Während seines Kommunikationsdesign-Studiums hat sich Ben Kuhlmann mehr und mehr der Fotografie zugewandt und dokumentierte in seiner Bachelorarbeit den Wohntypus der Großwohnsiedlungen mit seinen Bezügen zwischen Innen- und Außenwelt. Daneben hat er eine Reihe weiterer Serien und Studien zu Themen des städtischen Raumes, zu Transformations- und Übergangsprozessen und zur Typisierung von Bauwerken erarbeitet.
Die Beispiele reichen von der stillgelegten amerikanischen Kaserne Leighton Barracks in Würzburg über das bergbauliche Erbe im Ruhrgebiet am Beispiel einer bereits stillgelegten Zeche und eines der letzten nach produzierenden Bergwerke. Eine andere Bilderserie aus einem Neubaugebiet wirkt zunächst unspektakulär, bis sie auf den zweiten Blick ihr Geheimnis preisgibt: die Aufnahmen wurden in tiefster Nacht aufgenommen – mit Mond- statt Sonnenlicht.
Fotografische Studien, die in verschiedenen Ländern entstanden sind und sich mit dortigen Besonderheiten beschäftigen, bilden einen weiteren Arbeitsbereich von Ben Kuhlmann. So zeigt er beispielsweise Ansichten aus Istanbul, Tansania oder aus verschiedenen Regionen der USA, jedoch nie in typisch touristischen Bildern, sondern stets in einer sachlich-analytischen Sichtweise mit einem geschulten Blick für die spezifischen Eigenarten dieser Gegenden.
Anhand verschiedener Arbeitsbeispiele möchte ich den Fotografen Ben Kuhlmann vorstellen. Auf seiner Website finden sich weitere Beispiele für fotografische Arbeiten, die sich mit Phänomenen urbaner Räume beschäftigen.
Stadt am Rand
Eine fotografische Bestandsaufnahme vier deutscher Großwohnsiedlungen soll zeigen, wie sich das Leben in solch verdichteten Wohnformen entwickelt hat. Bei den Reisen nach Köln (Chorweiler), Bremen (Tenever), Jena (Lobeda) und München (Neuperlach) wurden neben einer äußeren Bestandsaufnahme auch die Bewohner solcher Siedlungen besucht und in ihren eigenen vier Wänden fotografiert. Wer wohnt wie und wo finden wir Unterschiede? Eine Typologie von Wandschränken der jeweiligen Anwohner soll Aufschluss über die Menschen an sich geben. Stadt am Rand thematisiert zum einen die geographische Randlage solcher Siedlungen, aber auch die soziale Inakzeptanz in der Gesellschaft und zeigt bewusst keine Vorurteile, sondern eine objektive Dokumentation.
Der Gang des Bergmanns
Bis 2018 will der Bund alle Subventionen für den Kohlebergbau in Deutschland streichen. Zechensterben ist auch heute wieder ein Begriff. Riesige Areale liegen brach, werden versucht im Rahmen der Industriekultur-Route reanimiert zu werden. Für das Ruhrgebiet war der Kohlebergbau einer der bedeutensten Wirtschaftszweige und hat es zu dem gemacht, was es heute ist. Nicht nur den leeren Industriehallen und Schachtanlagen, sondern auch den ehemaligen Arbeitern, die dort an den Maschinen standen und Arbeit verrichteten, will sich diese Arbeit auf fotografische Weise nähern.
Bible Belt
In den Südstaaten der USA mit einer überwiegend konservativ und stark religiös geprägten Gesellschaft hat sich im Laufe der Zeit der Begriff des “Bibelgürtels” herausgebildet. Die Religiösität macht sich in den Städten und Dörfern dieser Region durch eine Unzahl an Kirchen und christlichen Symbolen bemerkbar. Das Spektrum reicht von kleinen barrackenartigen Gebetsräumen bis zu repräsentativen Bauten in unterschiedlichsten Baustilen.
Coney Island
Ein weiteres Arbeitsbeispiel zeigt den Vergügungspark Coney Island in New York City. Einst einer der größten und beliebtesten Freizeitparks verfiel das Gelände seit den 1970er Jahren zusehends und ist heute in kleinem Umfang wiederhergestellt. Genutzt wird die Anlage nur noch in den Sommermonaten und zeigt sich an einem regnerischen Tag außerhalb der Saison als Ödnis.
Zur Person
Ben Kuhlmann, Jahrgang 1987, stammt aus Biberach. Von 2008 bis 2012 hat er an der Fachhochschule Würzburg Kommunikations-Design studiert und sein Studium mit der fotografischen Bachelorarbeit “Stadt am Rand” abgeschlossen. Während des Studiums hat er hat er von September 2010 bis Februar 2011 ein Praktikum bei dem niederländischen Fotografen Jan Banning absolviert. Vor der Aufnahme seines Master-Studiums an der Fachhochschule Dortmund im März 2013 war Ben Kuhlmann beim Magazin der Süddeutschen Zeitung Praktikant in der Bildredaktion. Momentan arbeitet er an einer Arbeit über die Videothek und deren Verschwinden aus dem deutschen Stadtbild.
Kontakt: [email protected]
- Website von Ben Kuhlmann
- http://ben-kuhlmann.tumblr.com/