Den Gouverneuren in god’s own country ist kein Trick zu mies, um unliebsame Wähler von der Wahlurne fern zu halten. Unliebsam heißt in diesem Fall, wie ein Afroamerikaner oder Latino auszusehen
Die Mutter aller Demokratien hat ein Problem. Nicht jeder Wähler macht sein Kreuz dort, wo es von ihm erwartet wird. Dabei gibt es ohnehin lediglich zwei Alternativen. Republikaner und Demokraten. In Amerika gilt bei Wahlen: „Nur wer genügend zählt, der wählt.“ Er muss also weiß sein und Geld haben. Und er darf nicht vorbestraft sein, sonst hat er sein Wahlrecht verloren. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass in den USA 2.228.424 Personen inhaftiert sind (Stand März 2015). Das sind etwa 0,7 Prozent der amerikanischen Gesamtbevölkerung. Zum Vergleich; in Deutschland sind es 0,8 Promille der Bundesbevölkerung. Obwohl die USA lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung stellen, sitzen rund 25 Prozent aller weltweit inhaftierten Personen in Amerika ein. Und verlieren hierbei ihr Wahlrecht.
Wenn sich in diesem November in Amerika erneut die Wahllokale öffnen, wird mehr als fünf Millionen Amerikanern der Zugang dort hinein verweigert sein. Besonders betroffen sind Afroamerikaner. Obwohl sie nur 13 Prozent der amerikanischen Bevölkerung ausmachen, stellen sie zugleich die Hälfte aller Gefängnisbewohner. Jeder vierte Afroamerikaner gilt heute als vorbestraft. Interessantes Detail am Rande; in den Staaten werden Gefängnisse von privaten Firmen geführt und deren Betreiber haben sich vom jeweiligen Bundesstaat, der jeweiligen Stadt, Garantien geben lassen, dass die Inhaftierungsquote stets hoch genug sein wird, um genügen Profit abzuwerfen.
Besonders in Los Angeles ist die Zahl der Gefängnisse hoch. Das weiß David Werner, Rechtgelehrter und Englischprofessor an der Universität la Verne in Kalifornien. „Es gibt mehr eingesperrte Menschen im Umkreis von 40 Meilen hier in Los Angeles, als 40 Meilen irgendwo sonst auf der Welt“, so weiß der Rechtsgelehrte, und weiter: „Niemand weiß von dieser riesigen Gefängnisbevölkerung, denn sie befindet sich bequem am Rande der Gesellschaft, an Orten, an denen man nicht vorbeikommt. Aber es gibt eine riesige Konzentration von Gefängnissen direkt hier.” Weiterhin beklagt der Professor, der zugleich auch Häftlinge unterrichtet: „Man nimmt eine gesellschaftliche Gruppe, die keinen Zugang zur Macht hat, und stellt sicher, dass sie niemals Zugang zur Macht bekommt. Eine verdammt schreckliche Vorstellung.“ Es sei hierzu noch angemerkt, dass vorbestrafte Amerikaner tendenziell nicht dazu neigen, Republikaner zu wählen. Es besteht zwar die Möglichkeit, sich als vorbestrafter US- Bürger für ein paar tausend Dollar sein Stimmrecht zurückzukaufen, was an sich bereits bizarr ist, aber wer gibt schon 6000 Dollar aus, um die Wahl zu haben zwischen Republikanern und Demokraten? Ob Bush, ob Bama, das Ergebniss ist ohnehin dasselbe.
voter supression und Gerrymandering
Gerrymanderter Wahlbezirk – White side in grün
Um zur Wahl zugelassen zu werden, muss jeder Kandidat eine gewisse Mindestzahl an Stimmen in seinem eigenen Wahlkreis auf sich vereinen. Sollten dort in einer bestimmen Gegend zu viele Oppositionelle angesiedelt sein, so gilt es als alter Trick, die Grenzen seines eigenen Wahlbezirkes so zu verändern, dass treue Anhänger darin verbleiben, während Andersdenkende vom Wahlkreis abgeschnitten werden. So können selbst unpopuläre Kandidaten mit beachtlichen Wahlergebnissen aufwarten, indem sie Gebiete mit einer hohen Anzahl von Oppositionsanhängern aus ihrem Wahlkreis ausselektieren. Durch diese als voter supression (Wählerverdrängung) bezeichnete Strategie ähneln die Wahlbezirke in ihrer Aufteilung mehr und mehr dem Schuppenkleid einer Echse, beispielsweise eines Salamanders. Daraus entstand dann das Kunstwort Gerrymandering, welches sich zusammensetzt aus dem Erfinder dieser Strategie, einem Gouverneur aus dem Masachusett des 19. Jahrhunderts namens Eldridge Gerry, und dem Hautkleid des besagten Salamanders.
