Veränderungen

Veränderungen Am nächsten Tag musste Italo wieder seiner Arbeit nachgehen. Diesmal aber kam er in der Mittagspause nach Hause und ging mit Bianca und mir in die Bar, in der er meistens seinen Espresso trank. Sie hieß "Minibar" und war wirklich winzig. Es gab eine kleine Theke, an der 4 Leute Platz hatten. Und es gab 3 kleine Bistrotische, an denen man Platz nehmen konnte. Das wars.
Bewirtschaftet wurde die Minibar von einem jungen, noch unverheirateten Paar. Nicoletta war 23 Jahre alt und kam aus Mailand. Sie war etwa 1,60m groß und auch etwas korpulenter. Das machte sie mir sofort sympathisch. Sie war nicht so ein Modepüppchen wie die meisten anderen Italienerinnen, die ich zu Gesicht bekam. Sie hatte schulterlanges hellbraunes Haar, blaue Augen und ein sehr hübsches Gesicht. Ihr Freund Carmine, mit dem sie unverheiratet zusammenlebte (für die damaligen italienischen Verhältnisse sehr ungewöhnlich) kam aus Neapel. Er war kaum größer als Nicoletta, hatte schwarzblaues Haar und dunkle, feurige Augen. Er war 30 Jahre alt und ein typisch italienischer Casanova , das sah man auf den ersten Blick. Er umgarnte die Frauen, die ihren Espresso bei ihm in der Bar tranken und ich lege meine Hand nicht dafür ins Feuer, dass er seiner Nicoletta immer treu war. Aber das war deren Problem und nicht meines, ich hatte genug mit meinen eigenen zu tun.
Beide empfingen mich äußerst freundlich, als Italo mich bei ihnen vorstellte. Und von Bianca waren sie ganz verzückt. Auch Bianca schloss Nicoletta sofort in ihr Herz und war sehr gerne bei ihr, während sie bei Carmine sehr zurückhaltend reagierte. Irgendwie konnte sie ihn nicht leiden und ließ ihn das auch spüren. Eines der ersten Worte, die Bianca auf italienisch konnte war "Bruto", das bedeutet hässlich, und so titulierte sie immer den armen Carmine, sobald sie ihn sah zeigte sie auf ihn und sagte:"Bruto!"...ganz bewusst. Carmine nahms mit Humor, mir jedoch war das manchmal richtig peinlich. Carmine bemühte sich wirklich um Bianca, versuchte sie auch mit Süßigkeiten oder Kuchen zu bestechen, sie aber blieb bei ihrem Urteil über ihn und ließ sich nie auf ihn ein.
Nicoletta wurde mir eine gute Freundin, die mir in der Anfangszeit in Italien immer zur Seite stand. Anfangs konnten wir uns kaum unterhalten, aber schnell lernte ich von ihr italienisch und sie wollte auch deutsch von mir lernen.
Bei solchen Worten wie "Milch" oder "Becher" - also Worte mit "ch" - da schüttelte sie immer den Kopf, weil sie das einfach nicht aussprechen konnte. Nicht nur einmal sagte sie mir:" Was habt ihr nur für eine harte Sprache! Ihr müsst euch ja anspucken bei diesen unmöglichen Lauten!"
Während meiner ersten Tage in Cremona waren wir bei Nicoletta und Carmine zum Abendessen eingeladen. Sie hatten eine kleine Wohnung direkt über ihrer Minibar. Hier sah ich zum ersten Mal, wie toll eine Wohnung in einem alten heruntergekommenen Stadthaus aussah. Die ganze Wohnung war mit Terracottafliesen ausgelegt und wunderbar modern eingerichtet. Man sah den beiden an, wie stolz sie auf ihr schönes Reich waren.
 Nicoletta tischte Antipasti auf, danach einen Teller Pasta, als dritten Gang einen Arrosto, zum Schluss gabs frisches Obst und und Käse. Nach dem köstlichen Essen war ich mir sicher: ich war im Schlaraffenland angekommen! So gut die mediterrane Küche zubereiten zu können, das musste sie mir unbedingt beibringen.
3 Tage später fuhr ich mit Bianca wieder zurück nach Deutschland. Diesmal über den Brenner, das erschien mir die sicherste Strecke. Ich schaffte es auch ohne Probleme und auf direktem Weg zurück nach Hause.
Die kommenden Wochen verbrachte ich damit, unseren Hausstand in Deutschland aufzulösen. Die Dinge, die mit nach Italien sollten, verpackte ich in Umzugskartons, vieles verschenkte ich auch. Unser Ehebett sollte mit umziehen sowie Biancas Kinderzimmermöbel. Es war also klar, dass ich einen großen Transporter benötigte, um unseren Besitz nach Italien zu befördern.
Italo war in der Zwischenzeit dabei, eine Wohnung zu suchen. Das war gar nicht so einfach in Cremona. Es gab zwar genügend leerstehende Wohnungen, aber die wenigsten wurden vermietet. Der italienische Staat verdiente bei Mieteinnahmen kräftig mit, zu kräftig für so manchen Wohnungsbesitzer, der ließ daher eher seine Wohnung leer stehen als diese horrenden Steuern zu bezahlen.
Außerdem brauchte man Beziehungen, um an Mietwohnungen ranzukommen, und die hatte Italo nicht. So kam es, dass Bianca und ich zu Italo in die Via Robolotti umziehen sollten. Wir würden also zu dritt in der knapp 30m² großen Wohnung wohnen, solange bis wir eine größere Wohnung bekommen würden. Ich hoffte und betete inständig, dass das vor der Geburt unseres zweiten Kindes sein würde, denn zu viert in der kleinen Wohnung... das ging wirklich überhaupt nicht.
Italo's jüngere Schwester war bereit, mich bei dem Umzug zu unterstützen. So konnte ich einen Transporter in Deutschland mieten, damit nach Italien fahren und meine Schwägerin würde den Transporter dann wieder zurück nach Deutschland bringen.
Der große Tag rückte immer näher und die große Verabschiedung nahte.
Meine Eltern waren sehr, sehr traurig. Es fiel ihnen unendlich schwer, mich ziehen zu lassen. Sie würden Bianca, ihre Enkeltochter, nicht mehr so oft sehen können, würden die Geburt von Biancas Geschwisterchen nur aus der Ferne mitbekommen. Und sie machten sich sehr große Sorgen um mich. Immer wieder sagten sie mir:"Melde Dich sofort, wenn Du Probleme hast. Wir sind immer für Dich da und Du kannst jederzeit zurück kommen." Damals wollte ich nicht wahrhaben, dass ich dieses Angebot eines Tages annehmen würde.
Italo's Familie freute sich, dass ich eine brave Frau war und meinem Mann dahin folgte, wo er lebte und arbeitete. Für sie war das das Normalste auf der Welt.
Und meine Freunde hatten gemischte Gefühle. Wir versprachen uns zu schreiben und uns zu besuchen.
Dann war es soweit. Ende Oktober 1984. abends gegen 23 Uhr, setzte ich mich hochschwanger hinter das Lenkrad des überlangen, voll beladenen Transporters. Meiner kleinen Tochter hatten wir zwischen den sehr gut gesicherten Möbeln und der Sitzbank vorne ein bequemes Bett gebaut. Meine Schwägerin saß neben mir.
Dann ging die Fahrt los Richtung Cremona. Unaufhaltsam fuhr ich in mein selbst gewähltes Schicksal.

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