Oder hatte der Arzt den Überblick nicht mehr? Da kam letztes Jahr ein Kunde zu uns mit einem Rezept, auf dem Folgendes verschrieben war:
- Glucophage 500mg FTA 120 Stck N2
- Metformin 1000mg FTa 120 Stck N2
- Janumet 50/850 FTA 196 Stck N3
Dosierung laut meiner Rückfrage beim Patienten: erstes Präparat: 3×1, zweites: 3×1, drittes: morgens. Tja, da kommt man schon ins Staunen, denn: Glucophage enthält als Wirkstoff: Metformin. Das zweite Präparat, wie der Name schon erkennen lässt, auch. Und das Dritte ist ein Kombi-Präparat aus Sitagliptin und… ja klar, Metformin.
Metformin dürfe fast jedem Typ-II-Diabetiker bekannt sein – es ist ein Arzneistoff, der die Glucosebildung in der Leber hemmt und – wahrscheinlich, so genau weiß man das noch nicht – die Aufnahme von Glucose aus dem Darm verringert. Insgesamt sorgt es einfach dafür, dass der Blutzuckergehalt niedrig gehalten wird.
Tja – und die Höchstdosis für Metformin beträgt 3 x 1000mg (es gibt auch Quellen, die 3 x 850mg als Höchstdosis angeben). Der Kunde mit dem Rezept oben hätte aber 1500 + 3000 + 850 = 5350mg jeden Tag zu sich genommen – und die Nebenwirkungen von Metformin sind nicht ohne: Neben häufiger auftretenden Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Magen-Darm-Problemen kann auch – sehr selten, aber bei einer solchen dauerhaften Überdosierung wohl zu befürchten – eine sogenannte Laktazidose eintreten. Dabei kann durch Veränderungen im Stoffwechsel vermehrt Laktat (Milchsäure) entstehen und sich anreichern. Das passiert eigentlich bei vielen Stoffwechselvorgängen im Körper und ist normalerweise gar kein Problem. Wird der Organismus aber aufgrund veränderter Stoffwechselvorgänge mit einem Zuviel an Milchsäure nicht mehr fertig, steigt auch der Lakat-Gehalt im Blut, es kommt zu einer gefährlichen Verschiebung des Säure-Basen-Haushalts in Richtung Säure (= Azidose). Anfangs äussert diese sich zum Beispielauch durch Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen. Später treten dann Muskelschmerzen und -krämpfe auf, die Atmung wird heftiger (Versuch des Organismus, verstärkt über die Lunge den Säure-Base-Haushalt zu regulieren) und es kommt zu Bewusstseinseintrübungen. Schon nach Stunden kann der Patient ins Koma fallen, und rund die Hälfte der Patienten, bei denen es soweit kommt, sterben.
Da ist es einmal mehr gut, dass Medikationen in Deutschland von mindestens zwei Personen (Arzt und Apotheker) kontrolliert werden – und die Abgabe durch pharmazeutisches Personal erfolgt, dass sich genau auskennt! In dem genannten Fall führte dann das Telefonat mit dem Arzt dazu, dass ein Präparat (Metformin 1000) gestrichen wurde.
Und man sollte es nicht meinen, aber solche oder ähnliche Fälle treten immer wieder mal auf… Und damit das hier nicht ein Arzt-Kritik-Beitrag wird (das soll es nicht): Ich weiß, dass auch uns als Apothekern durchaus mal ein Fehler passieren kann. Klar – dürfen darf es das sowohl beim Arzt als auch beim Apotheker nach Möglichkeit nicht – aber es passiert.