Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauens

Nach Auschwitz war Treblinka die größte Menschenvernichtungsstätte der Nationalsozialisten. In einer mündlichen Besprechung, am 17. April 1942, erteilte der Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, dem SS-und Polizeiführer des Distrikts Warschau, Arpad Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren GrauensWigand, den Befehl zur Errichtung des Vernichtungslagers Treblinka. Die entsprechenden Bauarbeiten begannen Ende Mai 1942, die Bauaufsicht hatte SS-Hauptsturmführer Richard Thomalla, der im Zivilberuf Bauingenieur war und bereits Erfahrung beim Bau von Vernichtungslagern gesammelt hatte, da er bereits vorher das Vernichtungslager Sobibór errichtete. Beim Bau der Gaskammern unterstützte ihn SS-Unterscharführer Erwin Lambert, ein Bauführer aus dem ‚Euthanasie-Programm’, in technischen Fragen. Das ganze Lager war in drei etwa gleich große Bereiche unterteilt, das so genannte Wohngebiet für die Wachmannschaften und die Häftlingsbaracken, das Auffanglager und das Todeslager, das auf dem ansteigenden Gelände lag. Ein 100 × 100 m großer Bereich im Wohngebiet war das eigentliche Gefangenenlager mit drei großen Schlafbaracken, Werkstätten und Lagern für die Hinterlassenschaften der ermordeten Menschen. Daneben lagen der Appellplatz und die Latrine. Alles war separat mit Stacheldraht eingezäunt. Der Vernichtungssektor befand sich auf einer Fläche von 200 × 250 m im Südwesten und war durch Stacheldraht vollständig vom übrigen Lager getrennt, in den Stacheldraht wurden Zweige eingeflochten, als Sichtschutz. Von außen war der Vernichtungsbereich nicht einzusehen. Die Gaskammern befanden sich in einem massiven Ziegelbau im Zentrum. Die Wege dorthin, einschließlich des ‚Schlauchs’, durch den die zu vergasenden Menschen getrieben wurden, von den SS-Mannschaften ‚Himmelsstrasse’ genannt, waren nach dem Muster von Sobibór und Belzec angelegt, so dass ein ‚reibungsloser’ Ablauf der Vernichtung erfolgen konnte. Anfangs waren drei Gaskammern in Betrieb, von denen jede 4 × 4 m groß und 2,6 m hoch war. In einem angebauten Raum stand ein Dieselmotor, der giftiges Kohlenmonoxyd erzeugte, daneben ein Generator für die gesamte Stromerzeugung. Die Eingangstüren der Gaskammern öffneten sich zu einem Korridor vor dem Gebäude; jede Tür war 1,8 m hoch und 90 cm breit. Die Türen konnten von außen hermetisch abgeschlossen werden. Die Wände in den Gaskammern waren bis zu einer bestimmten Höhe weiß gefliest, Duschköpfe waren Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauensangebracht, Wasserleitungen liefen die Decke entlang; alles um die ‚Duschversion’ für die angekommenen Menschen, aufrechtzuerhalten. Bei geschlossenen Türen war der Raum vollkommen finster. Östlich der Gaskammern befanden sich riesige Gruben, sie waren 50m lang, 25 m breit und 10 m tief. Für den Transport der Leichen von den Gaskammern zu den Gruben war ein Schmalspurgleis gelegt worden, so hatten Häftlinge diese in Loren dorthin zu schaffen. Die Hauptvernichtungsanlage war bis Mitte Juni 1942 fertig gestellt. Die Mordaktionen begannen am 23. Juli 1942. Auf dem Weg zur Front sah der Wiener Hubert Pfoch auf dem Bahnhof von Siedlce einen Transport jüdischer Menschen, der für Treblinka bestimmt war. Er schrieb in sein Tagebuch: „Am nächsten Morgen, dem 22. August 1942, wurde unser Zug auf ein Gleis nahe dem Bahnsteig rangiert. Ein Gerücht verbreitete sich, dass der Zug vor uns ein Judentransport sei. Die Juden riefen uns zu, dass sie schon tagelang ohne Nahrung und Wasser waren. Als sie in die Güterwagen hineingetrieben wurden, waren wir Zeugen einer grässlichen Szene. Die Körper derer, die in der vorangegangenen Nacht erschossen worden waren, wurden auf einen Lastwagen geworfen. Er musste viermal fahren, um alle fortzubringen. [...] Schreie nach Wasser: ‚Ich gebe dir meinen Goldring für Wasser’, drangen aus dem Wagen. Einige boten 5 000 Zloty für ein Glas Wasser. Als ein paar wenige es schafften, durch die Luftlöcher aus dem Wagen zu gelangen, wurden sie erschossen, noch ehe sie den Boden berührten. [...] Zu dem Zeitpunkt, als unser Zug den Bahnhof verließ, lagen mindestens 50 tote Frauen, Männer und Kinder, manche total nackt, auf den Schienen. [...] Unser Zug folgte dem Transport, und wir sahen weiterhin Körper auf beiden Seiten der Schienen, Kinder und andere. [...] Als wir am Bahnhof von Treblinka ankamen, stand der Transport wieder neben uns. Einige von uns erbrachen sich wegen des Gestanks der verwesenden Körper. Die Bitten um Wasser waren nun eindringlicher, und das wilde Herumschiessen der Wachen ging weiter …“ Die Lagerbesatzung bestand aus 30 bis 40 Deutschen und Österreichern, die das Lager verwalteten, und der Wachmannschaft, etwa 100 bis 120 Personen, vor allem ukrainischer Herkunft, so genannten Trawniki. Kommandant des Lagers