Zweiter Tag meiner Wandertour auf dem Kinzigtäler Jakobusweg.
Haslach (220 m). Die Sonne lacht vom Himmel. Das gute Wetter hält weiter an, juhuu! Nach dem Frühstück breche ich auf, laufe im Zickzack durch die Gassen der Altstadt, schaue in die Pfarrkirche und besorge mir eine kleine Tube Sonnencreme, Energieriegel und Getränke.
Das Städtchen Haslach ist immer einen Besuch wert. Seine Pilger-Vergangenheit kann sich sehen lassen: Am 11. März 1610 brachen der “Hosenstrickler Laux Schierer und Hanß Dolden Söhne” zu einer Wallfahrt nach Santiago auf. So steht es im ältesten Kirchenbuch der Pfarrgemeinde.
Ich breche zur heutigen Tagestour auf: Vom Rathaus geht es zum Bahnhof, durch die Unterführung und über die Brücke an das nördliche Kinzigufer. Schon bin ich links auf den Kinzigdamm abgebogen. Der Verkehrslärm der B33 auf der anderen Seite ist noch gut zu hören. Einzelne Radfahrer oder Jogger kommen mir entgegen. An einer Sitzbank mache ich geruhsame Rast, schnüre mir die Schuhe neu. Und tausche die lange Wanderhose gegen die sommerlich kurze. Ich portraitiere die winzig-kleinen Blümchen am Damm, ohne zu wissen, wie sie genannt werden.
Auf der Höhe von Steinach (210 m) biegt der Jakobusweg rechts ab, taucht in den nahegelegenen Wald ein. Nun heißt es, den Berg hinauf steigen. Das Durchschnittstempo sinkt gewaltig – bergauf bin ich nur etwa halb so schnell wie in der Ebene. Nach dem langgezogenen Holzabfuhrweg folgt ein schmaler Zickzackweg. Ein Bauer verbrennt auf einer abgeholzten Fläche das übrige feuchte Reisig. Graue Rauchschwaden ziehen durch den Wald aufwärts. An einem Brunnen fülle ich mein Wasser auf. Schon bald bin ich am “Webers Kreuz” (410 m) angelangt. Kurz darauf bietet sich ein weiter Blick aufs Kinzigtal. Es ist wunderbar ruhig und sonnig warm.
Der Weg wird zusehends reizvoller und abwechslungsreicher. Auf Tannenwald folgt lichter Buchenwald. Waldschaumkraut macht sich an feuchten Stellen breit. Mir steigt der Duft von Senf und Meerrettich in die Nase.
Dann endlich habe ich das Welschbollenbacher Eck mit nahezu 600 Höhenmetern erreicht. Im am Niller Eck (550 m) ist die Aussicht paradiesisch! Warum nicht einen Abstecher zu den Nillhöfen machen? Ist nur knapp einen Kilometer von hier. Und verspricht ein kühles Bierchen! Gesagt – getan! Die Aussicht von hier oben ist exklusiv. Nur das Gasthaus “Nillhof” hat wegen Besitzerwechsel und Renovierung das ganze Jahr 2015 geschlossen. Nun denn… Wenigstens mit dem Wetter habe ich Glück. Hinterm Haus ist eine gemütliche Bank, wo ich das schweissnasse Hemd in der Sonne trocknen lassen und gemütlich Vespern kann.
Wieder zurück am “Eck” gehts von nun an kräftig bergab. Beim Buchwaldhof (290 m) ist eine aussichtsreiche Stelle. Vom Wegkreuz aus wandert der Blick zur Hohengeroldseck, über das Städtchen Zell ins ehemalige Reichstal Harmersbach. Gelbe Narzissen blühen überall auf dem Feld.
Noch einmal geht es steil abwärts. Holzfäller türmen mit ihren Maschinen Holzstämme auf. Am Waldrand tut sich der Blick auf Zell im Harmersbachtal auf, zur Linken sind Forellenweiher, an denen der Pfad vorüber führt. Kröten haben hier gelaicht und verstecken sich rasch unter den aufgequollenen Laichklumpen.
Bald bin ich an der Wallfahrtskirche “Maria zu den Ketten” mit dem angeschlossenen Kapuzinerkloster angekommen. Schon 1480 gab es hier eine erste Wallfahrtskirche. An der Decke und an den Altären taucht immer wieder die Muschel als Pilgersymbol auf.
Vorbei an den Stadttoren der Altstadt und dem Rathaus der früheren Reichsstadt Zell am Harmersbach erreiche ich das Hotel Sonne, wo ich eine komfortable Unterkunft finde.
Heute bin ich 19,2 km in 6 Std. 22 gewandert.
Morgen geht es von Zell a.H. nach Gengenbach weiter