Es hat sie zu allen Zeiten gegeben. Immer. Auch als es sie laut Geschichtsbuch nicht gab, so gab es sie doch. Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte verhinderter Diktatoren - und solcher, die nicht verhindert wurden. Dabei kamen nur die wenigsten von ihnen an Macht.
Schläfer. So nennt man sie heute wohl. Mehr oder minder heimlich - wahrscheinlich minder! - leben sie unter uns. Diktatoren! Damit sind nicht die ausführenden Kräfte, die CEOs des Kapitals gemeint. Sie sind nur Angestellte des Diktats. Damit sind die gemeint, die würden, wenn sie dürften - und die täten, wenn sie könnten. Die sitzen nicht in Staatskanzleien - sie sitzen am Stammtisch; man begegnet ihnen nicht bei Parteitagen - sie sitzen einem in der S-Bahn gegenüber. Sie sind verhindert; das Potenzial wäre da, nur fehlt es an Beziehungen, an Antrieb, an Charisma.
Wir leben in demokratischen Zeiten. Gut, das vereinte Europa beweist gerade, wie demokratisch es wirklich gesittet ist - und die ökonomisierte Republik, die überall Fuß gefasst hat, sie hält Demokratie auch nur für Zierat; für ein stolzes Ornament, das am Kunstwerk Abendland zu bestaunen ist. Dennoch, der Anstrich ist demokratisch. Zeit verhinderter Diktatoren! Heute haben sie Aussichten, heute wittern sie Chancen - das war zu Zeiten, da die Demokratie Konjunktur hatte, als man mehr von ihr wagen wollte, ganz anders. Aber auch in diesen Zeiten lebten Diktatoren. Zu kurz gekommene Diktatoren, die ihr Diktat gerne Mitmenschen mitteilten. Das gäbe es bei mir nicht!, beschlossen sie ihre Ausführungen. Ausweisen! Abschieben! Einsperren! Zuchthaus! Erschießen!
Die wenigsten von ihnen haben es je zu ihrem Traumberuf gebracht. Postkartenmaler war einer, der sich aus der Verhinderung lösen konnte - dessen Paladine eingeschlossen. Es gibt aber unzählige Anwärter auf so ein Amt - viele scheuen die Mühe jedoch; dazu kommen die Strukturen, die einen solchen Aufstieg erschweren; wenn man aber schon so weit wäre, "etwas zu sagen zu haben", dann wüssten sie ganz genau, was zu tun sei. Eiserner Besen wären sie - rigoros und eiskalt. Momentan füllen sie die Leserbriefspalten von Zeitungen oder die Kommentarleisten von Foren und Weblogs und verfügen somit ihr Diktat dergestalt, dass sie Moslems ausweisen, gegen sie Krieg führen, sie umerziehen wollen; andere rufen nach Todesstrafe; dann sind da welche, die Zucht- und Arbeitseinrichtungen für wegweisend halten - sie wollen ihren Typus anderen aufnötigen, um es mal frei nach Nietzsche zu sagen. Lauter kleine Diktatoren...
Die große Leistung des demokratischen Zeitalters, das in unseren Gefilden ja relativ spät angebrochen ist, war stets, dass man die Legionen geifernder Diktatoren, die ihren Menschenhass und ihre Abneigung gegen alles Lebende nicht in den Griff bekamen, an den Stammtisch der Bedeutungslosigkeit verbannte. Manchmal erhob sich auch von dort einer und geriet in demokratische Mühlen - das dann meist relativ belanglos. Man verbannte ihn dann auf einen Posten, den er selbst für viel zu unbedeutend hielt, machte ihn beispielsweise zum bayerischen Ministerpräsidenten, nicht zum Kanzler, als den er sich selbst schon sah. Das strikte freiheitlich-demokratische Bekenntnis, es war Garant für verhinderte Diktatoren, die uns nur noch im Alltag beim Bier ärgerten, nicht mehr aber per Führererlass.
Das Bekenntnis kommt uns dieser Tage immer mehr abhanden. Eugenik ist wieder freie Meinungsäußerung; verbreitete Fremden-Stereotype auch. Man kann als besorgtes Elternteil für Todesstrafe plädieren. Arbeitslager für Arbeitslose gelten als innovativ, nicht als bedenklich im Hinblick auf Menschenrechte. Das Bekenntnis ist verstummt. Und das macht diese Zeiten so gefährlich. Die ganzen Westentaschen-Diktatoren, sie können als Masse Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben, niemand hemmt mehr deren Beißreflexe. Schweigende Mehrheit nennt man die dann, obwohl sie gar nicht schweigen. Es steht kein Journalismus als vierte Säule mehr dazwischen und mahnt. Wehe, diese verhinderten Diktatoren aus der Masse, die die Demokratie als Gefährdung für Sitte und Anstand, Wohlstand und Reichtum anerkennen, haben irgendwann politischen Einfluss - oder haben sie ihn vielleicht nicht schon? Nennt man diesen Einfluss nicht auch bürgerliche Mitte?
