen auf die Sondernutzungserlaubnis für die Straßen- (größtenteils Tunnel-)Strecke.
Während die erste Aussage rein deskriptiv die Zeitdauer eines (Bau-)Genehmigungsverfahrens beschreibt (und insoweit nachvollziehbar ist) macht der 2. Satz eine Aussage bezüglich der Zeitdauer der Zuständigkeit für eine (Sondernutzungs-)Erlaubnis. Ich bin kein Jurist, erst Recht kein Verwaltungsjurist, noch weniger ein Spezialist für das Baurecht und schon gar nicht für das nordrhein-westfälische Kommunalrecht. Dennoch halte ich die zweite Aussage für falsch.
Die Zuständigkeit für eine Genehmigung kann m. E. schon deshalb nicht mit deren Erteilung enden, weil sonst z. B. keine Rücknahme möglich wäre. (Eine solche stand hier natürlich nicht zu Debatte, doch wäre sie hypothetisch denkbar und rechtlich in entsprechenden Fällen - z. B. Täuschung durch den Antragsteller - zweifellos möglich). Wohl aber hat natürlich auch bei der Sondernutzungserlaubnis das Genehmigungsverfahren mit deren Erteilung geendet.
Die Aussage, dass das Bezirksamt Mitte "am Veranstaltungstag selbst ... nicht zuständig" gewesen sein, kann also wiederum nur die organisatorische und ausführende Ebenen betreffen; die Zuständigkeit im Sinne von Verantwortlichkeit für die erteilte Genehmigung endet selbstverständlich NICHT mit deren Erteilung.
Dass die Stadtverwaltung nicht die Organisation und deren Ausführung am Veranstaltungstag zu verantworten hat, ist banal. Wenn die Gutachtenautoren dennoch diesen Umstand ständig betonen, haben sie damit eindeutig nur eins im Sinn: den Unterschied zur Genehmigungsverantwortung zu verwischen bzw. die Frage nach dieser gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dem Leser wird die Existenz einer Sache suggeriert, die im vorliegenden Falle nicht in Singular existiert: "Die Verantwortung". Wir erfassen die Problemstellung aber nicht korrekt, wenn wir nach "der Verantwortung" fragen. Für die Katastrophe gibt es mehrere Verantwortlichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen (vgl. meinen o. a. Blott "Das Wunder von Duisburg: ..."); wir haben es also mit dem Plural, mit "den Verantwortungen" zu tun.
Raffiniert pressen die Autoren die Schuldfrage in einen Rahmen suggerierter Alternativen, für die sich der Beurteiler entscheiden soll, dass nämlich entweder:
- die Stadt oder
- der Veranstalter oder die Stadtverwaltung oder
- die Polizei an dem Unglück Schuld sein müsse.
Oder vielleicht auch Veranstalter und Polizei zusammen; beide agieren ja auf der organisatorischen und ausführenden Ebene. Diese, so versuchen die Autoren uns mehr unterschwellig als ausdrücklich unterzujubeln, trage die alleinige Schuld an der Katastrophe.
Wer sich in dieses Prokrustesbett von Scheinalternativen einspannen lässt (was die ermittelnde Polizei, Staatsanwaltschaft und die schließlich vorhersehbar damit befassten Straf- und Zivilgerichte allerdings kaum tun werden) hat den Faden der Erkenntnis schon verloren.
Hier ist vielmehr zu fragen
- Wer ggf. an welcher Stelle welche Fehler gemacht hat, die die Katastrophe unmittelbar verursacht haben UND
- Wer ggf. in unzulässiger Weise (unzulässig nicht nur i. S. von vorschriftswidrig, sondern auch i. S. von fahrlässiger Pflichtverletzung etwa durch Nichtberücksichtigung von Umständen, die ein verantwortungsbewusstes und ganz allgemein pflichtgemäßes Planen bzw. Verwaltungshandeln hätte berücksichtigen müssen) Rahmenbedingungen gesetzt oder zugelassen hat, welche die Wahrscheinlichkeit eines Katastropheneintritts vorhersehbar drastisch gesteigert haben.
Auch die brillante Rhetorik der Gutachterin und des Gutachters können nicht verhindern, dass kleine Risse in der Substantiierungsstatik sichtbar werden.
Denn wenn es im Begleitschreiben heißt, dass "die Stadt Duisburg die Genehmigungen und die Veranstaltung in ihrer Zuständigkeit sehr eingehend in zahlreichen Arbeitskreisen und mit umfangreichen Prüfungen vorbereitet" habe, wird daraus deutlich, dass sie eine Verantwortung für die Sicherheit (auch wenn dieser Begriff hier bezeichnender Weise vermieden wird) hatte, und dass sie sich dieser Verantwortung auch bewusst war.
Noch klarer geht das Wissen der Stadt um ihre einschlägige Verantwortung aus der Bildung einer Arbeitsgruppe Sicherheit hervor sowie aus dem regelmäßigen und häufigen Zusammentreten dieser Gruppe (S. 4 Gutachten).
Überhaupt möchte ich hier einflechten, dass man m. E. der Stadtverwaltung bei einer fairen Gesamtbetrachtung nicht vorwerfen kann, bei der Vorbereitung der Loveparade durchgängig geschlampt zu haben. Es war ja keineswegs nur diese eine Engpassstelle zu beplanen; Gefahren konnten auch an anderen Stellen (am Bahnhof, auf den beiden Wegstrecken zwischen Bahnhof und Geländeeingang sowie wohl auch in der Innenstadt) auftreten und waren zu berücksichtigen; sie wurden auch erfolgreich berücksichtigt und gemeistert.
