Im Visier des Chefs: Mit welchen Tricks die Chefs Angestellte loswerden möchten

Als Führungskraft muss man sich auch schon mal die Hände schmutzig machen. Das lernen Leitende mit Personalverantwortung spätestens beim Besuch eines einschlägigen Seminars zum Arbeitsrecht.

Ist es nicht paradox, dass Chefs wirklich zu Seminaren gehen, um unbequeme Mitarbeiter aus der Firma zu drängen? Ein Vorstand, der solche Führungskräfte hat sollte sich überlegen, ob er nicht besser diese Vorgesetzten austauscht und das Geld für die Seminare in die Fortbildung für Menschenführung und Kommunikation investiert. 

„Die Kündigung störender Mitarbeiter“ - so lautet der Titel einer Veranstaltung, die von einer Kanzlei mit Büros in fünf deutschen Städten organisiert wurde. Laut Programm lernen die Führungskräfte zuerst einmal, ihre Angestellten in fünf Klassen zu unterteilen: in „Querulanten“, „Pflichtenverletzer“, „Schlechtleister“, „Mobber“ oder „zu häufig fehlende Arbeitnehmer“.
Nach der ersten Kaffeepause um 11.30 Uhr geht es den Ungeliebten dann an den Kragen. Ihre Chefs lernen, wann der Einsatz von Privatdetektiven, Videoüberwachung oder „Datenzugriff und Auswertung“ als Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung zulässig ist.
Die nächsten Punkte auf der Tagesordnung: das „Schaffen fester Regeln, Verbote und Vorgaben zur späteren Konkretisierung von relevanten Pflichtverletzung“ und die „konkrete Erfassung von störenden Pflichtverstößen“. Damit sollen unzufriedene Chefs gerichtsfest dokumentieren können, wie ihre Mitarbeiter in die von ihnen aufgestellten Fallen tappen. Tipps zur Kündigung von Mitarbeitern, die wegen Krankheit oder Überforderung ihr Pensum nicht mehr schaffen, runden die Veranstaltung ab.
Die Unternehmen rüsten auf, wenn es darum geht, das strenge deutsche Arbeitsrecht in ihrem Interesse zu nutzen. Die Hire-and-Fire-Mentalität ist längst in deutsche Chefetagen eingezogen. Die Bandagen werden härter, vor allem Führungskräfte werden nach wenigen Jahren wieder ausgetauscht. Immer mehr große Unternehmen gehen mittlerweile rüde gegen unliebsame Führungskräfte vor.

Die internen Kündigungstipps eines Dax-Konzerns

Es gibt viele Gründe, warum Mitarbeiter bei Chefs in Ungnade fallen können. Egal ob wegen menschlicher Differenzen, Streit über Zielvorgaben oder schlicht die Belegung einer Position, die eigentlich für den Vertrauten des Vorgesetzten bestimmt ist – wer einmal im Visier des Chefs steht, muss um seinen Job bangen. Mitarbeiter sind zwar arbeitsrechtlich geschützt, dürfen aber nicht die Professionalität ihrer Vorgesetzten in puncto Arbeitsrecht unterschätzen.
Denn Führungskräfte werden nicht nur auf Seminaren geschult und von den Personalern - meist selbst studierte Arbeitsrechtler - unterstützt. Für das Aussortieren angeblicher Problemfälle gibt es in Unternehmen mittlerweile standardisierte Prozesse. Das zeigt zumindest der Leitfaden eines weltweit agierenden und wirtschaftlich höchst erfolgreichen Dax-Konzerns.
In kritischen Gesprächen sollen Führungskräfte dieses Unternehmens „nicht unvorbereitet“ und „mit Fingerspitzengefühl“ vorgehen. Sonst käme es bei dem betroffenen Mitarbeiter „zu Blockaden, die eine Einigung letztendlich unmöglich machen“.
„Trennungsgespräche und andere schwierige Gespräche“ können nach dem Leitfaden einen „bleibenden Eindruck der Führungskraft hinterlassen“, der sich „in der Belegschaft, bei Kunden, Lieferanten oder anderen Gesprächspartnern herumsprechen könnten“.
Checklisten sollen allzu rüden Führungskräften Leitlinien geben, Emotionen gilt es zu vermeiden. Wer auf der Abschussliste steht, soll auch weg. Und das - laut Papier - so schnell wie möglich. Wenn keine „Nebenaufgabe, ein sogenannter Elefantenfriedhof“ zugewiesen werden kann, seien Aufhebungsverträge oder Kündigungen die beste Wahl. Entscheidungskraft und Schnelligkeit seien wichtig, weil sonst das „Alter“ des Mitarbeiters spätere „externe Lösungen“ wie etwa eine Kündigung erschwere.
Bei den Gründen für die Trennung von Mitarbeitern lässt das Unternehmen seinen Chefs freie Hand. Das „Nachlassen der Leistung“ oder „Überforderung“ gelten dafür als ebenso relevant wie „sehr hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten“ oder „Chemie-Probleme“. Offenbar widerspricht es nicht der Unternehmenskultur, dass solche Begründungen für eine Trennung dem deutschen Arbeitsrecht widersprechen.

