Von Strottern und Außerirdischen

„Strotter“ nennt sich die neue Produktion im Schauspielhaus Wien. Wie schon unter der Intendanz von Andreas Beck, behält die neue Leitung des Hauses jenes Format, das aus dem Theater hinaus und hinein in den 9. Bezirk führt. Die erste Produktion dieser Art unter Tomas Schweigen feierte seine Premiere in strömendem Regen. Ich hatte Glück, der Samstag, an dem ich die Vorstellungs-Wanderung besuchte, war zwar kühl, aber zumindest trocken.

Thomas Köck, derzeit Hausautor am Nationaltheater Mannheim und in Wien in dieser Saison gleich an mehreren Häusern mit Werken vertreten, und Thomas Schweigen begaben sich für das Stück auf die Suche nach historischem Material, wagten zugleich aber auch einen Ausblick in die Zukunft. Eine dystopische. Denn, so wird prophezeit, dann wird in ca. 60 Jahren das Mittelmeer zugefroren sein, Ottakring jedoch unter einem Wüstensturm leiden. Dann werden sich die Menschen in einem totalitär überwachten System nach einer heilen Welt sehnen und sich dafür in einen todesähnlichen Zustand versetzen lassen. Jene, die in dieser Gesellschaft gestrandet sein werden, werden wie vor 150 Jahren ihr Glück beim Sammeln von Altmüll versuchen. Oberhalb, aber auch unterhalb der Erde, direkt im Kanal, wie es um die Jahrhundertwende die sogenannten „Strotter“ in Wien tatsächlich taten.

Strotter (c) Susanne EinzenbergerStrotter (c) Susanne Einzenberger

Das Publikum wird bei der Inszenierung zwar in Bewegung gesetzt, aber außer, dass einige Beteiligte für kurze Zeit kleine Demoschilder vor sich hertragen müssen, bleibt es doch in der Rolle der Zusehenden. Jesse Inman spielt einen Mann, der sich mit seiner Freundin (Vassilissa Reznikoff) verabredet hat. Über ein Soundsystem, hervorragend von Dominik Mayr und Jakob Suske gestaltet, ist man  mit den beiden via Kopfhörer auditiv verbunden und bekommt auch jene Computerstimme eingespielt, die einem beständig vorgibt, welche Route man einschlagen soll, wo man Acht geben muss und wie man sich bestmöglich verhält, um in der Gruppe den besten Nutzen für sich zu erzielen. Denn so eine kleine Stadtpartie macht man in der Zukunft ja schließlich nicht zum Spaß, sondern um anschließend wieder Nutzer-optimiert agieren zu können.

Tomas Schweigen, auch für die Regie verantwortlich, erkundet dabei die nähere Umgebung des Schauspielhauses, inklusive eines Hauseinganges, in den man gleich zu Beginn gepfercht wird. Dieser Moment ist einer der stärksten des Abends, denn die Soundeinspielung, durch die das Tropfen von Wasser zu hören ist, erweckt den Eindruck, dass man sich in einer ausweglosen Situation gefangen vorkommt. Assoziationen zu Flüchtlingen, die Körper an Körper in LKW ihre Reise ins Ungewisse antreten, stellen sich dabei ad hoc ein. Während der kommenden Minuten wird klar, dass sich Inmans Freundin in einem höchst seltsamen Zustand befindet. Immer wieder gleitet sie in einen Erinnerungsmodus, der ihr jedoch die Vergangenheit rätselhafter erscheinen lässt, als dass er ihr Aufklärung bringt.

Das Changieren zwischen unterschiedlichen Zeiten und Befindlichkeiten endet schließlich in einem aufgelassenen Lokal, in dem Steffen Link und Sebastian Schindegger als Fleischergesellen der untergehenden Spezies Mensch deren ausgeschlachteten Wohlstandsmüll illegal zum Kauf anbieten. Der Keller dieser Location entpuppt sich schließlich als jene Menschen-Lagerungsstätte, in die sich jene ablegen ließen, die ihren Geist in einem schlafesähnlichen Zustand lieber mit Illusionen berieseln lassen, als das öde und gefährliche Leben in Wien weiter ertragen zu müssen.

Strotter (c) Susanne EinzenbergerStrotter (c) Susanne Einzenberger

Der Abend bietet einige emotional packende Szenen, die durch die Präsenz des Ensembles an ungewöhnlichen Orten leben. Auf weite Strecken fühlt man sich jedoch wie in einem Verschnitt einer Inszenierung von Claudia Bosse, die in Wien schon so manche theatrale Inszenierung außerhalb von Theaterhäusern gestaltete. Auch bei ihr gibt es kein Happy End, sondern den permanenten Verweis auf die anhaltende Zerstörung von Menschen und Kulturen. Zwar sparen Köck und Schweigen nicht mit Gesellschaftskritik, dennoch ist gerade das Ende so sehr mit den Mitteln des klassischen Theaters gestaltet, dass der Transfer ins Hier und Heute und die Beklemmung, die wahrscheinlich ausgelöst werden sollte, nicht wirklich zu spüren ist.


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