Insofern sind für mich 'in der Gesamtwertung' die Geschehnisse einem Fußballspiel vergleichbar, bei dem die eine Mannschaft ein taktisch kluges und für das Publikum brillantes Spiel geliefert, aber leider kein Tor erzielt hat hat und bei dem sie lediglich durch einen einzigen Fehler ihrer Abwehr einen einzigen gegnerischen Treffer hinnehmen musste.
Egal, wie schlecht der Gegner gespielt hat: am Ende zählt nur das Resultat. Das "Tor" aus Toten und Verletzten ("21 Tote Raver, hunderte Verletzte, mindestens 280 Technofreunde, die stationär behandelt werden mussten" heißt es in dieser Zeitungsmeldung vom 7.8.10 zusammenfassend) hat die gesamte mit Sicherheit harte Mannschaftsarbeit der Duisburger Verwaltungsmitarbeiter im Ergebnis wertlos gemacht. Das ist nicht allein für die Opfer und deren Angehörige tragisch; das dürfte (nicht gleichwertig, sondern in anderer Weise) auch für die Verwaltung ein schwerer Schock gewesen sein.
Diesen Aspekt zu sehen und aufzuzeigen sollte sich auch derjenige nicht scheuen der, wie ich, einen klaren moralischen wie juristischen Schuldvorwurf an die Adresse der Stadtverwaltung erhebt.
Kehren wir aber zurück zum Gutachten und seiner ganz spezifischen Schuldentlastungsstrategie. Klar gehören in eine solche Betrachtung auch die Fragen nach der (meine Hervorhebung) "Sicherheit und Ordnung am Veranstaltungstag " (Ziff. 1.3) und den "Sonstige[n] Genehmigungen" (Ziff. 1.4). In beiden Punkten ist der Stadtverwaltung wohl kein Fehlverhalten vorzuwerfen.
Wenn die ganze Veranstaltung formalrechtlich an -2- Haupt-Genehmigungen hing, spitzt sich alles auf die Frage zu, ob bzw. welche der beiden (oder ggf. auch alle beide) fehlerhaft waren und (insbesondere vor dem Hintergrund der konkret eingetretenen Engpasssituation) nicht hätte(n) erteilt werden dürfen:
- Die Baugenehmigung durch das Amt für Baurecht und Bauberatung (Untere Bauaufsicht) und / oder
- Die Sondernutzungserlaubnis Karl-Lehr-Straße durch das Bezirksamt Mitte.
Das ist eine Frage für Fachjuristen. Selbst wenn ich alle erforderlichen Informationen hätte, würde mir für deren Lösung eindeutig die Kompetenz fehlen. Aber auf diese sozusagen 'Letztebene' will meine Analyse gar nicht vordringen.
Für meine Betrachtung reicht die Feststellung aus, dass "die Verwaltung" der Stadt Duisburg einen Fehler gemacht hat; eine Schuldzuweisung an konkrete Ämter und Personen liegt jenseits meiner Zielsetzung und meiner Möglichkeiten.
Von einem Verwaltungsverschulden (wie natürlich auch einem Veranstalterverschulden, das aber für mich hier nicht im Fokus steht) gehe ich aus; kein vernünftiger Mensch hätte Ein- und Ausgang als Nadelöhr mit Gegenverkehr planen bzw. zulassen dürfen. Die Justiz kann es sich natürlich nicht ganz so leicht machen wie ich; sie wird nach Vorschriften, Präzedenzfällen, Vergleichsfällen oder sonst irgendwo vorhandenen und für die Planer irgendwie wahrnehmbaren 'anerkannten Regeln der Technik' suchen, um Schuldvorwürfe gegen konkrete Institutionen und insbesondere Personen zu erheben (oder auch nicht, aber das halte ich für unwahrscheinlich).
Vielleicht wird die strafrechtliche Untersuchung über eine unmittelbare Schuldzuweisung hinausgehen und z. B. auch den Druck 'von oben' bewerten, sei es entlastend für den oder die 'Täter', sei es für eine Einbeziehung dieser Person(en) in den Kreis der Schuldigen. Dafür müsste man aber mehr Einzelheiten kennen, als bisher öffentlich bekannt geworden sind; ebenso müsste man auch eine tiefere (Straf-)Rechtskenntnis haben. Beides fehlt mir, doch liegt ohnehin auch diese Dimension jenseits meines aktuellen Beobachtungsfeldes.
"La lingua batte dove il dente duole" lautet ein italienisches Sprichwort: Die Zunge ziehts zum schmerzenden Zahn.
So auch bei den Gutachtern, die natürlich sehr genau wissen, dass die Verschuldensfrage an der Engpassführung der Besucher hängt. Darauf gehen sie im Zusammenhang mit der Darstellung der Arbeitsgruppe Sicherheit u. a. wie folgt ein:
"Im Rahmen des Antrages auf Nutzungsänderung vom 28.05.2009 legte die Lopavent GmbH die Veranstaltungsbeschreibung vor, in welcher das Problem „Eingangssituation Karl-Lehr-Tunnel" ausführlich unter Punkt 3.2 beschrieben war."
Sie zitieren dann Auszüge aus Schreiben der veranstaltenden Fa. Lopavent und folgern daraus:
"Diese Ausführungen zeigen beispielhaft das Gesamtkonzept ständiger Prüfung von drohenden Gefahren".