Welche Rechte Betroffene haben

Denn auch Führungskräfte, die auf Wunsch des Chefs das Unternehmen verlassen sollen, haben Rechte. Entgegen des in weiten Kreisen der Führungskräfte verbreiteten Irrglaubens steht ihnen in der Regel der gleiche Kündigungsschutz zu wie jedem „normalen“ Arbeitnehmer. „Für eine Kündigung muss regelmäßig ein betriebsbedingter, verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegen.
Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen ist eine Führungskraft auch ein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzes. Nur dann kann sich das Unternehmen aber gegen Zahlung einer Abfindung unter erleichterten Bedingungen von dem Mitarbeiter trennen.
Da es bei den meisten Führungskräften oftmals keinen rechtlich tragfähigen Kündigungsgrund gibt, sich die Unternehmen aber immer öfter gerade von älteren und damit verhältnismäßig teureren Führungskräften trennen möchten, haben die Personaler ein Problem.
Denn es besteht kein Anspruch des Unternehmens auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung. Ob es die Vorgesetzten mögen oder nicht: Auch unliebsame Mitarbeiter behalten ihren Anspruch auf volle Bezahlung und – solange eine Kündigung nicht rechtskräftig ist - auf eine vertragsgemäße Beschäftigung in der bisherigen oder einer gleichwertigen Funktion.
Unternehmen, die ihre Mitarbeiter hinausdrängen möchten, müssen daher kreativ werden. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt der Fall einer Mitarbeiterin, die lange Jahre in leitender Funktion direkt an den Vorstand eines Dax-Unternehmens berichtete. Die Managerin hatte umfangreiche Personalverantwortung, war für die Entwicklung wesentlicher Produktlinien verantwortlich und erfolgreich.

Wie Chefs unliebsame Mitarbeiter herausdrängen

Alles lief gut, bis der Betriebsrat eine Mitarbeiterumfrage initiierte. Anonym warfen die Kollegen ihrer Chefin angeblich Führungsdefizite vor. Die Folge war der öffentlichkeitswirksame „Entzug der Tätigkeit“. Das heißt: Ihr wurde nicht nur ihre bisherige Tätigkeit entzogen, sondern dies wurde auch veröffentlicht. Sodann wurde sie auf ein bedeutungsloses Projekt ohne Verantwortung für Mitarbeiter und Budget versetzt. Das neue Büro lag am Ende des Werksgeländes in einer ansonsten leeren Büroetage.
Der Allrounder berichtet von einem Fall, in dem eine Führungskraft in einem Management Audit seine Fähigkeiten unter Beweis stellen sollte. Uns liegen Unterlagen vor, die eindeutig belegen, dass sein Ergebnis bereits vor der Prüfung feststand. Es war sehr schlecht und sollte als Grund dafür dienen, die Trennung von dem Mitarbeiter einzuleiten“.
In einem anderen Fall soll das Management eine Führungskraft mit einem angeblich von ihm verursachten Schaden in Höhe von zwei Millionen konfrontiert haben. Bei einer Eigenkündigung des Mitarbeiters stellten die Vorgesetzten einen Verzicht auf Schadenersatz in Aussicht.
Nicht immer werden unliebsame Mitarbeiter so offensichtlich herausgeekelt wie in diesen Fällen. Die Verhaltensmuster der Unternehmen ähneln sich aber, wie verschiedene vergleichbare Fälle und Schilderungen von Anwälten zeigen.
Einige Beispiele für übliche Verhaltensweisen der Praxis sind etwa der schleichende Entzug von Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten einer bisher angesehenen Funktion. Oder das Vorhalten vermeintlicher Verhaltensverstöße, die angeblich anonym bleiben sollen, unter dem Vorwand, die „Zeugen“ zu schützen. Ebenfalls beliebt: Die Führungskraft wird in öffentlichen Runden lächerlich gemacht, oftmals nachdem der Betreffende zuvor mit kaum zu bewältigenden Zusatzaufgaben überschüttet wurde.

