Vajrakilaya ist die Hauptgottheit, die für das Klären von Hindernissen und Hemmnissen auf dem Pfad des Vajrayana verwendet wird. Dies ist sehr wichtig, damit ihr nicht glaubt, Vajrakilaya ist ein Schützer. Vajrakilaya ist ein Wesen uranfänglicher Weisheit. Er ist die zornvolle Emanation von Vajrasattva, welcher als der angesehen wird, der die verdichtete Essenz der hunderten und tausenden von Gottheiten darstellt, die all in einer Verkörperung sind, was die Emanationen von Körper, Rede und Geist einschließt. Vajrakilaya ist ein Wesen ursprünglicher Weisheit, das sich zu dem Zweck manifestierte, die negativen Ansammlungen der fühlenden Wesen gänzlich zu beseitigen.
Die drei Samadhis
Im Kyerim (tib., Aufbauphase; sanskr; utpattikrama) ist es wichtig, dass man die drei meditativen Versenkungen versteht und verwirklicht. Es ist egal, welche Meditationsgottheit man hervorbringt, die drei meditativen Versenkungen müssen präsent sein. Eigentlich ist es manchmal sogar unmöglich dies in gewissem Sinne zu machen, weil wir noch immer solch ein Objektverständnis haben, dass wir uns als Subjekt und Objekt in der unserer Praxis vorstellen. Dennoch sollten wir versuchen, diese Sicht zu entwickeln, die vom Gewahrsein der drei Samadhis abgeleitet ist. So können wir kurz danach in Kontakt mit der Essenz dessen, was wirklich gemeint ist, kommen.
Diese drei – die Natur wie sie ist, alle Erscheinungen und die Hauptursache – sind eine Natur, welche nur anscheinend verschieden erscheint. Aber wenn wir die Erzeugungsstufe praktizieren, dass wie die Gottheit erscheint, wird sie aus diesen drei Samadhis geboren und nicht von irgendeinem anderen Platz. Dies scheint ein schwieriger Punkt zu sein um in die Praxis einzutreten.
Wenn wir die drei Samadhis als verschieden festlegen, und uns selbst als Praktizierenden ebenfalls verschieden von ihnen, dann wird es schwierig werden, diese Erzeugung aufzulösen. Tatsächlich ist das etwas, was nicht gemacht werden kann. Aber wenn wir die Erzeugungspraxis mit dem Verständnis der drei Samadhis angehen, mit dem Wissen, dass es die Natur des eigenen innewohnenden Gewahrseins ist und den Ausdruck, dass diese Natur der hervorgebrachten Gottheit man selbst ist, und dass das Mantra ebenfalls man selbst ist, und dass jeder Aspekte der Erzeugung man selbst ist. Und ebenso jeder Aspekt der Auflösung ist man selbst. Und auf diese Weise hat man begründet, was uranfänglich ist und was immer war. Man hat nichts aufgebaut, was nicht war, das man von irgendwoher gerufen hätte – was inkorrekt wäre. Ihr alle wisst, dass ihr keine Fehler in der Praxis machen werdet, weil es keine Hoffnung und Furcht gibt: wie die Hoffnung, dass man eine gute Hervorbringung der Gottheit hat und die Furcht, dass man es nicht macht oder es nicht ist. Das kommt nur dann vor, wenn wir glauben, dass die Gottheit von irgendwoher kommt. Mit diesem Bewusstsein kann die Anrufung weiterhin erfolgen. Die Anrufung ist die mühelose Einladung des Ausdrucks des innewohnenden Gewahrseins, dass als der himmlische Palast, als die versammelten Gottheiten, als die Hauptgottheit, als alle Aspekte der Visualisation erscheint – der reine Bereich usw. Und genauso ist die Auflösung das Zerfallen des Ausdrucks in seine Quelle hinein – dem innewohnenden Gewahrsein.
Wunschgebet für den Stufenpfad des Vajrakilaya
HO – In diesem unübertroffenen, zutiefst geheimen Mandala, welch heilsamen Ansammlungen in den drei Zeiten auch erlangt wurden, widme ich in der Weite der Erleuchtung nicht-konzeptueller großer Glückseligkeit der Verwirklichung des Vajrakilaya des Daseins.