Das ist jedoch eine untaugliche Beweisführung. Zwar dürfte es zutreffen, dass 'drohende Gefahren ständig geprüft' wurden; darauf lässt schon die Bildung und lassen die regelmäßigen Zusammenkünfte eines Arbeitskreises Sicherheit schließen. Aber darauf, ob alle möglichen Gefahren geprüft wurden, kommt es - wie in unserem obigen Fußball-Beispiel - nicht an. Entscheidend ist, dass die Engpassführung als Gefahr gesehen und geprüft wurde. Bezeichnender Weise tragen die Rechtsgutachter NICHT vor, dass, auf welche Weise und mit welchem Ergebnis die Verwaltung die Gegenstromlenkung durch eine einzige Öffnung geprüft hätte. Dazu hätte sie a) die Richtigkeit oder zumindest Schlüssigkeit des Veranstaltervortrages bewerten und b) eine Risikoabwägung vornehmen müssen: Ist es im Verhältnis zur Wichtigkeit des Anlasses (der Veranstaltung) vertretbar, eine derartige (ich vermute mal:) absolut unübliche Zu- und Abgangssituation vorzusehen? Anscheinend hat die Verwaltung beides unterlassen; sie hat sich offenbar damit begnügt, die Ausführungen des Veranstalters zur Kenntnis zu nehmen. Insbesondere hat sie offenbar keine quantitative Analyse der Durchlassmöglichkeiten gemacht oder entsprechende Angaben des Veranstalters nicht überprüft. Das alles können kritische Leser zwischen den Zeilen durchaus erkennen; in dem Zwischengutachten dagegen wird diese Problematik nirgends thematisiert.
Die Gutachter können sich auch nicht damit herausreden, dass es sich ja lediglich um eine vorläufige Bewertung handelt. Wäre ihnen wirklich an der Wahrheitsfindung gelegen gewesen, hätten sie ausdrücklich die Frage formuliert (und vorläufig beantwortet oder ggf. als noch nicht klärbar in den Abschlussbericht verwiesen) ob die Stadtverwaltung darauf vertrauen durfte, dass die gegenläufige Besucherführung auf der Rampe (und im Tunnel) ein beherrschbares Risiko darstellte oder ob sie dieses Risiko als zu hoch hätte einstufen und damit entweder die Genehmigung für die Veranstaltung versagen oder eine Planänderung hätte fordern (bzw. die Genehmigung verweigern) müssen.
Statt dessen verlagern unsere beiden Formulierungskünstler (mit einer vom Sachverhalt her zweifellos zutreffenden Darstellung) unausgesprochen die Verantwortlichkeit auf einen Sachverständigen und auf die Polizei, wenn sie schreiben:
"Ein Exemplar des Antrages nebst Veranstaltungsbeschreibung und Sicherheitskonzept wurde auch an Herrn Prof. Dr. Schreckenberg weitergeleitet. Am 29.06.2010 stellte die Polizei Duisburg gegenüber der Feuerwehr eine Anfrage zu den geplanten polizeilichen Vollsperrungen, die den Besucherstrom laut Sicherheitskonzept kanalisieren sollten."
Ich will weder den Prof. Dr. Michael Schreckenberg (bei dem man allerdings den genauen Gutachterauftrag kennen müsste) von der Universität Duisburg-Essen noch die Polizei (auch schon auf der Planungsebene) von einer Mitverantwortung freisprechen. In der Tat lassen weiteren Informationen über die gutachterlichen Äußerungen von Prof. Schreckenberg zwar einerseits erkennen, dass er die Brisanz des Nadelöhrproblems gesehen hat und dass die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen ("ständiger Informationsfluss an die Besucher über Lautsprecher") nicht vollständig umgesetzt wurden. Andererseits machen sie aber auch deutlich, dass er die gegenläufige Besucherführung durch nur eine einzige Passage nicht rundheraus abgelehnt hat.
Auffällig ist immerhin, dass das Zwischengutachten an keiner Stelle behauptet, dass die Stadt dem Sicherheitsexperten einen konkreten Prüfauftrag erteilt habe. Ein solcher dürfte aber die Voraussetzung für eine juristische Schuldzuweisung an den Gutachter und eine zumindest teilweise Entlastung der Stadtverwaltung sein.
So oder so bleibt aber die Frage offen, ob die Verwaltung sich darauf verlassen durfte, dass nichts passieren werde, oder ob sie nicht das 'Restrisiko' als zu hoch hätte einstufen müssen, um eine solche Veranstaltung zu genehmigen. Insoweit wird es eben darauf ankommen, was die Vorschriften und die einschlägige Fachliteratur sagen, ob es bei anderen Veranstaltungen gleichartige Risiken gegeben hat, ohne dass es zu einem Massenunglück kam, und ob (und gegenüber wem) ggf. welche Warnungen von Fachleuten und/oder Praktikern im Vorfeld geäußert wurden. Das wissen zweifellos auch die beiden Ent-Schulder Dr. Ute Jasper und Andreas Berstermann aus der Anwaltskanzlei IS HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK sehr genau (und noch besser als ich). Dass sie diese sich bei der Lektüre (und damit auch bei der Abfassung) ihres Gutachtens ständig aufdrängende Fragestellung beharrlich unterdrücken, spricht für sich.
Wer ein Verschulden verneint, ohne die möglicher Weise verschuldensrelevanten Umstände überhaupt zu identifizieren, der will seine Leserinnen und Leser ganz bewusst in die Irre führen.
Zu diesem Zweck stößt man die Leser wieder und wieder mit der Schnauze auf die organisatorische und ausführende Ebene am Veranstaltungstag. So berichten die Gutachter über die Durchführung eines Szenarien-Workshops "am 08.07.2010 in der Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr":
"An diesem nahmen die Berufsfeuerwehr Duisburg, die Stadt Duisburg, die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, die Polizei Duisburg und der Veranstalter teil. Die Beteiligten definierten klare Zuständigkeiten für einzelne Gefahrensituationen. Der Stadt Duisburg waren darin keine Zuständigkeiten für Besucherströme innerhalb des Veranstaltungsgeländes oder der Karl-Lehr-Straße zugewiesen."