Die Auswirkung von Psychotricks

Das sind nicht die einzigen Maschen von Vorgesetzten. Führungskräfte werden in Vorgesetztengesprächen auf angebliche Leistungsdefizite und Führungsdefizite angesprochen, die objektiv gar nicht bestehen.
So sollen Mitarbeiter verunsichert werden in der Hoffnung, dass diese Fehler machen. Kritik- und Personalgespräche werden unter Hinzuziehung von Mitarbeitern der Personalabteilung geführt, so dass von vornherein eine „Waffengleichheit“ fehlt. Oftmals werden die Gespräche in immer zeitlich engeren Abständen geführt, um die Führungskraft zu zermürben. Dann werden Gesprächstermine kurzfristig eingestellt oder nicht eingehalten.
Die Liste der Zermürbungstaktiken ließe sich beliebig fortführen. Mobbing ungeliebter Führungskräfte ist längst gängige Praxis in vielen Unternehmen, die angeblich die Creme de la Creme der deutschen Wirtschaft darstellen.
Dabei sind die Mobber selbst getriebene, müssen Sparprogramme und Zielvorgaben durchsetzen, die sie ohne ein Herausdrängen von Mitarbeitern mit „einvernehmlichen“ Aufhebungsverträgen niemals erreichen könnten, wie eine Führungskraft aus der Automobilbranche berichtet: „Die Verantwortlichen in den Personalabteilungen stehen bei solchen Aktionen regelmäßig vor dem Problem der Umsetzung und im krassen Gegensatz zur öffentlich propagierten Aussage, der Mitarbeiter sei `bei uns das Wichtigste`.“
Führungskräfte auf der schwarzen Liste haben ein psychologisches Problem. Vorgesetzte, die sich bislang kollegial verhalten haben, arbeiten gegen den Mitarbeiter. „Es war, als hätten Marsianer meine Kollegen neu programmiert“, erinnert sich ein ausgeschiedener Mitarbeiter einer Bank. „Vertraute Kollegen waren plötzlich nicht mehr zugänglich, es war, als ob sie mich nicht mehr erkannten und eine andere Sprachen sprechen würden.“

„Gute Chancen auf eine hohe Abfindung“

Führungskräfte sollten in derartigen Situationen in der Regel weder auf ihre Verdienste, langjährige Freunde noch bisherige Fürsprecher vertrauen. Keiner dieser Personen will es sich mit den Entscheidern verderben und demnächst der Nächste sein.
So bitter eine solche Erfahrung für die Mitarbeiter auch sein mag, so hat es doch auch etwas Gutes. Sie zeigt, dass die rechtliche Position der Vorgesetzten bei einer Trennung miserabel ist. Ansonsten wären solche Psychotricks nicht nötig.
Da ein Verbleib im Unternehmen in der Regel unter solchen Bedingungen nicht anzuraten ist, sollten Mitarbeiter zumindest ihren Rechtsvorteil ausnützen und ihr „Sozialkapital“ in eine hohe Ausgleichszahlung oder Abfindung ummünzen.
Da es bei langjährigen gut verdienenden Mitarbeitern schnell um sechs- und in Top-Positionen sogar um siebenstellige Eurobeträge gehen kann, sollten Betroffene bei den ersten Anzeichen einer Trennungsabsicht einen Fachanwalt hinzuziehen.
Denn unter Druck machen selbst alt gediente Führungskräfte häufig Fehler, nehmen vergiftete Angebote an oder vergreifen sich im Ton. Es gilt bei größtem Gegenwind keine Schwäche zu zeigen. Privates, wie die Erkrankung der Ehefrau oder der Wunsch, wegen der schulpflichtigen Kinder am Sitz des Unternehmens zu verbleiben, werden oft mit Versetzung zu hunderte Kilometer entfernten Standorten gekontert. Nach seinen Erfahrungen verliefen Trennungsgespräche in der Regel „gnadenlos“. 

Unternehmen geben viel Geld aus, um Betriebsklima und Motivation der Mitarbeiter zu analysieren. Aber sie reagieren nicht darauf. Es sind nicht die Mitarbeiter die schlacht sind, es sind die Führungskräfte.
Denn schon Roman Herzog (Bundepräsident a.D.) sagte:
Wir sind schon ein merkwürdiges Volk, wenn wir mit Freude Maschinen bedienen, aber jedes Lächeln gefriert, wenn es sich um die Bedienung von Menschen handelt. Derallrounder, Experte für die " Schule des Lebens " bringt es auf den Punkt:
Ich will keine Akademiker. Ich will keine Wissenschaftler. Ich will keine Leute, die immer alles richtig machen. Ich will Leute, die zu begeistern wissen. 

Softskills 


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