Für die Exklusivausstrahlung der Halleluja-Orgie der SPD am vergangenen Donnerstag hat sich diesmal das Zweite Deutsche Fernsehen den „Klodeckel des Tages“ verdient. Über einen sogenannten Poolvertrag hatten sich die Mainzer zusammen mit dem öffentlich-rechtlichen Politik-Anhängsel Phönix die Übertragungsrechte an der Parteiveranstaltung gesichert. Satte zwei Stunden wurde live und exklusiv gesendet, wie ein Redner nach dem anderen die SPD hoch leben ließ. Da machten selbst die Vertreter der anderen Parteien gute Miene zum bösen Spiel und sangen das Loblied mit – frei nach dem Motto: Wenn wir schon keine eigene Bühne erhalten, verschaffen wir uns eben hier einen Auftritt. Im mondänen Leipziger Gewandhaus und unter Mitwirkung hochkarätiger Musiker wie jenen des Leipziger Symphonieorchesters übertrug das ZDF eine SPD-Werbeveranstaltung vom Feinsten. Natürlich zahlte die SPD für ihren Hurraruf selbst, zumindest übernahm sie ihre eigenen Organisationskosten. Doch hat das Event sicher doppelt soviel Spaß gemacht, weil es bundesweit live übertragen wurde. Und hierfür zahlte das ZDF allein. Oder anders formuliert: Mit dem Geld aller Gebührenzahler wurde ein zweistündiger SPD-Wahlwerbespot ausgerechnet im Bundestagswahljahr 2013 gesendet! Ein Tiefschlag für alle Fans einer ausgewogenen Medienberichterstattung. Wie konnte das passieren? Und was bedeutet dies für die anderen politischen Parteien? Kann die CSU nun darauf bestehen, ihre parteiinterne Fingerhakel-Meisterschaft in Eggenfelden live übertragen zu bekommen? Füllen die Feierlichkeiten rund um die Kranzniederlegung der Linken am Rosa-Luxemburg-Mahnmal demnächst die kostbare Sendezeit am Samstagabend? Dürfen CDU und FDP erwarten, dass ihre kommenden Koalitionsverhandlungen durchgehend gesendet werden, oder müssen sie doch Werbeblöcke vor 20 Uhr akzeptieren? Fragen, die niemand beantworten will – und auch nicht sollte. Es ist schlicht ein Skandal, wie sich hier ein öffentlich-rechtlicher Sender zum willfährigen Komplizen einer Partei gemacht hat, der nur etwa ein Viertel der Deutschen überhaupt gewogen sind. Wann dürfen die übrigen 75% über die Verwendung ihrer Gebührengelder im Wahlkampf entscheiden? Das ZDF weist alle Schuld von sich und zeigt mit dem Finger auf die private Konkurrenz, die sich ja hätte beteiligen können, es aber offenbar nicht wollte. Ob dies so stimmt, sei dahin gestellt – nachdenklich sollte es die hoffentlich inzwischen ausgenüchterten SPD-Helden aber doch stimmen, dass außer ihren Steigbügelhaltern vom Lerchenberg niemand die Schmonzette senden wollte. Letztlich wird es ihnen egal sein, weil sie sicher sein können, dass mit der ZDF-Übertragung auch noch der letzte Winkel analogen Antennenfernsehens hinter der höchsten Hecke in diesem Land mit ihrer grellen Show ausgeleuchtet worden ist. Aber nicht nur rund um das Geburtstagsständchen gibt es Ungereimtheiten – auch beim Titel seiner Jubelarie („Happy Birthday SPD! – Festakt zum 150-jährigen Jubiläum“) hat das ZDF arg geflunkert. Im Trubel der Feierlichkeiten geht nämlich unter, dass die SPD selbst gar kein 150. Jubiläum feiern kann. Sie ist als Partei erst 138 Jahre alt. Der 23. Mai 1863 markiert hingegen die Begründung der Sozialdemokratie durch Ferdinand Lassalles „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“, der gegen das liberale Bürgertum aufbegehrte. Der Kampf gegen den Liberalismus ist es, der die Sozis von damals und heute verbindet. Ist das wirklich ein Grund zum Feiern?
Lesen Sie hierzu auch: “ZDF: Kein Geld an SPD gezahlt” (RP ONLINE, 25.05.2013)
Tagged: Bundestagwahl, Parteienfinanzierung, Sozialdemokratie, SPD, ZDF