Natürlich ist es sowohl informativ als auch legitim, das zu erwähnen. Nur muss diese Information innerhalb des Gutachtens vor dem Hintergrund gelesen werden, dass auch an anderen Stellen die Frage nach der Genehmigungsverantwortlichkeit mit aller Gewalt unterdrückt und durch die Frage nach der Vollzugsverwantwortlichkeit ersetzt wird. Indes erhebt ohnehin kein vernünftiger Mensch Vorwürfe gegen die Stadt hinsichtlich ihres Handelns auf der Vollzugsebene; der Knackpunkt ist einzig und allein das Verwaltungshandeln auf Genehmigungsebene (und natürlich ggf. auch die Frage, ob die Stadt bereits im Vorfeld dem Verwalter formell oder informell Vorgaben gemacht hat, die zu der Nadelöhrsituation führen mussten).
Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, entsprang in alten Zeiten in voller Rüstung und Montur dem Haupte (oder - hier als Analogie noch passender - dem Munde) von Zeus, dem Göttervater. Und so springt auch im Gutachten die Idee eines alleinigen Zu- und Abgangs (wie auch die einer Umzäunung des Veranstaltungsplatzes rund um den ehemaligen Güterbahnhof) für die Loveparadebesucher ganz unvermittelt aus dem Text heraus (S. 17; meine Hervorhebungen):
"3.2 02. März 2010 Nach Konkretisierung des Veranstaltungskonzepts wird zwischen dem Ordnungsamt und der Bauaufsicht die Zuständigkeit für die Erteilung möglicher Genehmigungen geklärt. Wegen der Umzäunung des Geländes handelt es sich um eine Versammlungsstätte nach der Sonderbauverordnung (vormals Versammlungsstättenverordnung), für die eine Baugenehmigung (Nutzungsänderungsgenehmigung) benötigt wird. Die Umrisse des Veranstaltungsgeländes werden besprochen, ebenso der Zugang über den Tunnel der Karl-Lehr-Straße."
Auch der Bericht über ein Gespräch am 08.03.2010 bringt keine Aufklärung darüber, von wem die Idee oder Vorgabe einer Umzäunung stammte (meine Hervorhebung):
"In einem Gespräch mit dem Veranstalter, der Firma AUREUS und dem Ordnungsamt sowie der Bauaufsicht wird die Grob-Planung des Veranstalters bis zum 16.03. angekündigt. Die Personenzahl der gleichzeitig Anwesenden wird auf 200.000 bis 250.000 Personen geschätzt. Der Besucherzu- und -abstrom soll durch den Karl-Lehr-Tunnel gelenkt werden, der kurzfristig gesperrt werden könnte, um eine Bewegungsdynamik zu erreichen. Die gesamte Fläche soll videoüberwacht werden."
Rainer Schaller, Geschäftsführer der Veranstalterin Fa. Lopavent GmbH, hatte in Interviews behauptet, dass die Einzäunung eine Vorgabe der Stadtverwaltung gewesen sei, die man nur ungern befolgt habe, weil sie dem Offenheitsprinzip der Veranstaltung zuwiderlaufe. Dies ist insofern nicht ganz unwichtig, als die Zugangsmöglichkeiten dadurch eingeschränkt wurden. Zwar wäre auf der Seite zu den Bahngleisen hin auf jeden Fall ein Zaun notwendig gewesen, aber theoretisch nicht auf der Seite der Autobahn A59, die an diesem Tag ohnehin gesperrt wurde. Ebenso soll es im Süden des Geländes eine Zugangsmöglichkeit geben, die ungenutzt blieb.
Man hat den Veranstalter verdächtigt, die Absperrung aus kommerziellen Interessen heraus vorgenommen zu haben (damit die Leute ihr Bier teuer bei den konzessionierten Getränkeständen auf dem Gelände kaufen müssten).
Ich gehe aber davon aus, dass das nicht zutrifft, und dass Schaller hinsichtlich der Einzäunung die Wahrheit gesagt hat. Auch ohne Zaun hätte doch kein Mensch die Autobahn - wohin? - überquert, um - wo? - ein billiges Bier zu holen und dann auf das Veranstaltungsgelände zurück zu wandern!
Außer dieser nüchternen Überlegung spricht auch das Gutachten für Schallers Version. Wäre die Idee vom Veranstalter gekommen, hätten die Gutachter das mit Sicherheit nicht unerwähnt gelassen, weil es für die Stadtverwaltung zumindest in moralischer Hinsicht ein Entlastungsmoment gewesen wäre.
Die Darstellung eines Gesprächs vom 18.07.2010 muss man nur gegen den Strich bürsten, wenn man der Problematik des gutachterlichen 'Freispruchs' auf die Spur kommen will (meine Hervorhebung):
"Die Bauaufsicht besteht auf der beschränkten Anzahl von Besuchern (maximal zwei Personen pro Quadratmeter); der Veranstalter bestreitet dies. Über die Frage der Fluchtwege wird eine engagierte Diskussion geführt."
Über die gegenläufige Besucherführung wurde also offenbar NICHT diskutiert!
Dafür suggeriert der Hinweis auf die Notiz über eine Besprechung vom 15.07.2010 eine einschlägige Verantwortlichkeit der gutachterlich tätigen Firma TraffGo.ht:
"Vorstellung der Personenstromanalyse durch das Büro TraffGo.ht im Beisein des Brandschutzsachverständigen Dr. Jaspers (ökotec) und des Gutachters Prof. Dr. Schreckenberg. Nach Diskussion wurden Nachforderungen an den Gutachter gestellt."
