Vorsicht vor versteckten Signalen: Die dreisten Tricks der Chefs bei Arbeitszeugnissen

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Zeugnis, wenn er seinen Job wechselt. Doch manchmal nutzen die einstigen Vorgesetzen das Zeugnis für eine letzte Bosheit. Worauf Arbeitnehmer achten müssen.

" Er/Sie war gesellig, kam besonders mit der weiblichen Belegschaft gut aus, musste stets zu unserer Zufriedenheit motiviert werden ... "

Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kommt es nicht selten vor, dass ausgestellte Arbeitszeugnisse korrekturbedürftig sind. Anlass hierfür sind oft kleinkarierte Rachegelüste der Arbeitgeber, die einem in Unfrieden ausgeschiedenen Mitarbeiter noch eins auswischen wollen – quasi als letzten Akt der Demonstration ihrer Macht. Je kleiner der Betrieb, desto häufiger kommt so etwas vor.
Arbeitgeber mit Format haben solche Spielchen nicht nötig. Ohnehin ist der Chef nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verpflichtet, das Arbeitszeugnis wohlwollend zu gestalten. Auf keinen Fall darf er das weitere Fortkommen des ausgeschiedenen Mitarbeiters ungerechtfertigt erschweren. In der Regel ziehen boshafte Arbeitgeber daher vor Gericht den Kürzeren.
Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Korrekturbedürftigkeit seines Zeugnisses erkennt und seinen Berichtigungsanspruch geltend macht, notfalls einklagt. Wer rechtsschutzversichert ist oder Anspruch auf Beratung durch einen Gewerkschaftsjuristen hat, sollte sein Zeugnis ohnehin von einem Juristen checken lassen. Für alle anderen sollen die nachfolgenden Ausführungen eine Orientierungshilfe ohne Anspruch auf Vollständigkeit sein.

1. Wahl des Briefpapiers

Selbstverständlich sollte das Arbeitszeugnis den Firmenbriefkopf haben und – soweit vorhanden – auf Firmenpapier ausgedruckt werden. Anderenfalls hat das Zeugnis Entwurfscharakter, wodurch signalisiert wird, dass sich der Arbeitgeber mit seinem Inhalt nicht identifiziert.


2. Versendung in gefaltetem Zustand

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechtfertigt ein gefaltetes Arbeitszeugnis nur dann einen Anspruch auf Neuerstellung, wenn keine ordentlichen Kopien angefertigt werden können. Da Bewerbungsunterlagen in der Regel nur Zeugniskopien beigefügt sind, komme es darauf an, ob die Faltknicke auf der Kopie zu sehen sind. Arbeitgeber, die ein gefaltetes Zeugnis versenden, möchten ihren Nachfolger durch diese „Zeichensprache“ darauf hinweisen, dass es wegen Unstimmigkeiten nicht zur persönlichen Aushändigung des Zeugnisses gekommen ist.

3. Ausstellungsdatum – Je später desto schlechter

Damit der Arbeitnehmer sich schon aus dem alten Arbeitsverhältnis heraus bewerben kann, ist der Arbeitgeber zur Ausstellung des Zeugnisses nicht erst mit oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, sondern schon dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses klar ist.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass – aus welchen Gründen auch immer – das Zeugnis nicht rechtzeitig fertig wird und der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses daran erinnert werden muss. Schikanierungswillige Arbeitgeber datieren das Zeugnis dann nicht zurück. Ein Ausstellungsdatum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses deutet nämlich darauf hin, dass sich der Arbeitnehmer das Zeugnis erstreiten musste. Es sollte deshalb darauf geachtet werden, dass verspätet erstellte Arbeitszeugnisse auf das Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückdatiert werden.Einen (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruch auf Rückdatierung hat der Arbeitnehmer selbst dann, wenn es tatsächlich zu einer Korrektur des Zeugnisses gekommen ist.
Einen auf Rückdatierung gerichteten Rechtsstreit könnte der Arbeitgeber allerdings dann gewinnen, wenn es der Arbeitnehmer versäumt hat, die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses rechtzeitig zu verlangen. „Automatisch“ geschuldet ist nämlich nur ein einfaches Zeugnis, in dem nur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und die ausgeübten Tätigkeiten anzugeben sind. Ein sogenanntes qualifiziertes Zeugnis, das sich auch auf die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers erstreckt, muss der Arbeitgeber dagegen nur auf Anforderung erstellen. Fordert der Arbeitnehmer ein solches qualifiziertes Zeugnis erst nach dem Ende seines Vertrages an, wird der er eine Rückdatierung auf das Datum vor Gericht nicht erzwingen können.

4. Angabe von Ausfallzeiten

Böswillige Arbeitgeber geben längere Ausfallzeiten – insbesondere längere krankheitsbedingte Fehlzeiten – im Arbeitszeugnis an. Kommt es zu einem Rechtsstreit, verweisen sie dann auf ihre Zeugniswahrheitspflicht. Richtig ist, dass das Zeugnis wahr sein muss. Es muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung wichtig sind. Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer nicht charakteristisch sind, haben im Arbeitszeugnis dagegen nichts zu suchen. Auslassungen dürfen nicht dazu führen, dass bei Dritten der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen.
Krankheitsbedingte Fehlzeiten dürfen deshalb nur dann ausnahmsweise im Zeugnis auftauchen, wenn der Arbeitnehmer außergewöhnlich oft krank war. Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn die Fehlzeiten etwa die Hälfte der gesamten Beschäftigungszeit ausgemacht haben. Die Nichterwähnung von solch umfangreichen Ausfallzeiten würde künftige Arbeitgeber darüber täuschen, wie viel Berufserfahrung der Arbeitnehmer in seinem Arbeitsverhältnis gesammelt hat. Das gleiche gilt für durch Elternzeit bedingte Ausfallzeiten.

