„Es gibt nichts Besseres als gute Musik und Barbecue.“
Sänger und Gitarrist Max “Guitar Love Christian“ spricht über Jazz, New Orleans und über einen echt morbiden Deckenhänger.
Max, ein Vollblut-Westfale, bekam den Jazz mit der Muttermilch aufgesogen. Bevor er zur Schule ging, wusste er nicht einmal, dass es andere Musikrichtungen gibt. Als Heranwachsender „rebellierte“ er zwar, indem er sich vom Jazz abwandte, doch irgendwann fand er den Weg dorthin zurück. Mit New Orleans, der Wiege des Jazz, verbindet ihn eine besondere Liebe. Als er zum ersten Mal die Stadt besuchte, war er 13 Jahre alt und fand sie furchtbar. Vor allem enttäuschte ihn die berühmte Bourbon Street, weil dort nach seinen eigenen Worten eine Reeperbahn-Stimmung herrschte. Mit 19 reiste er erneut nach New Orleans, diesmal aber ging er dorthin, wo die musikalische Seele sitzt, nämlich in den Kneipen und Bars jenseits der Bourbon Street. Irgendwann verließ er Gütersloh, um in New Orleans Musik zu studieren, doch seine Pläne wurden jäh vereitelt, als ein Ereignis stattfand, das die Stadt in ihren Grundfesten erschütterte: Hurrikan Katrina. Dennoch ging er seinen Weg weiter und lehrt heute Englisch und Musik in einer westfälischen Realschule und tourt mit der Band The Sazerac Swingers durch die Lande. Am liebsten spielt er Swing und traditionellen Jazz. Zum Glück sind die brutalen Zeiten vorüber, als er mit Tanzmusik im westlichen Münsterland sein Studium finanzieren musste!
Welcher Musiker hat dich am meisten beeinflusst?
Mich haben viele Musiker beeinflusst, ganz besonders aber Louis Armstrong. Er ist zwar nicht der Urvater, aber die größte Figur, die der Jazz geprägt hat. Mit ihm begann alles, was mit dem modernen Jazz zu tun hat. Das betrifft nicht nur die Musik, sondern auch seine Art, mit dem Publikum umzugehen. Er ist bis heute unerreicht. In New Orleans sind die Einflüsse von Satchmo überdeutlich. Der Trompeter James Andrews aus der legendären Andrews-Familie, zu der auch Trombone Shorty gehört, nennt sich The Satchmo of the Ghetto. Auch wird Louis Armstrong dauernd zitiert. Sogar auf Rap- und Hip Hop-Konzerten werden alte Satchmo-Stücke gespielt. In New Orleans ist er allgegenwärtig.
Inzwischen kennst du viele Größen aus der New Orleans Jazz-Szene. Wie kam es dazu?
Es gibt gut vierzig Läden in New Orleans, in denen fantastische Musiker mit teilweise Weltformat spielen. Über die Jahre kommt man mit ihnen ins Gespräch. Als Musiker ist das einfach und so entstehen Freundschaften wie zum Beispiel mit dem Grammy-Gewinner Derek Shezbie „Khabuky“ oder mit Fredy Omar, den ich bereits zweimal nach Gütersloh locken konnte. Der Höhepunkt für mich war, als mich Mister New Orleans persönlich, Kermit Ruffins, zu einem gemeinsamen Gig auf die Bühne eingeladen hat. Er hat Trompete gespielt und ich Banjo. Ein unvergesslicher Moment.
Hast du auch den legendären Dr. John getroffen?
Ja, zweimal. Er war eine Zeitlang ziemlich krank, jetzt scheint er sich wieder etwas erholt zu haben. Ein echtes Original und ein toller Musiker!
In einem Interview hast du mal erzählt, Musik und Küche sei in New Orleans unzertrennbar miteinander verbunden. Kannst du mehr darüber sagen?
New Orleans ist eine Stadt, die man nicht in den USA vermuten würde. Sie besitzt karibisches Flair und den morbiden Charme einer Drittweltstadt. In der Saturn Bar zum Beispiel hängt eine Mumie des ersten Besitzers an der Decke. Dort herrscht eine wirklich bizarre Stimmung und den Geruch hält man auch nur mit Hochprozentigem aus. (lacht) Jedenfalls existieren Musik und Küche in New Orleans in einer sehr puren Weise. In vielen Musikkneipen gibt es nachts Gratisreis und Gratisbohnen für die Gäste. Kermit Ruffins zum Beispiel grillt vor seinen Gigs häufig auf der Ladefläche seines Trucks. Seine CD Booklets sind voller Koch- und Grillrezepte. Dort stehen auch mal tolle Anweisungen wie „Truthahn grillen: zunächst ein Bud Light aufmachen, dann eine Satchmo-Platte auflegen und schließlich nach dem Feuer sehen.“ In New Orleans habe ich die zartesten Spareribs meines Lebens gegessen. Es gibt nichts Besseres als gute Musik und Barbecue.
Katrina war für die Stadt verheerend. Wie schätzt du die Situation zurzeit ein?
Der Hurrikan hat leider etwas zutage gefördert, was man in New Orleans für vergessen hielt. Nämlich, den Rassismus. Die schwarzen Viertel waren besonders betroffen und wurden abgeschottet, damit die Menschen nicht in den besser gestellten weißen Viertel Zuflucht finden konnten. Katrina hat das Schlimmste zum Vorschein gebracht, aber ein paar positive Folgen gibt es zum Glück. Zum einen ist die Stadt lebendiger geworden, zum anderen ist sie gemischter, weil gemeinsames Leid verbindet. Weiße gehen in schwarze Klubs und umgekehrt.
Wie war das eigentlich mit Fats Domino und Bratt Pitt?
Nach Katrina saßen viele Menschen in der Falle und kamen aus den abgesperrten Gebieten nicht raus. Fats Domino musste auf dem Dachboden seines Hauses ausharren. Brad Pitt, der mit ihm befreundet ist, nutzte seine Prominenz aus, um durch die Absperrung zu kommen und Fats Domino rauszuholen. Seitdem ist er in New Orleans total beliebt. Es gibt sogar T-Shirts mit der Aufschrift „Brad Pitt for Mayor“.
Wann geht’s das nächste Mal nach New Orleans?
Im Herbst reise ich mit der Band nach New Orleans. Wir haben dort ein paar Auftritte.
Wow! Du musst unbedingt davon erzählen, sobald ihr zurück seid. Danke für Interview und Fotos, Max, und viel Spaß in New Orleans!