Schläfer. So nennt man sie heute wohl. Mehr oder minder heimlich - wahrscheinlich minder! - leben sie unter uns. Diktatoren! Damit sind nicht die ausführenden Kräfte, die CEOs des Kapitals gemeint. Sie sind nur Angestellte des Diktats. Damit sind die gemeint, die würden, wenn sie dürften - und die täten, wenn sie könnten. Die sitzen nicht in Staatskanzleien - sie sitzen am Stammtisch; man begegnet ihnen nicht bei Parteitagen - sie sitzen einem in der S-Bahn gegenüber. Sie sind verhindert; das Potenzial wäre da, nur fehlt es an Beziehungen, an Antrieb, an Charisma.
Wir leben in demokratischen Zeiten. Gut, das vereinte Europa beweist gerade, wie demokratisch es wirklich gesittet ist - und die ökonomisierte Republik, die überall Fuß gefasst hat, sie hält Demokratie auch nur für Zierat; für ein stolzes Ornament, das am Kunstwerk Abendland zu bestaunen ist. Dennoch, der Anstrich ist demokratisch. Zeit verhinderter Diktatoren! Heute haben sie Aussichten, heute wittern sie Chancen - das war zu Zeiten, da die Demokratie Konjunktur hatte, als man mehr von ihr wagen wollte, ganz anders. Aber auch in diesen Zeiten lebten Diktatoren. Zu kurz gekommene Diktatoren, die ihr Diktat gerne Mitmenschen mitteilten. Das gäbe es bei mir nicht!, beschlossen sie ihre Ausführungen. Ausweisen! Abschieben! Einsperren! Zuchthaus! Erschießen!
Die wenigsten von ihnen haben es je zu ihrem Traumberuf gebracht. Postkartenmaler war einer, der sich aus der Verhinderung lösen konnte - dessen Paladine eingeschlossen. Es gibt aber unzählige Anwärter auf so ein Amt - viele scheuen die Mühe jedoch; dazu kommen die Strukturen, die einen solchen Aufstieg erschweren; wenn man aber schon so weit wäre, "etwas zu sagen zu haben", dann wüssten sie ganz genau, was zu tun sei. Eiserner Besen wären sie - rigoros und eiskalt. Momentan füllen sie die Leserbriefspalten von Zeitungen oder die Kommentarleisten von Foren und Weblogs und verfügen somit ihr Diktat dergestalt, dass sie Moslems ausweisen, gegen sie Krieg führen, sie umerziehen wollen; andere rufen nach Todesstrafe; dann sind da welche, die Zucht- und Arbeitseinrichtungen für wegweisend halten - sie wollen ihren Typus anderen aufnötigen, um es mal frei nach Nietzsche zu sagen. Lauter kleine Diktatoren...
Die große Leistung des demokratischen Zeitalters, das in unseren Gefilden ja relativ spät angebrochen ist, war stets, dass man die Legionen geifernder Diktatoren, die ihren Menschenhass und ihre Abneigung gegen alles Lebende nicht in den Griff bekamen, an den Stammtisch der Bedeutungslosigkeit verbannte. Manchmal erhob sich auch von dort einer und geriet in demokratische Mühlen - das dann meist relativ belanglos. Man verbannte ihn dann auf einen Posten, den er selbst für viel zu unbedeutend hielt, machte ihn beispielsweise zum bayerischen Ministerpräsidenten, nicht zum Kanzler, als den er sich selbst schon sah. Das strikte freiheitlich-demokratische Bekenntnis, es war Garant für verhinderte Diktatoren, die uns nur noch im Alltag beim Bier ärgerten, nicht mehr aber per Führererlass.
Das Bekenntnis kommt uns dieser Tage immer mehr abhanden. Eugenik ist wieder freie Meinungsäußerung; verbreitete Fremden-Stereotype auch. Man kann als besorgtes Elternteil für Todesstrafe plädieren. Arbeitslager für Arbeitslose gelten als innovativ, nicht als bedenklich im Hinblick auf Menschenrechte. Das Bekenntnis ist verstummt. Und das macht diese Zeiten so gefährlich. Die ganzen Westentaschen-Diktatoren, sie können als Masse Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben, niemand hemmt mehr deren Beißreflexe. Schweigende Mehrheit nennt man die dann, obwohl sie gar nicht schweigen. Es steht kein Journalismus als vierte Säule mehr dazwischen und mahnt. Wehe, diese verhinderten Diktatoren aus der Masse, die die Demokratie als Gefährdung für Sitte und Anstand, Wohlstand und Reichtum anerkennen, haben irgendwann politischen Einfluss - oder haben sie ihn vielleicht nicht schon? Nennt man diesen Einfluss nicht auch bürgerliche Mitte?