Maryam Rajavi, Präsidentin des NWRI, Foto: Wikipedia
Es ist bereits einige Tage her, dass verschiedene Medien meldeten, dass die Volksmudschahedin von den USA von der Liste der “Terrororganisationen” gestrichen wurde. (Die EU strich sie bereits am 26. Januar 2009 von den entsprechenden Listen.) Das wird ganz sicher zu Freudentänzen in Paris und Camp Ashraf geführt haben.
Man kann zu dieser stalinistischen “Exilregierung” der Mudschahedin nun stehen, wie man will (ich verweigere mich, dieser Gruppe Unterstützung angedeihen zu lassen): was die USA hier tat, erinnerte mich an deren Umgang mit den Taliban in Afghanistan: erst hofiert und mit Waffen und Beratern unterstützt, dann als Erzfeind bekämpft.
Auch die Mojahedin-e Khalq, kurz MEK, kam in diesen “Genuss”: “Im Rahmen von verdeckten Operationen soll das US Department of Defense durch die CIA verstärkt die MEK zur Destabilisierung des Irans unterstützen, indem sie nachrichtendienstliche Hilfe für gezielte Terroranschläge im Iran anbietet oder Mitglieder ausbildet.” (Wikipedia)
Nach der Verdammung nun wieder die Vereinnahmung der MEK als “Freiheitskämpfer?
“Die 1965 gegründeten Volksmudschahedin gelten als eine der aktivsten und militantesten Gruppierungen im Kampf gegen die Islamische Republik” schreibt die Deutsche Welle(1.). Und sie hat während des Iran-Irak-Krieges auf Seiten des irakischen Agressors Saddam Hussein gegen das eigene Volk gekämpft; eine Tatsache, die heut gern als “Fehler”dargestellt wird und weswegen die MEK bei einem Großteil der Iraner wenig Sympatie hat.
Nun, da die MEK nicht mehr als “Terrorgruppe”, sondern – wie bereits bis 2001 – als “oppositionelle Gruppe gegen das iranische Regime” gelten und – wie verlautbart wird – die USA mit Informationen im Atomstreit versorgte, könnte sie von den USA wieder als bewaffnete Organisation aufgebaut werden: im “Kampf gegen den Terror”.
“US-Außenministerin Hillary Clinton begründete die Streichung mit der Absage der Volksmudschahedin an Gewalt und der Tatsache, dass die Gruppe seit zehn Jahren keine Anschläge mehr verübt habe. Zugleich warnte sie aber, die Regierung habe die militante Vergangenheit der Gruppe nicht vergessen.”(2.) Sie werden nicht nur die militärische Vergangenheit nicht vergessen haben (im Gegenteil), sondern vor allem nicht, dass sich die Volksmudschahedin anbiederten und nun dankbar zeigen könnten.
Strukturen innerhalb der MEK
Nach Außen hin mag es nun so aussehen, als würde die MEK eine “völlig normale” Oppositionspartei sei wie viele andere auch. Doch ich möchte auf den bereits im Dezember 2006 erschienen Artikel von Bahman Nierumand verweisen(3.), in dem er schreibt:
Mit Kritikern innerhalb der Organisation kennen die Volksmudschaheddin kein Pardon. Ihnen droht Einzelhaft und Folter – manchmal bis zum Tod. In einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vom Mai 2005 heißt es, fünf geflüchtete Mitglieder hätten erzählt, Jahre lang im irakischen Gefängnis Abu Ghraib verbracht zu haben. Und Hussein Sohani, auch ein Mitkämpfer, sei achteinhalb Jahre im Stützpunkt der Volksmudschaheddin in Einzelhaft gewesen, danach weitere zwei Jahre in Abu Ghraib, bevor er schließlich an den Iran ausgeliefert worden sei. Zeugen hätten auch berichtet, dass zwei Mitglieder nach Folterungen gestorben seien.
In dem Artikel zitiert Nierumand einen US-amerikanischen Geheimdienstler mit den Worten, der auf die Frage, weshalb die US-Geheimdienste trotz der Einstufung der MEK als Terrororganisation mit ihr zusammenarbeiten: “Ich denke, weil sie vor Ort sind, und weil sie bereit sind, sich für uns einspannen zu lassen. Früher galten sie für uns als Terrororganisation. Und genau das sind sie auch. Aber jetzt sind sie unsere Terroristen.”
Die Streichung von der Liste ist der Dank dafür. So viel ist klar.
Oder, wie es Jörg Lau heute schreibt(4.): “Was die amerikanische Regierung dieser Tage verkündet hat, kommt einem Geständnis sehr nahe, dass der Schattenkrieg mit dem Iran in vollem Gange ist…” - unter der Überschrift: Der Feind meines Feindes ist nicht immer mein Freund.
Als Jemand, der ab und an mal in Geschichte aufgepasst hat und nicht am Folgetag vergisst, was er in den Nachrichten sah und hörte, frage ich mich ernsthaft: sind die Entscheider in Washington wirklich so lernbefreit wie sie tun? Lernten sie nichts als der Geschichte der Taliban? Oder der der Contra in Nicaragua?
Noch einmal Jörg Lau: “Die Volksmudschahedin anzuerkennen folgt einer diskreditierten Logik, die immer noch fälschlicherweise als »Realpolitik« gilt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Die Malaise der amerikanischen Iranpolitik hat so angefangen, mit der Unterstützung des Westens für den Schah – gegen die nationale Freiheitsbewegung. Der Schah wurde von den Islamisten gestürzt, gegen die nun der Westen wiederum die Volksmudschahedin stützt? Irre.”
Nic
1. http://www.dw.de/dw/article/0,,16272930,00.html
2. http://www.n-tv.de/politik/USA-streichen-Volksmudschahedin-article7349191.html
3. http://www.taz.de/1/archiv/?id=archivseite&dig=2006/12/13/a0155
4. http://blog.zeit.de/joerglau/2012/10/04/der-feind-meines-feindes-ist-nicht-immer-mein-freund_5745