Möge durch den Strom der Ermächtigung mein Seinsstrom vollständig reifen. Möge ich durch den Strom der erklärten Texte das Meditieren verstehen. Möge ich durch den Strom der Anweisungen die Praxis meistern. Möge durch den Strom der speziellen Anweisungen die wesentlichen Punkte in mich eindringen. Möge ich durch die Mittel des Verhaltens große Vertiefung am Pfad erfahren. Möge ich durch die erleuchtete Absicht der vier Durchdringungen Vertrauen in die Ermächtigungen erlangen. Möge das Samaya des Befreiens durch Mitgefühl sich vollständig manifestieren. Möge die lodernde erleuchtete Aktivität das Resultat der Frucht bringen.
Möge der Kila des Mitgefühls die Bereiche der sechs Arten von Wesen treffen. Möge die Erzeugungsstufe die Anhaftung an gewöhnliche Erscheinungen reinigen.
Mögen die drei Sitze mit unzerstörbaren Vajra-Räden angefüllt sein. Mögen die Welt und ihre Bewohner vollkommen als zornvolle Weisheit verwirklicht sein.
Möge der Ritual-Kila die Feinde und Hinderer treffen. Möge durch die Anwendung des Hakens unermesslichen Mitgefühls von wundervollen (geschickten Mitteln) – Leben, Waschen, Befreien und Führen – der Strom der schlechten Wiedergeburt für Wesen mit den zehn Gründen (für ihr Befreien) abgeschnitten sein.
Möge der Kila des Bodhicitta den Schoß der Gefährtin treffen. Durch den Pfad der Botschafter möge die Bewegung der Kanäle, Winde und Tropfen im unveränderlichen Zentralkanal gebunden und so die Weisheit der 16 Freuden zum Abschluss gebracht werden.
Möge der Kila des innewohnenden Gewahrseins den Schoß des Dharmata treffen. Möge der Vajrakilaya des verweilenden Grundes sich mit dem Kila des Pfades verbinden, sodass der Kila als verwirklichten Frucht wirklich vollkommen ist.
Die Essenz der Erscheinungen ist Vajrakumara. Die leere Natur ist die Sphäre von Diptachakra.
Mögen durch die stabil durchdringende erleuchtete Aktivität des Mitgefühls der ihrer Vereinigung Einheit die Bereiche der Wesen sich im einzigen Tropfen sammeln.
Aus dem Zyklus des Phurba Namchag Pudri von Dudjom Lingpa.
Anders als im Wunschgebet zum Vajrakilaya müssen die Erklärungen in einer bestimmten Reihenfolge gegeben werden. Da die Aktivitätspraktiken nur auf Basis der Sicht erfolgreich durchgeführt werden können, beginnt man mit der Erklärung zum Kila des innewohnenden Gewahrseins, erklärt dann den Kila des allumfassenden Mitgefühls, fährt fort mit dem Kila des Bodhicitta und beschließt mit dem substanziellen Kila.
Betrachtet man den Kila des innewohnenden Gewahrseins, ist dieser dem ersten Samadhi ähnlich: die meditative Versenkung über die Natur an sich. Dies bezieht sich auf Rigpa, dem innewohnenden Gewahrsein, der Natur des Geistes.
Gewöhnlich wenn wir an den Kila denken oder den Phurba, denken wir an den Ritualdolch – ein Gegenstand, der in der Praxis benutzt wird, im herkömmlichen Sinn. Damit wird aber der Dolch im Kontext des vierten Aspekts bezeichnet, womit der substanzielle Kila gemeint ist.
Doch das Objekt, welches der Phurba durchsticht – dieser Phurba des innewohnenden Gewahrseins – ist die Sphäre der Wahrheit, den Dharmadhatu, welcher die natürliche allumfassende, große Weite der Weisheitsnatur ist. Dies ist als ob der Sohn oder die Tochter des innewohnenden Gewahrseins – die uranfängliche Weisheit – ihre Mutter wieder erkennen und auf ihren Schoß zurück hüpfen und sich mit ihr verbinden. Dies meint man, wenn man davon spricht, das innewohnende Gewahrsein vereint sich mit der Sphäre der Wahrheit, sodass sie sich vermischen bzw. als eins erkannt werden.
Der Fehler des mangelhaften Durchdringens ist, dass man noch immer im beständigen Fluss der konzeptuellen Wucherungen verloren ist, so wie sie dann in der Erzeugungsstufe auftauchen. Egal wie viele Mantras ihr auch rezitiert, es wird solange keine Erlangung, solange keine Verwirklichung geben, da man im dualistischen Greifen und Festhalten gefangen ist.