Zu diesem Punkt hatte die Fa. auf ihrer Webseite schon vorher ausgeführt (meine Hervorhebungen):
"1. Anfang Juli 2010 wurden wir mit der Evakuierungsanalyse beauftragt. Dies bedeutet, dass die Entleerung des gefüllten Veranstaltungsortes simuliert wird. Aufgrund dieser Analyse wurde eine Verringerung der Gesamtnotausgangsbreite genehmigt.
2. Dieses Vorgehen ist im Vorbeugenden Brandschutz gängige Praxis. Wenn nachgewiesen wird, dass die gestellten Schutzziele weiterhin erreicht werden, wird ein Abweichen von den gesetzlichen Vorgaben durch die Behörden akzeptiert.
3. Die Evakuierungsanalyse untersucht lediglich die Entleerung des Veranstaltungsortes, nicht das Befüllen, bei dem der tragische Unfall auftrat. Die Entleerung des Geländes nach Veranstaltungsende verlief nach unserem Wissen problemlos, was die Analyseergebnisse unterstützt.
4. Es besteht nach unserer Meinung kein kausaler Zusammenhang zwischen der Verringerung der Gesamtnotausgangsbreiten und den Problemen, die bei der Befüllung des Geländes auftraten.
5. Bis auf die beschriebene Analyse im Juli 2010 waren wir mit keinen weiteren Analysen in das Projekt Loveparade 2010 eingebunden.
6. Gegenüber dem Auftraggeber sind wir vertraglich dazu verpflichtet, alle inhaltlichen Daten der Analyse vertraulich zu behandeln.
"
Auch hier gehe ich von der Richtigkeit der Firmendarstellung aus, denn wenn die Evakuierungsanalyse in einem Zusammenhang mit dem Desaster stände, hätten unsere beiden anwaltlichen Schlechtachter mit Sicherheit sehr gut darauf geachtet - und ausdrücklich hingewiesen.
Im weiteren zitiert das Anwaltsgutachten aus einer E-Mail von Prof. Schreckenberg vom 16.07.2010, der u.a. auch das Evakuierungsgutachten beurteilen sollte:
"Die Ergebnisse der Analyse lassen im Kern den Schluss zu, dass eine Entfluchtung des Veranstaltungsgeländes im Rahmen eines vertretbaren Risikos, insbesondere durch hohe Personendichten, möglich ist. Allerdings kommt dem Zugang zum Gelände durch den Tunnel Karl-Lehr-Straße eine besondere Rolle zu, die in jedem Falle detailliertere Betrachtung benötigt. Das Gutachten stützt die Aussagen der Veranstalter, dass die Vorkehrungen zur Entfluchtung des Veranstaltungsgeländes bei vertretbarem Risiko ausreichend sind. Dieser Meinung schließen ich mich im Rahmen der mir zur Verfügung stehenden Informationen und Unterlagen an."
Wiederum gegen den Strich gebürstet folgere ich daraus: Man hat die Risiken einer Entfluchtung des Geländes detailliert untersucht. Dies musste man tun, weil eine Genehmigung ohne gutachterlichen Segen gegen die Vorschriften verstoßen hätte; insoweit wollte die Verwaltung sich absichern (s. o. die Stellungnahme der Fa.: "Dieses Vorgehen ist im Vorbeugenden Brandschutz gängige Praxis. Wenn nachgewiesen wird, dass die gestellten Schutzziele weiterhin erreicht werden, wird ein Abweichen von den gesetzlichen Vorgaben durch die Behörden akzeptiert.").
Dagegen kann ich aus dem Gutachten nicht erkennen, dass die Verwaltung die (ihr durchaus bekannte, aber vermutlich im Vorschriftendschungel nicht explizit aufgeführte) Problematik der Zu- / Abgangssituation mit gleicher Intensität untersucht hätte. Die Rolle von Prof. Schreckenberg bleibt nach den bislang öffentlich bekannten Informationen nebulös, doch erscheint es mir bedeutsam, dass das Gutachten an keiner Stelle klipp und klar behauptet: 'Prof. Schreckenberg sollte die gegenläufige Engpassführung der Besucherströme untersuchen und hat sie abgesegnet'.
Wie kritisch alle Beteiligten das Nadelöhr gesehen haben, geht auch aus der Ziff. 3.15 des Gutachtens hervor (meine Hervorhebung):
"Der Veranstalter legt die nachgeforderten und fehlenden Bauantragsunterlagen vor, [u. a.] bestehend aus [einer] Veranstaltungsbeschreibung Loveparade 2010 vom 16.07.2010 mit Angaben zu den Besucherflüssen, dem Zu- und Abströmverhalten sowie einem eigenen Kapitel zur Eingangssituation Karl-Lehr-Tunnel."
Unklar bezüglich des "wer-hat-was-gesagt" ist bei flüchtiger Lektüre die folgende Passage (meine Hervorhebung):
"Entfluchtungsanalyse der TraffGo.ht GmbH [als Bestandteil der von der Lopavent vorgelegten Unerlagen] vom 13.07.2010 sowie Nachträge hierzu vom 16.07. und 20.07.2010. In dieser Entfluchtungsanalyse wird als "Fall 4" das Verlassen sämtlicher Personen des Geländes bei Veranstaltungsende über die Tunnel der Karl-Lehr-Straße ... dargestellt. Nach diesem Untersuchungsfall verlassen insgesamt 250.000 Personen planmäßig bei Veranstaltungsende das Gelände."
