Völkisch-Rock bald auf Deutschland-Tournee

Die Bild am Sonntag begleitete Andreas Gabalier "ein kurzes Stück auf seinem Weg". So liest man von einem erfolgreichen Jura-Studenten, dem die Anhänger von am Reißbrett durchpopularisierter Volksmusik, Slips auf die Bühne werfen. Und man ist überdies sichtlich bemüht, den jungen Mann als fleißigen und urwüchsig galanten Kerl ins rechte Licht zu rücken. Oder eher genau das nicht. Denn vom rechten Licht will man eher ablenken.
Ein Hakenkreuz aus Fleisch und Blut

Völkisch-Rock bald auf Deutschland-Tournee

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Gabalier wurde schon mehrfach der Kritik ausgesetzt. Er selbst schweigt sich dazu aus. Vorallem das Cover seines Albums Volks-Rock 'n' Roller, auf dem er körperlich ein Hakenkreuz andeutet, empörte nachhaltig. Dass sich "Italiener, Deutsche und Japaner" in einer Textzeile grüßen, ist schon ein komischer Zufall mit den Achsenmächten. Und dass er meint, die Freundschaft "prägt [ein Männerleben] wie ein eisernes Kreuz", ist noch so ein zufälliger Wink mit dem Zaunpfahl.

Überhaupt geht es bei Gabaliers angepassten Alm-Folk-Rock immer auch um Kameradschaft, die Heimat und die Verbundenheit mit Land und Leuten. Er ist temporeicher Schmalz auf Blut-und-Boden-Basis und er reichert den ganzen Sud um einige Sentenzen an, die wie Bodenständigkeit klingen, die aber nicht weniger als völkische Romantik sind. Nebenher läßt er sich gerne als gestählten und schön gegelten Kerl ablichten, ein wenig Riefenstahl-Optik einfließen, um die Geschichte vom jungen Studenten, der die Welt der Volksmusik erobert und Hallen füllt, als seinen ganz persönlichen Triumph des Willens hinzustellen.
Blut-und-Boden-Ideologie meint, dass das Blut für Abstammung und der Boden für Nahrungsgewinn und Lebensraum steht. Und so singt Gabalier vom Steirerland und von Obersteirer. Andere Titel nennen sich Heimatburschen oder Meine Heimat. Im Lied Bergbauernbuam singt er Unsa Buttabrot ess ma mit Pfeffa und Soiz / Sten auf Speckknedl, Schweinsbrotn und Grammlschmoiz - was der Boden halt so hergibt. Andere singen auch vom Essen, sicherlich - aber die romantische Verklärung vom Essen und Abstammung, sie ist der romantische Rückgriff auf das, was Blut und Boden ausmacht. Gabalier gibt sich hier als singender Blubo-Poet und feiert den Lebensraum in Partymusik.
Die Stilistik, mit der sich das Völkische zum Sonntagsbrötchen vorstellt
Auch in dem Artikel, den die Bild am Sonntag brachte, wiederholt sich manches hiervon. Gabalier spricht von Heimat, von Wiesen, in die er sich setzt und von Bergen. Sein Mädel, so sagt er ungeniert, "muss von daheim kommen". Diese "Bodenständigkeit" mag der unbedarfte Leser, er glaubt, da sei einer auf den Teppich geblieben, wolle nicht abheben. Im Arrangement seiner Botschaft klingt dieses "... von daheim kommen ..." freilich etwas anders. Das Völkische wird zur Naturburschenschaft umgedeutet, zu einem eigentlich erstrebenswerten, weil natürlichen Zustand, die Grenze zwischen ökologischem Bewusstsein und Öko-Faschismus verschwimmen. Andrea Berg nennt diese Haltung "so authentisch" und nimmt so die Brisanz heraus, macht ihn zu einem "ehrlichen Makler" völkischer Ansichten.
Er wirkt keck, erzählt aber dennoch die Geschichte von seinem Vater und seiner Schwester, die sich das Leben nahmen. Das kommt an, das heizt Mitleid an und macht jeden völkischen Ansatz verzeihlich. Dass er nicht schwul aussehen mag, scheint ihm wichtig zu sein. Womöglich ist das Schwule auch etwas, was dem "Naturburschen" nicht sonderlich natürlich vorkommt.
Der völkische Rock 'n' Roller und seine ihn entpolitisierenden Anhänger
Kritik an diesem Rock 'n' Roller erntet so folgerichtig Empörung. Seine Anhänger halten es für ein Politikum und für Gesinnungsterror, wie man mit ihrem Andi umspringt. Man kenne ihn ja schließlich gar nicht persönlich. Und die Vorwürfe seien allesamt an den Haaren herbeigezogen. Es sei der pure Neid, weil da jemand Erfolg habe. Wahnwitzig nennen sie es, dass man ein Hakenkreuz aus seiner Körperhaltung herausdeute - und seine Texte sagten nicht das aus, was man ihm vorwirft. Mit "Italiener, Deutsche und Japaner", das ja im Lied Biker vorkommt, meine er lediglich verschiedene beliebte Maschinentypen. Doppeldeutigkeit ist seinen Anhängern scheinbar völlig fremd, der Andi sagt es ja immer so, wie er es meint. Und so ehrlich singt er vermutlich auch.
Volkes Stimme erhebt sich zur völkischen Stimme. Und so entpolitisiert sie Gabalier. Es sind nicht nur seine Anhänger dabei, sondern auch solche, die tunlichst betonen, ihn nicht zu hören, die aber von der linken Hetzjagd angewidert seien. Auch sie entpolitisieren diesen völkischen Tiefgang, erklären Heimatverklärung und Blut-und-Boden-Metaphorik zum Songtext, der ja nichts weiter bedeute, als gute Laune erzeugen zu wollen. Er heize nur zur Party ein, trommle aber keine Parolen. Die Stimmungskanone erhält Flankenschutz und wird zum unbescholtenen Musiker erklärt. Dass dieses völkische Gekuschel ein durchgängiges Konzept bei ihm ist, dass er also im weitesten Sinne völkische Konzeptalben auf den Markt bringt, wird strikt geleugnet und als Verfolgungswahn der Kritiker diffamiert.
Hintertürchen der völkischen (Tanz-)Bewegung
Der fröhliche Botschafter dieser völkischen Bewegungsübung tritt Ende September seine Deutschland-Tournee an. Dieses Hintertürchen zum Völkischen ermöglicht RTL. Die Bild am Sonntag poliert diese fröhliche Stimmungskanone pflichtgemäß auf - die übliche Kooperation zwischen RTL und Springer.
Natürlich ist Gabalier kein politischer Redner, natürlich sind seine Texte keine Programme. Aber mit diesem lausigen Romantizismus, bereitet er die völkische Denkweise auf, macht den Boden fruchtbar, erzeugt bei seinen Zuhörern den Eindruck, es sei ja nichts dabei, so zu ticken. Diese völkische Inspiration wird nicht nur zur irgendwie peinlich zu versteckenden Denkart, sondern gleich zur Tanzbewegung, zu einem lustigen Ausgelassensein, also eine offen zur Schau getragene Weltsicht. Natürlich reißt man mit musikalischer Botschaft keine Schneisen, aber man trägt die Sensibilität ab, macht es für den politischen Alltag leichter, sich einer neuen Völkelei zu verschreiben. Denn am Völkischen kann nichts Schlechtes sein, wie es ja schon dieser Naturbursche aus Österreich, dieser Gabalier, vorlebt und vorsingt.

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