Der Nutzen im Verwirklichen der edlen Qualitäten der Durchdringung des Kilas der innewohnenden Gewahrseins zeigt sich in der Befreiung von den Fesseln der zylischen Existenz.
Beim Kila des allumfassenden Mitgefühls ist ein geeigneter Praktizierender jemand, dessen Geist sicher und unbewegt während der Praxis ist – wie ein Berg. Das zeichnet jemanden, der keine anderen Ablenkungen in seinem Leben hat und der einzig auf das Wesen der Praxis ausgerichtet ist.
Der hier behandelte Kila ist die magische Emanation oder Ausdruck der Form der Gottheit, oder die Mahamudra der Gottheit als ein Spiel von Erscheinungen, die sich als Ausdruck des Mitgefühls manifestieren. Dies schließt alle Manifestationen der Präsenz der Gottheiten ein, egal ob friedvoll, vermehrend, machtvoll oder zornvoll.
Das Objekt, welches es in diesem Fall vom Kila des allumfassenden Mitgefühls zu durchstechen gilt, sind die drei Bereiche der Existenz. Dies sind das äußere Universum und seine Inhalte, welche mit der gewöhnlichen Wahrnehmung wahrgenommen werden und das zwanghafte Anhaften und Greifen nach den gewöhnlichen Konzepten der äußeren Welt und ihren Inhalten nach der Art der drei Bereiche. Dies ist das Objekt, das es zu durchstoßen, zu durchdringen gilt. Und damit meint man diesen gewöhnlichen Geist, der Erde für Erde hält und Steine für Steine, Felsen für Felsen, und der er und sie und du und ich und gut und schlecht und alles davon. Das Objekt des Durchstoßens ist die gewöhnliche Wahrnehmung. Die Methode mit der durchstochen wird ist die Praxis der Erzeugungsstufe, im Besonderen dabei die drei meditativen Versenkungen. Durch diesen Eingang wird man befähigt, die drei Bereiche der Existenz, das äußere Universum und seinen Inhalt in die drei Aspekte des Mandalas zu verwandeln.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass man herumsitzt und denkt das die Formen, die Objekte die man vor sich sieht, wären Gottheiten, und dass sie eben noch immer objektive Erscheinungen sind. Damit ist gemeint, dass alle Form als uranfängliche Weisheitsenergie gesehen wird, wie eine Spiegelung, wie die Reflexion des Mondes im Wasser, transparent, ohne inhärente Existenz, sondern als Ausdruck des innewohnenden Gewahrseins. Wenn man sie weiterhin als etwas Objektives und Substanzielles ansieht, dann hat man diesen Punkt nicht kapiert.
Die Fehler eines mangelhaften Durchstoßens beinhalten hier den Mangel mit dem Band oder dem Haken des Mitgefühls verbunden zu sein. Was man damit auch meint, ist der Mangel am Verständnis des Hauptpunktes der Praxis und der eigenen Natur. Und so wandert man weiterhin endlos in der zyklischen Existenz und schiebt die eigene Befreiung unendlich auf.
Das Zeichen des erfolgreichen Durchstoßens ist, dass alle unreinen Wahrnehmungen sich auflösen. Sie hören einfach auf zu sein. Reine Wahrnehmung ohne irgendeine Behinderung entsteht unaufhörlich. Alle verwirrten Wahrnehmungen werden danach als der Ausdruck der Gottheit gesehen und man erlangt die Tiefe dieser Sichtweise.
Ein Praktizierender, der den Kila des Bodhicitta verwirklicht, ist jemand, der die beiden Stufen – Erzeugung und Vollendung – vervollkommnet hat. Das bedeutet, jemand sieht alle Formen als Gottheit, hört alle Klänge als Mantra und realisiert alle gedanklichen Formationen als Ausdruck der uranfänglichen Weisheit. Dann ist er geeignet, den Kila des Bodhicitta zu praktizieren. Wenn solch einer den Kila des Bodhicitta ohne dieses praktiziert, ist er lediglich ein Playboy.
Der in diesem Falle behandelte Kila ist der Zustand nachdem man die Meisterschaft über die eigenen Kanäle, Winde und Tropfen (Tsa, Lung, Thigle) erlangt hat, sodass man fähig ist, die 16 Freuden in persönlicher Kontrolle zu praktizieren.