5. Betriebsratstätigkeit

Schikanierungswillige Arbeitgeber weisen im Arbeitszeugnis auf eine etwaige Mitgliedschaft im Betriebsrat hin. Nach der Rechtsprechung hat ein solcher Hinweis im Arbeitszeugnis nichts zu suchen. Das gleiche gilt für mittelbare Aussagen, die auf ein entsprechendes Engagement des Arbeitnehmers schließen lassen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn es bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern zu erheblichen Ausfallzeiten gekommen ist. 

6. Unterschrift – Nicht jeder sollte unterschreiben

Auch bei der Unterschrift hat der Arbeitgeber Möglichkeiten, sich vom Inhalt des Zeugnisses zu distanzieren.
Die eine Masche ist, einen (leitenden) Angestellten unterschreiben zu lassen – wohlwissend, dass die Person und der Rang des Ausstellers Auskunft gibt über die Wertschätzung des Arbeitnehmers. Bis zu einem gewissen Grad muss sich der Arbeitnehmer dies leider gefallen lassen. Immerhin hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass im Zeugnis deutlich gemacht wird, dass der Unterzeichner dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt war. Ein Korrekturanspruch ergibt sich jedoch dann, wenn die zeugnisausstellende Person nicht erkennbar höher gestellt ist, als der beurteilte Arbeitnehmer. Lässt sich die Kompetenz der ausstellenden Person zur Beurteilung des Arbeitnehmers nicht nachvollziehen oder rangiert sie in der Firmenhierarchie nicht über dem Beurteilten, distanziert sich der Arbeitgeber von der Richtigkeit der im Zeugnis getroffenen Aussagen und es besteht ein Änderungsanspruch. Die andere Masche ist, dass zwar der Name des Arbeitgebers oder eines zur Ausstellung berechtigten Vorgesetzten in Maschinenschrift unter dem Zeugnistext angeführt ist, die Unterschrift aber von einer anderen Person geleistet wird. Auch in diesem Fall besteht ein Zeugnisänderungsanspruch. 

7. Leistungsbeurteilung – nicht schlechter als „befriedigend“

Bei der Leistungsbeurteilung arbeitet die Praxis mit folgenden Notenskalen:
– sehr gut: „... stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.“
– gut: „... stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“
– befriedigend: „... zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“ oder „... stets zu unserer Zufriedenheit erledigt.“
– ausreichend: „... zu unserer Zufriedenheit erledigt.“
– mangelhaft: „... im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt.“
– ungenügend: „... war stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.“
Erteilt der Arbeitgeber eine schlechtere Note als „befriedigend“ hat der Arbeitnehmer gute Chancen im Zeugnisberichtigungsstreit, da den Arbeitgeber dann die Beweislast dafür trifft, dass die Leistungen des Arbeitnehmers tatsächlich nur „ausreichend“, „mangelhaft“ oder sogar „ungenügend“ waren. Umgekehrt trifft den mit „befriedigend“ bewerteten Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass seine Leistungen „gut“ oder sogar „sehr gut“ waren.
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Zeugnis der 28. Kammer des Berliner Arbeitsgerichts zur Beurteilung vorliegt. Diese vertritt in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Auffassung, dass die Note „gut“ inzwischen Standard sei und sich die Darlegungs- und Beweislast zugunsten der Arbeitnehmer entsprechend verschiebe.

8. Schlussformel – viel Platz für Schikanen

Es ist üblich, qualifizierte Zeugnisse mit Formulierungen abzuschließen wie zum Beispiel „Wir bedauern sein Ausscheiden, danken für die geleisteten Dienste und wünschen ihm für seinen weiteren Lebensweg alles Gute.“ Da aus dem vollständigen oder teilweisen Fehlen einer solchen Formel in der Praxis negative Schlüsse gezogen werden, bietet sich hier ein Betätigungsfeld für den schikanierungswilligen Arbeitgeber, zumal das BAG die Auffassung vertritt, dass eine Schlussformel kein rechtlich notwendiger Zeugnisbestandteil sei und deshalb kein Anspruch auf eine entsprechende Formulierung bestehe.
Die Instanzgerichte sehen dies teilweise weniger kategorisch. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist beispielsweise der Meinung, dass ein „gutes“ bis „sehr gutes“ Zeugnis durch das Fehlen einer abschließenden Wunsch-, Bedauerns- und Dankesformel entwertet wird. Das Fehlen solcher abschließenden warmherzigen Worte bringe mangelndes Wohlwollen des Arbeitgebers zum Ausdruck und enthalte damit ein „Geheimzeichen“ für einen potentiellen Folgearbeitgeber.
Also: Überprüfen Sie Ihr Arbeitzeugnis sehr genau und lassen sich nicht alles gefallen. Das ist wichtig für Ihre nächste Bewerbung!
Bewerbung

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