Vatikan: Whistleblower drohen 30 Jahre

Vatikan: Whistleblower drohen 30 Jahrevon John Schacher

Der Geheimnisverrat im Vatikan ist keineswegs auf den Kammerdiener Paolo Gabriele beschränkt, sondern zieht immer weitere Kreise. Der Papst liess gestern mittels einer Untersuchungskommission fünf Kardinäle befragen, wie die römische Tageszeitung “La Repubblica” am Dienstag berichtete.

Dem beschuldigten Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, drohen bis zu 30 Jahre Haft, die er in italienischen Staatsgefängnisses absitzen müsste, da der Vatikan kein Gefängnis unterhält, sondern nur drei U-Haft-Zellen besitzen will. Der am Donnerstag im Zuge eines seit Wochen schwelenden Enthüllungsskandals festgenommene Gabriele befindet sich weiterhin in einer Zelle im Vatikan. Nach Angaben seiner Rechtsanwälte Carlo Fusco und Cristiana Arru habe er sich zur Zusammenarbeit mit den vatikanischen Ermittlern entschlossen. “Die Presse” berichtet:

Die Weitergabe vertraulicher Informationen beschäftigt den Heiligen Stuhl, seitdem der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi angebliche Geheimdokumente aus dem Vatikan veröffentlicht hat. In einem Buch mit dem Titel “Sua Santita” (Seine Heiligkeit) publizierte er nach eigenen Angaben “Geheimpapiere von Benedikt XVI.”. Dazu gehören Briefe und Faxe sowie Gesprächsvorlagen für den Papst. Unter anderem wurde ein internes Vatikan-Memorandum für ein Treffen des Kirchenoberhauptes mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano abgedruckt.

“Im Vatikan ist nicht nur ein Krieg zwischen rivalisierenden Gruppen von Kardinälen im Gange. Hier geht es um eine tiefgründigere Frage. Der Unmut gegen die Untransparenz des Systems wächst. Auch die Ermittlungen gegen Gabriele sind absolut geheimnisumwoben. In Italien darf niemand länger als 72 Stunden lang inhaftiert werden, ohne dass die Vorwürfe offizielle bekanntgegeben werden”,

kommentierte Nuzzi.

“Wenn man in einem westlichen Land eine Person verhaften würde, weil sie den Medien wahre Informationen vermittelt hat, würden sofort Unterschriftensammlungen für ihre Befreiung beginnen. Das geschieht leider nicht im Vatikan”

so Kardinal Nuzzi. Hintergrund des Enthüllungsskandals sei eine Kampagne gegen den vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone. Nuzzi zeigte sich mit Gabriele und seine Familie solidarisch.

Quelle: die Presse


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