Nur vom Layout her wird erkennbar, dass sich der unmittelbar anschließende Text Gutachtentext nicht auf das Entfluchtungsgutachten bezieht, sondern auf das Sicherheitskonzept (oder die Veranstaltungsbeschreibung) insgesamt:
"In der Zusammenfassung sind sensible Stellen angegeben. Zum Tunnel Karl-Lehr-Straße wird unter 5.2.1 ausgeführt:
"Im Tunnel treffen die beiden Personenströme aus dem Süd- und Nordausgängen (Neudorf bzw. Innenstadt) des Hauptbahnhofs zusammen. Dies ist unmittelbar vor dem Zugang auf das Gelände. Annahme in Simulationen: Stetiges Weiterlaufen. Dies muss durch Ordner oder Hilfskräfte gewährleistet sein (Animation zum Weiterlaufen).
"
Ich will hier mal keine bewusste Lesertäuschung unterstellen, sondern eine der Eile bei der Gutachtenerstellung geschuldete Unschärfe, deren sich ein Rezipient des Gutachtens aber bewusst sein muss. Jedenfalls hat die Fa. TraffGo.ht GmbH das Problem gegenläufiger Besucherströme nicht überprüft und war dafür auch nicht beauftragt.
Am 23.07.2010 wird die Baugenehmigung (Nutzungsänderungsgenehmigung) erteilt. Dazu lesen wir im Gutachten u. a. (meine Hervorhebung):
"Die Genehmigung enthält unter anderem folgende Auflage: "Die Fluchtwege dürfen an keiner Stelle durch Einbauten oder sonstige Hindernisse eingeschränkt werden." Die Mitarbeiter der Bauaufsicht ... führten in mehreren Ortsterminen die Bauabnahmen durch, zuletzt am 23.07.2010 bis nach 23 Uhr."
Hier stellt sich eine Frage, deren Fehlen ich bei den Gutachtern zunächst einmal nicht als 'Unterschlagung' bewerten, sondern dem Zeitdruck zu Gute halten will: Zum fraglichen Zeitpunkt müssen schon Absperrungen, zumindest zwei dreiecksförmige, wie sie auf einer Satellitenaufnahme bei Google Maps sichtbar sind, auf der Rampe gestanden haben. Warum wurde deren Vorhandensein von den Mitarbeitern der Baubehörde bei der Abnahme nicht beanstandet???
Unter anderem dazu wird die endgültige Gutachtenfassung sich äußern müssen.
Der Rest des Gutachtens befasst sich mit den Vorgängen am Veranstaltungstag selbst. Unter Ziff. 5 wird auf die Verengung der Rampe hingewiesen, allerdings nicht auf die Sperrdreiecke, sondern Bauzäune zum Schutz der Polizeifahrzeuge.
Wurden diese Bauzäune erst am 24.07.2010, also am Veranstaltungstag selbst, dort aufgestellt, oder standen sie schon bei der Bauabnahme dort?
Zusammenfassend darf man die Vorgehensweise der beiden Rechtsgutachter mit der Tätigkeit der „Pusher“ auf dem Festgelände vergleichen. So wie die Ordner die Menschen von den neuralgischen Punkten hätten wegleiten sollen, versuchen die Rechtsgutachter, unsere Aufmerksamkeit von den moralisch, vor allem aber auch strafrechtlich relevanten Punkten abzudrängen.
Im Übrigen zeigt das Gutachten aber auch, dass Duisburg für die Loveparade definitiv zu klein war.
Denn wie sollen sich fremde Besucher in einer Stadt zurechtfinden, in deren Straßenlabyrinth sich sogar die Sicherheitsverantwortung auf ihren Gängen zwischen Bezirksamt und unterer Bauaufsicht unauffindbar verlaufen hat?
Nachtrag 11.08.2010
Das Duisburger Nachrichtenportal "xtranews" veröffentlicht heute u. d. T. "Loveparade-Gutachten: Die vertraulichen Anhänge zum Download" -3- Anlagen zu dem o. a. Rechtsgutachten:
Einen Gutachtenauftrag vom 21.05.2010 an Prof. Dr. Schreckenberg (einen solchen Auftrag gab es also, und der ist inhaltlich sehr weitgehend: das sieht m. E. ziemlich schrecklich aus für den Stauprofessor!). Text (meine Hervorhebung):
"Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schreckenberg,
wie wir bereits bei unserem gemeinsamen Termin am 12.5.2010 besprochen halben,
bestätige ich hiermit Ihren Prüfauftrag für die bestehenden Planungen der Zu- und Abwege sowie des Veranstaltungsgeländes für die Loveparade 2010 in Duisburg. Gleichzeitig bestätige ich die vereinbarte Vergütung von 20.000 Euro (incl. Mehrwertsteuer).
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
L/H/V.
Wolfgang Rabe
Beigeordneter
".
Die "Eingangsbestätigung - Nachforderung fehlender Unterlagen" der Stadtverwaltung (Amt für Baurecht und Bauberatung. Untere Bauaufsichts - / Denkmalbehörde) vom 14.06.2010 (unter Bezugnahme auf den am 31.05.2010 eingegangenen Antrag der Lopavent). Hier zeigt sich, das alles gefordert wurde, was in den Vorschriften steht, wobei die Brandschutzmaßnahmen eher auf Gebäude als ein derartiges Veranstaltungsgelände bezogen zu sein scheinen (und es damit relativ sinnlos ist, auf einer peniblen Einhaltung zu bestehen).
Die Zugangssituation ist vermutlich nirgends mit gleicher Genauigkeit geregelt; daher glaubte man wohl, sich darüber nicht derart intensive Gedanken machen zu müssen.
