Vulkanregion – Natur pur

Tag 49. Samstag 22.6.2013. Von Tence (Papeterie) bis nach Saint-Julien-Chapteuil.

Nach einem prima Frühstück mit Käse, Honig und reichlich Orangensaft sagen wir der Papeterie adieu und wandern los. Wieder säumen gelbe Ginsterbüsche den Wegesrand. Bald sind wir in der Kleinstadt Tence angekommen. Es ist Samstag und alle sind fleißig mit Besorgungen beschäftigt. Wir kaufen einiges Obst in einem kleinen Laden. Vor dem Rathaus lädt uns eine verspiegelte Fassade ein, uns selbst zu fotografieren. Durch die engen Gässchen der Altstadt führt uns der GR 65 hinunter zum Fluss Lignon – einem Nebenfluss der Loire – und auf einem Viehsteg übers Wasser. Schon haben wir das Tal wieder verlassen und die Jakobsmuschel führt uns langsam aber gezielt aufwärts. Überall sehen wir wie im Hegau die typischen Vulkanberge aus dem Boden wachsen, durchsetzt vom gelben Ginster. Wir haben jedenfalls die beste Jahreszeit erwischt. Wir entdecken orchideenartige weiße Blumen. Junikäfer fliegen emsig in der lauwarmen Luft umher. Über Kuhweiden und durch die gelbe Blütenpracht kommen wir nach Saint-Jeures.  Nur noch 37 km trennen uns von Le Puy, 1600 von Santiago. Das kleine Dorf mit seinen 870 Einwohnern liegt auf über 1000 Metern Höhe und wird vom 1388 m hohen Pic du Lizeux überragt. Wir sind auf dem Plateau Vivarais-Lignon. Wir schauen in die Kirche mit ihrer Granitmauern und den Klingsteinplatten anstelle von Dachziegeln. Nikolaus und Susanne stimmen eine Melodie an.
In einer kleinen Bar, die als Stützpunkt für diverse Aktivitäten dienst (Kiosk, Internet, Fax) ist nichts los: endlich schaffen wir es, ein Wasser und einen Café zu bestellen. Das nächste Dorf heißt Araules. Mitten drin steht eine häßliche Fabrik, deren Schornstein die ganze Gegend überragt. Es ist eine Molkerei, die Firma Gerentes, wie wir beim Näherkommen erkennen. Da eine Hochzeit stattfindet, sind die Hotels geschlossen. So kramen wir unser Vesper aus dem Rucksack und waren auf dem kleinen Platz bis die Käserei um 14 Uhr wieder ihre Pforten öffnet – die Käseproduktion kennt keine Wochenenden. Hinter uns ist die Hochzeitsgruppe weitergezogen: auf einer großen Obstwiese werden Getränke ausgeschenkt und man rüstet sich zum Festmahl. 14 Uhr: Wir bewundern das reichhaltige Angebot an Blauschimmel- und Ziegenkäse, Joghurts und Frischkäse und decken uns mit allerlei Köstlichem ein. Die Joghurts verzehren wir gleich vor dem Laden.
Wieder begeistern uns die abwechslungsreiche Vulkanlandschaft, der blaue Himmel und die dicken weißen Wolken. Zunächst auf tollen Feldwegen geht es dann im Wald weiter bergauf. Nun sind wir mitten im Gebirgszug des Massif du Meygal, der bis auf über 1400 Meter ansteigt. Der höchste Punkt unserer Wanderstrecke und der gesamten Via Gebennensis (Genf – Le Puy) liegt auf 1276 Metern. Wir genießen die umfassende Aussicht zurück auf die letzten drei Wandertage. Aus einem Nebenweg kommen zwei Hunde angelaufen und schließen sich uns drei Pilgern an.
Kurz darauf bietet sich uns nach vorne ein ausgezeichneter Blick auf Les Queyrières mit den Basaltorgelfelsen unmittelbar hinter den Häusern. Gang hinten meint man Le Puy erkennen zu müssen – doch die berühmte Stadt versteckt sich hinter den Vulkanbergen.
Wir kürzen hier ein kleines Stück ab und kommen tief in ein steiles Tal und überqueren dieses bei einer alten Mühle am kleinen Fluss Sumène – um gleich auf der anderen Seite wieder steil aufwärts zu steigen. Die Hunde sind weiter bei uns und auch von Nikolaus’ Stöcken lassen sie sich nicht vertreiben. Die Steine auf dem historischen Weg werden immer größer und sperriger. Über Chapuze zieht sich der Weg nach Saint-Julien-Chapteuil hin. Hier haben wir im Gîte d’etape uns angemeldet. Die Unterkunft ist im oberen Teil des Schulhauses gleich gegenüber der Mairie. Hoch auf einem Vulkanstumpf thront eine altehrwürdige Klosterkirche.
Frisch geduscht drängt uns der Hunger auf die Straße. Wir fragen uns zu einem guten Gasthaus durch. Dort genehmigen wir uns einen weißen Musette de l’Ardêche-Wein. Es gibt ein cremiges Pilztörtchen mit Soße aus grünen Linsen und Nußöl. Dann folgt eine Entenbrust mit Mangos und Kartoffelpürree. Der Käsegang wird vom Junior des Hauses serviert. Entsprechend größer fallen die Portionen aus. Das Dessert ist ein Traum aus schwarzer Schokolade.
Ohne Fußschmerzen wäre das der absolut perfekte Tag gewesen…

29,2 Kilometer haben wir heute absolviert, 840 Höhenmeter Auf- und ebensoviele Abstiege. 1047,6 km sind nun beisammen.


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