Verhältnis der Muslime und Nichtmuslime im Osmanischen Reich 3. Teil

Verhältnis der Muslime und Nichtmuslime im Osmanischen Reich 3. Teil

Levni, osmanische Miniaturmalerei, 18. Jh.,
aus dem Surname-ı Vehbi. Janitscharen beim Festbankett

Heute geht es weiter mit Belegen und Linktipps zu dem Verhältnis von Christen, Muslimen und Juden im Osmanischen Reich.
Die vorigen Teile kann hier nachblättern: 1. Teil und 2. Teil.
Ich hatte vorher schon darauf hingewiesen, dass das Osmanische Reich durchaus auch als Ziel von Flüchtlingen aus christlichen Reichen infrage kommen konnte. (Andersherum hingegen eher weniger - siehe meine Diskussion über: Islam eine Missionsreligion?) Dieses wäre nicht erfolgt, wenn das Osmanische Reich ein "barbarisches satanisches Reich" gewesen wäre, welches seine Untertanen mit "brutalster Grausamkeit" unterdrücken würde, wie es mitunter von christlicher bzw. kirchlicher Propaganda so im Abendland verbreitet wurde (siehe auch diese Dissertation zu Martin Luther). Manchmal kann man diese Kirchenpropaganda sogar noch heute als ferne Echos der Vergangenheit wahrnehmen, wenn man Äußerungen über das Osmanische Reich so liest. Die Propaganda diente nicht zuletzt dazu, die christliche (ständische) Ordnung im Okzident aufrecht zu erhalten, und nicht z.B. die Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs als Denkmodell im Abendland etablieren zu lassen, wie es öfters in Berichten von erstaunten Orient-Reisenden gepriesen wurde.
Suraiya Faroqhi: Kultur und Alltag im osmanischen Reich. Vom Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. München 1995.:
Besonders in den nordafrikanischen Provinzen, aber auch in Istanbul, gab es außerdem Spanier, Italiener, Franzosen und Ungarn, die sich den Osmanen aus freien Stücken angeschlossen hatten. Das Motiv konnte religiöse Verfolgung im Heimatlande sein, wie etwa im Falle der kalvinistischen Ungarn, die im Habsburgerreich der Gegenreformation zahlreichen Repressalien ausgesetzt waren. Auch die Serben, die nach 1683 unter habsburgische Oberhoheit gerieten, zogen es oft vor, unter dem Sultan zu leben, weil dieser nicht versuchte, sie von ihrem orthodoxen Glauben zum Katholizismus zu bekehren. In Nordafrika geschah es häufiger, daß schlecht verpflegte und nicht bezahlte spanische Soldaten der dortigen Festungen (presidios) sich den örtlichen Janitscharen anschlössen. Auch waren besonders in den nordafrikanischen Provinzen, wo das Militär und die Besatzungen der Korsarenschiffe weitgehend aus Zugewanderten bestanden, die Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs bedeutend größer als in den rigiden ständischen Gesellschaften des frühneuzeitlichen Europa.

Cardini, Franco: Europa und der Islam: Geschichte eines Mißverständnisses. München: Beck, 2000.:
Den Türken jedoch eilte ein ganz besonderer Ruf voraus. Sie galten als tapfere, tüchtige und disziplinierte Kämpfer. Verglichen mit dem desolaten Zustand der korrupten und ungeordneten europäischen Truppen des 16. und 17. Jahrhunderts war das Heer des Sultans ein Musterbild an Ordnung, Mäßigung und Disziplin. Die Türken galten zwar als grausam, man schrieb ihnen aber nicht jene barbarische Zerstörungswut zu, die die Europäer vor den Militärreformen des 18. Jahrhunderts an den Tag legten. Bald gab es nicht nur Chronisten aus dem militärischen Fach. Diplomaten, Kaufleute, Reisende und Gläubige – alle waren sich in einem Punkt einig: Die Türken, in der Schlacht so furchterregend und unerbittlich, in der Unterdrückung und in der Anwendung des Rechts so hart und streng, erwiesen sich im alltäglichen und privaten Leben als loyal, ehrenhaft, aufrichtig, mildtätig, bescheiden und gastfreundlich. Zahlreiche Berichte und Schilderungen von und über Renegaten popularisierten diese positiven Eigenschaften der Türken in einer Weise, daß der Übertritt vom Christentum zum Islam als nahezu plausibel und gerechtfertigt erschien. «Türke werden» – sei es aus Verzweiflung, aus Enttäuschung oder aufgrund äußerer Lebensumstände – wurde zu einem Leitmotiv der europäischen und mediterranen Geschichte des 16. und 17. Jahrhunderts.

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