Den "Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für Teile der Karl Lehr-Straße im Rahmen der Durchführung der Loveparade 2010", gestellt von den Anwälten der Lopavent [reichlich spät, nämlich erst:] mit Schreiben vom 19.07.2010 (gerichtet an den OB Sauerland).
Die Webseite hat die Veröffentlichung weiterer Dokumente angekündigt: es bleibt also spannend!
Die 2. 'Lieferung' von Unterlagen bei xtranews, vom 12.08.2010.
Beachte bei der 1. und 2. Veröffentlichung auch die technisch außerordentlich informierten Leserkommentare eines gewissen "b" (der mir freilich bei der Schuldzuweisung allzu unpräzise vorgeht) - vgl. meinen einschlägigen (2.) Kommentar (momentan allerdings noch in der Warteschleife).
[Seine Argumente sind wohl zusammengefasst in seinem ausführlichen Gastkommentar "Von der Wahl der Dokumente" vom 12.08.10.]
Im 3. Teil vom 13.8.10 weitere -3- Dokumente. In einem dieser Dokumente wird die Zu- und Abgangssituation explizit angesprochen. Hier (leicht verändert) mein Kommentar vom 14.08.2010 auf der Webseite von xtranews:
"Danke an xtranews für die Veröffentlichung der Unterlagen.
Vorliegend möchte ich besonders auf das Dokument “Loveparade 2010 in Duisburg. Sachstand 29.10.2009″ aufmerksam machen.
Seinerzeit hatten die Besprechungsteilnehmer die Tunnelproblematik klar erkannt, wie aus folgendem Eintrag ersichtlich wird:
Rückmeldungen. Zu-und Abgang
Ist ein Zu- und Abweg zur Veranstaltungsfläche, der auch noch in einem Tunnel liegt, (Karl-Lehr-Str.) ausreichend, besteht die Gefahr, dass der Tunnel ggf. mit Wasser vollläuft?

Die Rampe und das Problem einer GLEICHZEITIGEN gegenläufigen (regulären) Besucherführung sind hier zwar nicht ausdrücklich erwähnt; es wird aber deutlich, dass die Verantwortlichen hier durchaus eine Problemzone identifiziert hatten; daher auch der Zusatz:
Evtl. Gutachten erstellen lassen”.
Leider kann ich nicht erkennen, an welchem Datum das weitere Dokument über die Bildung von Arbeitsgruppen abgefasst wurde (wohl im Sept. oder Okt. 2009?).
Interessant (bezeichnend? erschreckend?) ist jedenfalls, dass bei der Arbeitsgruppe Sicherheit diese Problematik in keiner Weise erwähnt wird (die dort aufgeführten, allenfalls nahe kommenden Punkte “Betreuung der An- und Abreisenden” und “Sicherheit auf dem Gelände” erfassen die Zu- Abgangssituation in keiner Weise!)
."
Die 4. Dokumententrinität (vom 14.08.10) bei xtranews.
5) 15.08.2010. Informativ zum Hintergrund der Besucherführung ist hier das Dokument Nr. 5 (Ergebnisniederschrift der Arbeitsgruppe Verkehr vom 29.10.2009). Hier wird etwas deutlicher, wieso es zu dem Zugang über den Karl-Lehr-Tunnel kam: Es gab offenbar keine andere Alternative. Vor dem Hintergrund dieses Dokumentes wird auch deutlich, weshalb der Veranstalter in seiner Veranstaltungsbeschreibung vom 16.07.2010 (S. 15) vom "Zu- und Abwegekonzept der Stadt Duisburg" sprechen kann.
6) 16.08.2010
Nachtrag 17.08.2010:
Zwischenzeitlich hatte xtranews den ganzen Rest der Dokumente auf einmal veröffentlicht. Doch da schlug der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland zu und erwirkte eine Einstweilige Verfügung, die der Webseite die Veröffentlichung untersagte (mehr dazu in meinem heutigen Blott "Runter von der Rampe, Adolf! oder: Schwarze Schand für unser Land: Duisburgs OB Sauerland!").
Dennoch sind die Unterlagen nicht aus der Öffentlichkeit verschwunden. Vielmehr kann man sie jetzt hier finden (später vielleicht auch bei Wikileaks? Wäre mir Recht, denn mit rapidshare komme ich irgendwie technisch nicht klar).
Erg. 18.8.10: Bei indymedia kommt man da oder dort bequemer an die Daten, weil die Dokumente dort einzeln aufgelistet und runterladbar sind.
Weiterhin ist der Gastbeitrag "Floats auf der Loveparade: Bleierner Stillstand…" vom 16.08.10 für die Ursachenerforschung der Katastrophe wichtig.
Nachträge 18.08.2010
Zahlreiche einschlägige Links - zu anderen Fundstellen der Dokumente und zu Berichten über das Veröffentlichungsverbot - haben die Leserkommentatoren zu einem Blog-Eintrag bei "Netzpolitik" zusammengetragen.
Als Lektüreempfehlung jenseits der unmittelbaren Faktendimension möchte ich meinen Leserinnen und Lesern einen ebenfalls bei xtranews (am 13.08.2010) veröffentlichten hinreißend brillanten Essay "Wir sind Duisburg!" herzlichst ans Herz legen, von dem es in der Einleitung heißt:
"Der Lehrer und Sozialdemokrat Bernhard Becker wohnt direkt am Karl-Lehr-Tunnel in Duisburg-Neudorf. Gedanken eines direkten Anwohners und Intellektuellen. Ein Essay."