wurde Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauensder Arzt Irmfried Eberl, der als Arzt von 1940 bis 1942 medizinischer Leiter der Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg im Rahmen der Aktion T4, der Euthanasie, war. Später wurde Eberl von Franz Stangl, vorher Lagerleiter von Sobibór, abgelöst. Stellvertretender Kommandant war Kurt Franz. Das Aufgabengebiet von Franz im Vernichtungslager Treblinka wird im Urteil des Landgerichtes Düsseldorf vom 3. September 1965 wie folgt beschrieben: „In Treblinka, wo infolge der Unfähigkeit des ersten Lagerkommandanten Dr. Irmfried Eberl die gesamte Vernichtungsmaschinerie durcheinander geraten war und alles drunter und drüber ging, übernahm der Angeklagte zunächst die Führung der ukrainischen Wachmannschaften und brachte diesem ‚wilden Haufen‘, wie er sich ausdrückte, erst einmal militärische Zucht und Ordnung bei. Dabei ließ er es aber nicht bewenden, sondern kümmerte sich schon bald um den gesamten Lagerbetrieb, den er mit und unter der Leitung Wirths neu aufbaute und durchorganisierte. Er kümmerte sich dabei um alles, was im Lager vor sich ging, und stieg gar bald zum Stellvertreter des Lagerkommandanten auf. In dieser Eigenschaft hatte er alle Zügel in der Hand und auf den ganzen Ablauf des Lagergeschehens einen uneingeschränkten Einfluss, zumal der Nachfolger von Dr. Eberl, der spätere SS-Hauptsturmführer Stangl, sich um den äußeren Dienstbetrieb nur wenig oder fast gar nicht kümmerte und sich draußen kaum sehen ließ. Franz nahm tatkräftig an allen im Lager anfallenden Arbeiten Anteil, inspizierte die Lagereinrichtungen im unteren wie im oberen Lager sowie die verschiedenen Arbeitskommandos. [...]“ Die Massentötungen in Treblinka begannen am 23. Juli 1942 an Juden aus dem Warschauer Ghetto. Es folgten Transporte aus den Distrikten Radom und Lublin des ‚Generalgouvernements’ sowie dem Bezirk Bialystok. Allen ankommenden Juden wurde erklärt, sie befänden sich in einem ‚Durchgangslager’ und würden nach dem Duschen und der Desinfektion ihrer Kleider in ein Arbeitslager überstellt. Anfänglich gab es dahingehend keine Befürchtungen seitens der polnischen Juden, da bei ihnen der Ort ‚Treblinka’ durchaus etwas sagte, sie verbanden das mit dem etwas entfernteren Arbeitslager Treblinka, auch Arbeitslager I genannt. So gingen die ersten Tötungsaktionen auch ‚reibungslos’ von statten, bis es sich herumsprach, welch Todeshölle dieses Treblinka wirklich war. Nach Männern und Frauen getrennt mussten sie sich ausziehen und ihr Gepäck abgeben. Anschließend trieben SS-Männer die Juden durch den ‚Schlauch’ direkt in die als Duschräume getarnten Gaskammern. Ein im Nebenraum installierter Dieselmotor erzeugte das Giftgas, das in die Gaskammern eingeleitet wurde. Ein aus Juden bestehendes Arbeitskommando musste anschließend die Leichen nach versteckten Wertsachen durchsuchen, die Haare abschneiden, die Goldzähne entfernen und die Körper schließlich in Massengräber werfen. Diese aus den Transporten ausgewählten ‚Arbeitsjuden’ wurden als Zeugen des Massenmords in regelmäßigen Abständen von der SS getötet und durch Neuankömmlinge ersetzt. Täglich kamen anfangs Transporte von bis zu 10.000 Menschen. Ende August 1942 waren bereits rund 270.000 Juden ermordet worden. Anfang Oktober 1942 ließ der neue Lagerkommandant Stangl zehn neue Gaskammern errichten, welche insgesamt 4.000 Menschen fassen konnten. Hintergrund war der Befehl Himmlers, bis Jahresende alle Juden des ‚Generalgouvernements’ zu ermorden. Bis zum Frühjahr 1943 wurden so fast eine Million Menschen, überwiegend polnische, slowakische, griechische, mazedonische und jugoslawische Juden sowie Bewohner des Ghettos Theresienstadt in Treblinka, aber auch rund 30.000 nichtjüdische Polen und tausende Sinti und Roma vergast. Auszug von Kommandant Franz Stangls Erklärung während seines Prozesses in Düsseldorf: „Wir konnten die brennenden Körper von vielen Kilometern Entfernung riechen. Die Straße lief neben den Gleisen. Als wir näher an Treblinka kamen, aber vielleicht noch fünfzehn bis zwanzig Minuten Autofahrt entfernt waren, sahen wir Leichen neben den Schienen liegen, zunächst nur zwei oder drei, dann immer mehr und als wir im Treblinka Bahnhof ankamen, lagen dort Hunderte von ihnen – die einfach dort liegen geblieben waren- offensichtlich seit Tagen in der Hitze. In dem Bahnhof stand ein Zug voll mit Juden, einige tot, andere noch am Leben – es sah aus, als ob sie schon seit einigen Tagen dort waren… Tausende von faulenden und verwesenden Leichen lagen überall. Über den Platz im Wald, nur wenige hundert Meter entfernt auf der anderen Seite des Stacheldrahtzauns, gab es Zelte und offene Feuer, wo Gruppen von ukrainischen Wachen und Mädchen – Huren aus Warschau fand ich später heraus fand – sich betranken, tanzten, sangen und musizierten. Dr. Eberl, der Kommandant, führte mich durch das Lager, überall waren Schüsse zu hören.“

Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauens

Abraham Goldfarb, er kam am 25. August 1942 an, beschrieb seine Erlebnisse in Treblinka die Vergasung so: „Auf dem Weg zu den Gaskammern standen an beiden Seiten des Zauns Deutsche mit Hunden. Die Hunde waren darauf abgerichtet, Menschen anzufallen; sie bissen die Männer in die Genitalien und die Frauen in die Brüste und rissen Fleischstücke heraus. Die Deutschen schlugen mit Peitschen und Eisenstangen auf die Menschen ein, um sie anzutreiben, so dass sie schnell in die ‚Duschen’ drängten. Die Schreie der Frauen waren weithin zu hören bis in die anderen Lagerbereiche. Die Deutschen trieben die rennenden Opfer an mit Rufen wie: ‚schneller, schneller, das Wasser wird kalt, und andere müssen auch noch unter die Duschen’. Um den Schlägen zu entkommen, rannten die Opfer so schnell sie konnten zu den Gaskammern, wobei die Starken, die Schwachen zur Seite drängten. Am Eingang der Gaskammern standen zwei Ukrainer Ivan Demaniuk und Nikolai, der eine mit einer Eisenstange, der andere mit einem Schwert bewaffnet. Auch sie trieben die Menschen mit Schlägen an. [...] Sobald die Gaskammern voll waren, schlossen die Ukrainer die Türen und starteten die Maschine. 20 bis 25 Minuten später schaute ein SS-Mann oder ein Ukrainer durch ein Fenster an der Tür. Wenn sie feststellten, dass alle erstickt waren, mussten die jüdischen Häftlinge die Türen öffnen und die Körper herausholen; da die Kammern überfüllt waren und die Opfer sich gegenseitig angefasst hatten, standen sie alle aufrecht und waren wie ein einziger Fleischblock.“ Die Gesamtzahl der zwischen 22. Juli 1942 und dem 21. August 1943 ermordeten Menschen im Vernichtungslager Treblinka liegt deutlich über 700.000 und wird auf bis zu 1,1 Millionen Menschen aus ganz Europa geschätzt. Anfang März 1943 ließ die SS die Massengräber öffnen und die Leichen verbrennen, um die Spuren des Verbrechens zu verwischen.

Die Gleise auf der Bahnstrecke Siedlce-Treblinka-Malkinia existieren noch, werden aber nicht mehr genutzt. Diese Region Polens zählt zu der am dünnsten besiedelten Region Polens. In den Dörfern finden wir überwiegend noch die traditionellen Holzhäuser vor. Was den Besuchern immer wieder beeindruckt, ist die in den letzten Jahren vorgenommene Gestaltung der Gedenkstätte. Mit einfachen Mitteln wird hier versucht, die Tragödie nachzuzeichnen und dem Besucher die Barbarei der Deutschen vor Augen zu führen.

Weiterlesen:

➼ Treblinka • Das wenig bekannte Arbeitslager I

➼ Sobibór · Ort der Menschen-Vernichtung

➼ Trawniki • SS-Hilfskräfte

darüber hinaus:

➼ Massen-Euthanasie • Aktion T4

➼ Orte der Erinnerung • Die Tötungsanstalt Bernburg

➼ Orte der Erinnerung • Die Tötungsanstalt Brandenburg

Bild 1: Bahnhof Treblinka – Quelle: shoahportal.at · Bild 2: Wagenladung · scullyoi.beepworld.de · Bild 3: Skizze Treblinka – Quelle: wikimedia.org · Bild 4: Frauen vor der Gaskammer – Quelle: scullyoi.beepworld.de


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