Vom Rhônetal in die Monts Pilat

Tag 46. Mittwoch 19. Juni 2013. Von Chavagny bis Saint-Julien-Molin-Molette.

In dem kleinen und etwas heruntergekommenen Hotel im Zentrum von Chavagny ist neben dem Gastraum auch ein Kiosk eingerichtet. Das Frühstück bekommen wir in einem der hinteren Räume und freuen uns über den wohlschmeckenden Orangensaft und die zahlreichen knusprigen Croissants, die es neben dem Baguette gibt. So werden auch die drei Marmeladengläser vollends leer, die man da hingestellt hat. Anders als in den Tagen davor ist der Himmel heute bedeckt, aber es ist immer noch sehr warm. Wir schultern die Rucksäcke und sind bald am Stadtrand angelangt. Zwei Pilger aus Ravensburg kommen uns entgegen: Geldautomat! Ihr Kollege wartet weiter oberhalb und schließt sich uns an: Es ist Nikolaus aus dem Frankenland, der als Ziel seiner Wanderung den Wallfahrtsort Lourdes nennt. Wir erreichen eine kleine Kapelle aus Ziegelsteinen, die erst vor wenigen Jahren nach einem alten Vorbild wieder neu errichtet wurde. Wir haben einen schönen Blick auf Chavagny und den Rhônestrom. Ein Wegweiser nennt noch ¨1631 km bis Santiago¨. Der GR 65 steigt abwechslungsreich stetig an, führt uns durch Obstplantagen mit dicken Bewässerungsrohren, vorbei an unscheinbaren Tümpeln, in denen quakende Frösche sitzen bis in den Weiler Bessey. Inzwischen sind auch die beiden Spanier und der drahtige Franzose eingetroffen, die wir schon seit ein paar Tagen immer mal wieder getroffen haben. Der Franzose – so stellt sich später heraus – stammt aus der Normandie und hat seine diesjährige Wanderung in Budapest gestartet. Er steuert schon zum vierten Mal Richtung Santiago. Und offenbar hat er auch genügend Zeit im Gepäck.
In Bessey werfen wir einen Blick in die Kirche. Aber die Bar oberhalb des Ortes hat es uns noch mehr angetan. Hier treffen sich gegen Mittag alle, die etwas essen und trinken wollen. Wir bestellen ein regionales Bier und essen einen gemischten Salat. Die Bar ist voller Leute. Am Eingang pfeift jedes Mal wenn jemand vorbei geht, ein ¨Biber¨. Der Wirtin helfen ihre zwei kleinen Töchter, die tellerbalancierend immer wieder aus der Küche kommen und den Gästen die Speisen und Getränke zum Tisch bringen.
Die Jakobsmuschel zeigt weiter aufwärts. Am Ortsrand von Bessey treffen wir auf einen ¨Distripain¨, einen Brot-Automaten, aus dem man nach Einwurf einiger Münzen sich ein frisches Baguette ziehen kann.
Die Bergkette des ¨Parc naturel régional du Pilat¨ haben wir gestern in der flachen Rhôneebene schon vor uns aufragen sehen. Und etwas anderes hat sich verändert: Die dicken runden Kieselsteine der Ebene sind kantigen Gneissteinen gewichen. Die Landschaft erinnert nun eher an den Schwarzwald, überall blühen Ginster und die roten Lichtnelken. Gemeinsam mit Nikolaus nehmen wir den Aufstieg in Angriff: von 155 Metern im Tal sind wir bis zum Croix de St. Blandine auf 690 Meter Höhe aufgestiegen. Der GR 65 hat kleine Bachläufe gequert, führt an blau blühenden Kornblumen vorbei und an alten Fabrikruinen, deren Bewandtnis wir nur schwer erahnen können. Am breiten Berghang teilen sich kleine Dörfchen die Fläche. Wir sehen sie links und rechts in der Ferne. Nun stehen wir zwischen gelben Ginsterhecken bei der Gite d’etape Sainte-Blandine und genießen die prächtige Aussicht ins Rhônetal. Bis zu den schneebedeckten Bergen der Voralpen reicht die Sicht allerdings nicht mehr. Noch vorgestern schienen diese Bergmassive im Osten noch zum Greifen nahe.
Vier Kilometer weiter, durch kleine Weiler und efeuumrankte Laubwälder, entlang von Straßen und Bachläufen sind wir endlich am heutigen Ziel angekommen: Saint-Julien-Molin-Molette heisst der kleine Ort, in dem wir nun erstmal eine Bar ansteuern und ein Panaché bestellen. Susanne beginnt die Quartierliste durch zu telefonieren. Endlich klappt es: In der privaten Unterkunft ¨La Bohème¨ ganz in der Nähe bekommen wir eine Zusage, allerdings heisst es noch eine Stunde warten. Dabei hilft uns ein Milchkaffee. Dann können wir in einem uralten und liebevoll renovierten Haus in der verwinkelten Altstadt unsere Quartiere beziehen. Die junge Dame, die anscheinend aus Wales stammt und dem französischen Dorfleben nicht viel abzugewinnen scheint, serviert uns ab 20 Uhr ein ausgezeichnetes Abendessen auf der kleinen Terrasse. Fünf bis sieben Katzen klettern zwischen den eng gebauten Häusern und Dachvorsprüngen herum und warten auf ein Abfallstück vom Tisch. Ein paar herabfallende Regentropfen halten uns nicht vom Essen ab. Es gibt grünen Salat mit einer geschmackvollen Vinaigrette, einen Tomatenkuchen, als Hauptgang ein würzig gekochtes Hühnchen mit Nudeln und Käse-Broccoli. Und schließlich noch eine breitgefächerte Käseauswahl. Klar, dass wir prima schlafen.
Genau 20 km sind heute zusammen gekommen. 967,4 km haben sich angesammelt. Bald wird die Tausendermarke überschritten sein.


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