Auch mein eigener, vorliegender Beitrag wurde dort (am 14.08.10) als Gastbeitrag publiziert und hat einige Leserkommentare (auch ich selbst habe in die dortige Debatte eingegriffen) nach sich gezogen.
Daneben findet sich dort eine Fülle weiterer Artikel, für deren durchgängige Lektüre mir leider die Zeit fehlt: Link zum Täg "Loveparade".
Nachtrag 19.08.2010:
"Pflichtlektüre" für alle LoPa-Interessierten: "Einsatztagebuch zur Love Parade. Katastrophe ab 12.52 Uhr" auf SpiegelOnline vom 19.08.2010.
Ganz allgemein werden in diesen Meldungen für mich -2- Dinge sichtbar:
- Dass Duisburg eben doch zu klein (eng bebaut) ist für eine solche Massenveranstaltung und
- Dass die Teilnehmer nicht sämtlich liebe Menschen waren, die "doch nur Spaß haben wollten"! (Anders gesagt: Dass Eva Herman mit ihrer Kritik an der Veranstaltung zwar vermutlich überzogen hat, dass es aber doch mehr unerfreuliche "Randerscheinungen" gab, als die Medienberichte widerspiegeln.)
Wichtig ist mir aber auch die Aufforderung, dass wir bei der Kritik an der Stadtverwaltung das Kind nicht mit dem Bade ausschütten sollten. Gewisse Probleme, wie sie hier außerhalb des Veranstaltungsgeländes aufgetreten sind, kommen wahrscheinlich auch bei anderen Massenzusammenkünften vor (soweit man von denjenigen Schwierigkeiten absieht, die speziell durch die 'Engführung' der Menschenmassen in den Straßen usw. bedingt waren). Wir sollten uns also davor hüten, nun alles und jedes auf der Stadt abzuladen (wie das die Bürger, deren Vorgärten usw. verwüstet wurden, natürlich tun werden).
Ganz speziell möchte ich noch -2- Stellen aus dem Lageprotokoll kommentierend herausgreifen:
15.50 Uhr: Mitteilung des Veranstalters Lopavent an die Ordnungsbehörde: "Nach wie vor große Probleme am Eingang Karl-Lehr-Tunnel; es wird überlegt, den Ausgangsgang auch für Eingänger zu öffnen."
Da fragt man sich natürlich, ob das etwa tatsächlich geschehen ist - und damit wesentlich zur Katastrophe beigetragen hat?
16.31 Uhr: "Aus dem Tunnel heraus wird das Gelände unkontrolliert gestürmt!"
Ich vermute, dass es hier um die "Erstürmung" des Festgeländes über die Böschung geht, aus einer Öffnung im westlichen Tunnelarm. Das könnte bedeuten, dass sozusagen "Randalierende Raver zahlreiche Menschenleben gerettet haben". Denn was wäre passiert, wenn die sich nicht sozusagen 'seitwärts durch die Büsche' davongemacht hätten? Wahrscheinlich hätten sie dann die Besucher im Westtunnel noch mehr zusammengepresst, so dass noch mehr Personen umgekommen wären. Oder zumindest hätten sie im Tunnel herumgestanden und den Weg der Helfer zum Katastrophenort blockiert.
Wenn es so war, hätte in diesem Falle sogar ein eigentlich negatives Verhalten eine positive Folge gehabt. Das würde allerdings auch bedeuten, dass die Katastrophe noch schlimmer ausgegangen wäre, wenn zu dieser Zeit an dieser Stelle alles "nach Plan" gelaufen wäre!
Nachtrag 20.08.2010
Einen der (im Verhältnis zur Zahl der Meinungsäußerungen insgesamt) relativ wenigen tiefer eindringenden, gewissermaßen "investigativen" Artikel hat wieder einmal das Portal xtranews zu bieten: "Überwachungskameras…? Unser Leser Lothar Evers, hat uns folgenden Text freundlicherweise als Gastkommentator zur Verfügung gestellt." Welche Schlussfolgerungen sich hinsichtlich der Schuldzurechnung aus seinen Beobachtungen ergeben (könnten), ist mir momentan zwar noch nicht klar; aber jedenfalls erscheint mir der Artikel lesenswert und herausgehoben aus der Fülle von - oft repetitiven - Texten zum Thema.
Nachtrag 21.08.10
Informationen und Fotos aus der Zeit vor der Veranstaltung im Portal "Duisburgweb".
Meine weiteren Blotts zur Loveparade-Katastrophe:
Mein erster Blott zum Thema (ebenfalls mit Überlegungen zur Verschuldensfrage sowie mit zahlreichen Links im Zusammenhang mit dem Unglück): "Das Wunder von Duisburg: Von der Liebesparade (Loveparade) über den Kausalkettenmarsch zum Schulddefilée".
Auch der 3. Blott stellt Überlegungen zum Verschulden speziell der Stadtverwaltung an, und zwar durch die Konstruktion eines vergleichbaren Sachverhalts: "Loveparade-Massenunglück: Eine Brücke zum Schuldverständnis".
4. Eintrag (vom 17.08.10): "Runter von der Rampe, Adolf! oder: Schwarze Schand für unser Land: Duisburgs OB Sauerland!"
[Die Erstveröffentlichung erfolgte entgegen dem Titeleintrag erst am 08.08.10, der 07.08. erscheint oben nur deshalb, weil ich den Textanfang an diesem Tag zunächst als Entwurf gespeichert hatte.]
Textstand vom 22.08.2010. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts).
Zu einem „Permalink“, d. h. zu einem Link nur zum jeweiligen Artikel, gelangen
Sie mit einem Klick auf das Erstellungsdatum unterhalb des jeweiligen Eintrages.
Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.

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