Manipulierte Wählerverzeichnisse
Eine altbewährte Taktik, die bereits mehrfach verboten und dennoch immer wieder erfolgreich angewandt wurde, ist die Bereinigung von Wahlregistern. Vorbestrafte Amerikaner tauchen dort bekanntermaßen nicht mehr auf, selbst wenn sie wegen einer Bagatelle verurteilt wurden. Aber auch rassistische Selektion ist durchaus keine Seltenheit. So ließ der Gouverneur von Florida, Rick Scott, erst 2012 und somit kurz vor den Präsidentschaftswahlen 2700 Personen aus der Wählerliste streichen. Seine Begründung: Es ‘könnte’ sich um ausländische Staatsbürger handeln, die somit nicht wahlberechtigt seien. Bei diesen ‘Staatsbürgern’ handelte es sich sehr wohl um Amerikaner und sie waren auch wahlberechtigt, aber 85 Prozent von ihnen waren entweder Latinos oder Haitianer. Der Schwindel flog auf, als es der Bürgerrechtsorganisation Advancement Project gelang, erfolgreich dagegen zu klagen. Aber auch wenn ein Bundesgericht die Bereinigung des Wahlregisters nachträglich für illegal erklärte, lag zu diesem Zeitpunkt die Präsidentschaftswahl bereits 18 Monate zurück und eine ganze Reihe weiterer Bundesstaaten hatte bereits die eigenen Wählerverzeichnisse nach dem Vorbild Floridas manipuliert.
Vom Tode eines Paragrafen
Bundesstaaten, in denen besonders lange Rassentrennung geherrscht hatte, waren verpflichtet, jede Änderung ihres Wahlrechts zuvor von Washington absegnen zu lassen. Dies stand so seit 1965 als Paragraf 5 des US- Wahlrechtsgesetzes verankert. 2013 war dieser Paragraf vom obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten gekippt worden. Seither breitete sich gerade in den Südstaaten eine neue Strategie zur Bekämpfung unliebsamer Wählergruppen aus. Die Ausweispflicht. Hatte bisher die Vorlage von Führerschein, Studentenausweis, Waffenlizenz oder Bankbescheinigung genügt, um in das Wählerverzeichniss aufgenommen zu werden, so gilt hierfür mittlerweile nur noch ein zulässiges Personaldokument. Nämlich die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises.
Vorreiter bei dieser Art von Wählerselektion ist nach wie vor Texas. Ein Bundesrichter hatte zwar das neue Ausweisgesetz 2012 wieder einkassiert, weil Texas nicht widerlegen konnte, dass Hunderttausende von Afroamerikanern und Latinos in Ermangelung des benötigten teuren Ausweises unerlaubt von den Wahlen ausgeschlossen worden waren. Dieses neue Urteil basierte jedoch ausgerechnet auf Paragraf 5, der ja inzwischen seine Wirkung verloren hatte. Texas hat das umstrittene Gesetz mittlerweile wieder in Kraft gesetzt. North Carolina konnte da nicht stillhalten und setzte die gleiche Masche bei sich um. Etwa 300.000 farbige US- Bürger dürfen dort nicht mehr wählen, weil ihnen schlicht das Geld fehlt für die dafür erforderlichen Personaldokumente wie Führerschein oder amtlicher Lichtbildausweis.
Das Ende vom Lied
Die Liste erfolgreicher Manipulationen ließe sich beliebig fortsetzen. All diese Bemühungen laufen jedoch auf ein und denselben Punkt hinaus. Wählen dürfen in Amerika nur noch Leute mit Geld. Es ist der Kampf der Reichen gegen die Armen, der sich hier offenbart. Denn in der Regel sind weiße Amerikaner wohlhabender, als dunkelhäutige. Sie haben größere Chancen auf eine bessere Ausbildung und anschließend die besseren Jobs. Um ihren Status quo nicht zu gefährden, werden mit den farbigen Bevölkerungsschichten zugleich auch die sozial benachteiligten Menschen von der Wahlurne ferngehalten, damit sie durch ihr Wahlverhalten nicht in die Nähe der Geldtöpfe rücken können. Es gibt sicherlich auch für Afroamerikaner und Latinos die Möglichkeit, wählen zu gehen. Aber nur, wenn sie über genügend Wohlstand verfügen, um sich für die ‘richtige’ Seite zu entscheiden.
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