Verwaltungsgericht genehmigt Nazi-Fackelzug in Pforzheim

20.2.2012 – Am 23. Februar jährt sich der Bombenangriff auf die Stadt Pforzheim zum 67. Mal. Traditionell rufen rechtsextreme Gruppen an diesen Tag zu einer Mahnwache auf, die den Angriff als „alliiertes Kriegsverbrechen“ geißelt.

Verwaltungsgericht genehmigt Nazi-Fackelzug in PforzheimIn diesem Jahr wollte die Stadt Pforzheim zumindest unterbinden, dass die Nazis mit Fackeln aufmarschieren und erlegte den Rechtsextremisten ein entsprechendes Verbot auf. Dieses wurde heute allerdings vom Verwaltungsgericht in Karlsruhe aufgehoben.

Verwaltungsgericht genehmigt Nazi-Fackelzug in Pforzheim

 Nicht „aggressiv-kämpferisch“ genug

Das Verbot vom 3. Februar 2012 geht auf eine Initiative des Oberbürgermeisters von Pforzheim, Gert Hager (SPD), zurück. Unter dem Eindruck der Ende 2011 aufgedeckten Mordserie der rechtsterroristischen NSU könne die Stadt die rechtsextremen Umtriebe nicht länger dulden, hieß es in einem entsprechenden Aufruf des „Bündnis Pforzheim Nazifrei“.

Einer der Veranstalter der rechtsextremen Mahnwache, der Verein „Ein Herz für Deutschland e.V.“ beantragte daraufhin beim zuständigen Verwaltungsgericht in Karlsruhe die „Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsrechtliche Auflagen der Stadt Pforzheim“. Diesem Antrag wurde von der zweiten Kammer des Gerichts heute stattgegeben. Im Ergebnis dürfen die Nazis bei ihrer Mahnwache brennende Fackeln mitführen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Begründung der Richter: Das Mitführen von Fackeln verstößt nach deren Auffassung nur dann gegen die öffentliche Ordnung, wenn Fackeln als „typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise” eingesetzt würden. In einer Presseerklärung des Gerichts heißt es unter anderem:

„Auch eine Berücksichtigung der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, in denen der Antragsteller stets Fackeln bei der stillen Mahnwache mitgeführt habe, lasse derzeit keinen Raum für die Annahme, dass durch die Verwendung von Fackeln nationalsozialistische Veranstaltungsrituale aufgegriffen würden, die bei der Bevölkerung Assoziationen an paramilitärische Aufmärsche hervorrufen könnten.“

Vor dem Hintergrund unserer Geschichte gehört schon eine ganze Menge Ignoranz dazu, einen Aufzug schwarz gekleideter Nazis, die mit Springerstiefeln durch die Stadt marschieren und dabei lodernde Fackeln schwenken, nicht als „Symbol nationalsozialistischer Machtausübung“ zu betrachten.

Irritierend wirkt zudem der Titel der offiziellen Presseerklärung des Gerichts in Karlsruhe:

„Eilantrag gegen versammlungsrechtliches Verbot des Mitführens von Fackeln erfolgreich.“

Die Entscheidung der Richter ist eine Sache. Das Stattgeben eines Antrags der Nazis zusätzlich aber auch noch als Erfolg zu werten, macht betroffen.

Verwaltungsgericht genehmigt Nazi-Fackelzug in Pforzheim

Fackeln aus! – Pforzheim setzt Zeichen

Unter dem Motto Fackeln aus! – Pforzheim setzt Zeichen hat das „Bündnis Pforzheim Nazifrei“ für den 23.Februar zu einer Kundgebung auf den Markplatz eingeladen. Hier haben die Bürger die Möglichkeit, Zivilcourage zu zeigen und gegen den Aufmarsch Rechtsradikaler und Rechtsextremer zu demonstrieren.

Oberbürgermeister Gert Hager hat die Entscheidung des Karlsruher Verwaltungsgerichts heute kritisiert und angekündigt, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschwerde einzulegen. Nach seiner Auffassung habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seiner heutigen Eilentscheidung zu wenig berücksichtigt, dass diese sogenannte Mahnwache mit Fackeln in diesem Jahr eine ganz besondere Provokation darstelle. Denn sie schände nicht nur den Gedenktag am 23. Februar, der für die Stadt Pforzheim und ihre Bürgerinnen und Bürger so wichtig sei. Sie provoziere auch in ganz unerträglicher Weise die Opfer der fremdenfeindlichen Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds, an die am 23. Februar 2012 zum ersten Mal gedacht wird.

Allen Lippenbekenntnissen der Politik zum Trotz kann es noch sehr lange dauern, bis das konsequente Eintreten gegen rechtsradikale Ideologien und ihre Vertreter die Kommunen, Behörden und Gerichte erreicht. Bis dahin gilt es, den Widerstand selber in die Hand zu nehmen und sich den Nazis mutig in den Weg zu stellen.

 


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