Die Fehler eines mangelhaften Durchdringens oder die Hauptfehler in dieser Praxis ist folgender. Diese Vereinigungspraxis ist dazu gedacht, dem Praktizierenden in eine Einführung in die uranfängliche Weisheit zu veranschaulichen. Und in Abhängigkeit einer anschaulichen uranfänglichen Weisheit versteht man dann auch die letztendliche uranfängliche Weisheit und Samsara ist leer. Wenn jemand nicht fähig ist, damit in Berührung zu kommen und mangelhaft durchdringt, dann setzt sich Samsara fort.
Die edlen Qualitäten eines erfolgreichen Durchdringens des Bodhicitta-Kila sind, dass man fähig ist, die gewöhnlichen Resultate einer fehlerhaften Begegnung zu überwinden.
Der letzte Aspekt ist der substanzielle Kila. Ein geeigneter Praktizierender des materiellen Kilas ist ein Individuum, das eine stabile Praxis von Kyerim und Dzogrim (Erzeugungs- und Vollendungsstufe) hat. Dies bezeichnet jemanden, der tatsächlich durch die Stufen der Praxis, entweder im Retreat oder nicht, gegangen ist. Dies ist jemand, der das Annäherungsmantra, das Vollendungsmantra und das Aktivitätsmantra – diese drei Ebenen der Mantra-Rezitation – praktiziert hat. Idealerweise wäre dies im Kontext von Vajrakila als Meditationsgottheit. Dies ist dieser Typus eines Praktizierenden, der geeignet ist. Der behandelte Kila, die Substanz selbst, ist das erworbene Instrument, der Ritualdolch, der aus Silber, Gold, Kupfer, Eisen, Holz oder vielleicht mit einer Terma-Einlage sein kann. Euch ist allen bekannt, wie Phurbas aussehen.
Das Objekt, welches mit diesem Gegenstand – dem Kila – zu durchstechen gilt, ist die acht Zustände der Furcht, und dass, was man die zehn Voraussetzungen für das Freisetzen nennt. Dies hängt jetzt von ausführlichen Erklärungen ab. Kurz gesagt bezieht sich das auf jene Wesenheiten und Leidensbringer, die die Verbreitung der Lehre behindern und die die Leben der Lehrer verletzen. Die zehn Vorbedingungen müssen erfüllt sein, bevor man den Phurba für die Befreiung aus dieser Bedingtheit verwenden kann.
Zeichen des Erfolgs
Die Methode mit der durchstoßen wird, ist die gewöhnliche Sicht des Yogis, welcher diese Praxis ausführt und die Meditation des Yogis muss von jeglichen Hindernissen befreit sein – keine Hemmnisse in der Meditation. Das hat mit seiner Kraft der Erzeugung der Gottheit zu tun; sein Mitgefühl muss so stark sein wie sein Leben.
Die Fehler eines mangelhaften Durchdringens sind das Gegenteil, sodass man weiterhin nicht aufhört, unzuträgliche Umstände zu setzen. Oder man hört auf, förderliche Umstände zu schaffen und es ereignet sich nichts oder man ist fehlerhaft. So werden die Hindernisse nicht umgekehrt. Die Lehre Buddhas nimmt eher ab, als dass sie wächst.
Die edlen Qualitäten eines Erfolgs im Durchstoßen beinhalten die Sicherheit, dass man selbst von den Schrecken befreit ist, die einen sonst leiden lassen würden, oder dass andere davon befreit sind. Man ist beschützt von den acht Ängsten und anderen Zuständen des Schreckens. Weiters beinhaltet es die Ansammlung der Ausstattung, der Zuträglichkeit und Notwendigkeiten für den Pfad – grundlegend die Befähigung den Zweck für sich und für andere ohne Mangel zu vollenden, und das stabile Errichten und Wachsen in der Verbreitung der Lehre.
Nun sind für alle von uns die zu erwartenden Zeichen, dass wir fähig sind zu erkennen, die Hindernisse auf dem Pfad der Befreiung aufzulösen, in diesem und in allen zukünftigen Leben, sodass wir in diesem Leben rasch befreit werden und wir in zukünftigen Leben anstrengungslos die Befreiung von anderen ebenso bewerkstelligen können.
Basierend auf Belehrungen von Yangthang Rinpoche, übersetzt vom Ngak’chang Rangdrol Dorje (Enrico Kosmus, 2010). Das Wunschgebet zum Pfad des Vajrakilaya wurde aus Dudjom Lingpas Namchag Pudri hinzugefügt.