Urgent Action: Haftstrafe für Blogger

Urgent Action: Haftstrafe für Blogger07. Oktober 2010

Der kanadisch-iranische Blogger Hossein Derakhshan ist am 28. September 2010 in einem unfairen Verfahren zu 19½ Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wurden vage formulierte Anklagen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit zur Last gelegt. Vor dem Verfahren war er bereits etwa 19 Monate inhaftiert, währenddessen wurde ihm der Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand verweigert. Amnesty International geht davon aus, dass er allein aufgrund der friedlichen Äußerung seiner Ansichten festgehalten wird. Wenn dies der Fall sein sollte, muss er umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Laut Angaben der iranischen Website Mashreghnews wurde Hossein Derakhshan von der Abteilung 15 des Revolutionsgerichts folgender Anklagepunkte für schuldig befunden: “Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten”, “Propaganda gegen die Regierung”, “Propaganda für konterrevolutionäre Gruppen”, “Beleidigung von Heiligkeiten” und “Gestaltung und Verwaltung vulgärer und obszöner Websites”. Sein Anwalt gibt an, dass das Beweismaterial gegen ihn zu großen Teilen aus Beiträgen seines Blogs bestand. Laut Mashreghnews wurde außerdem ein fünfjähriges Verbot politischer und journalistischer Aktivitäten gegen ihn verhängt, und man verurteilte ihn zur Rückzahlung von Mitteln in Höhe von 30 750 Euro, 2 900 US-Dollar und 200 britischen Pfund. Auf der Website wurde nicht näher erläutert, wofür diese Mittel bestimmt waren.

Hossein Derakhshan wurde am 1. November 2008 bei einem Besuch im Iran im Haus seiner Familie von fünf Beamten in Zivil festgenommen. Sie sollen einen Durchsuchungsbefehl gehabt haben. Hossein Derakhshan hat sowohl die iranische als auch die kanadische Staatsbürgerschaft. Dennoch wurde ihm die Unterstützung durch das kanadische Konsulat von den Behörden verwehrt.

Nach monatelanger Haft ohne regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und ohne eine rechtliche Vertretung hatte im Juni 2010 sein Verfahren begonnen. Amnesty International äußert seit Jahren Besorgnis über die Gerichtsverfahren vor den Revolutionsgerichten im Iran. Es wird davon ausgegangen, dass sein Anwalt in der vorgesehenen Frist von 20 Tagen Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Hossein Derakhshan lebte seit Ende 2000 überwiegend in Kanada. Er war einer der ersten iranischen Blogger und beriet andere, die ebenfalls Blogs schreiben wollten. Sein Blog zeigte seine Ansichten über Reformen im Iran und seine vielen Reisen in verschiedene Länder auf, darunter auch Israel. Die Reise nach Israel ist nach iranischem Recht ein Verbrechen. Nachdem Hossein Derakhshan mehrere Jahre lang für Reformen im Iran eingetreten war, begann er vor seiner Rückkehr in den Iran, die Handlungen der Regierung zu verteidigen.

Der Iran ist ein Vertragsstaat des rechtlich bindenden Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR). In Artikel 19 des IPBPR heißt es: “(1) Jedermann hat das Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit. (2) Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.”

Das iranische Strafgesetzbuch enthält eine Reihe vage formulierter Bestimmungen zur “nationalen Sicherheit”, die eine Bandbreite von Aktivitäten untersagen, die keiner als Straftat erkennbaren Handlung gleichkommen. Die Paragrafen 498 und 499 führen aus, dass zu zwei bis zehn Jahren Haft verurteilt wird, wer im In- oder Ausland eine Gruppe gründet oder ihr beitritt, die darauf abzielt “die Landessicherheit zu gefährden”. Die Paragrafen 500 und 610 sind ähnlich vage formuliert. In § 500 wird dargelegt, dass “wer eine wie auch immer geartete Propaganda gegen den Staat betreibt, wird mit drei Monaten bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft.” § 610 legt fest, dass zwei oder mehr Personen, die sich zusammenschließen, um ein gewaltfreies Vergehen gegen die innere oder äußere Sicherheit des Landes zu begehen oder begünstigen, zwischen zwei und fünf Jahren Gefängnis erhalten. In der Praxis werden diese Paragrafen benutzt, um Journalist_innen, Intelektuelle und weitere Personen, die anderes getan haben, als ihren Überzeugungen in schriftlichen oder öffentlichen Erklärungen Ausdruck zu verleihen, zu inhaftieren, vor Gericht zu stellen und zu Freiheitsstrafen zu verurteilen. Nähere Informationen finden Sie unter: Iran: From Protest to Prison – Iran one year after the election, (Index: MDE 13/062/2010), Juni 2010,http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/062/2010/en

Seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 haben die iranischen Behörden die Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung verschärft und Journalist_innen und Blogger_innen festgenommen, von denen viele bis heute festgehalten werden. Sie haben die Nutzung des Internets eingeschränkt, darunter auch die von Websites sozialer Netze, und Zeitungen geschlossen sowie politische Parteien verboten.

Im Februar 2010 wurde vor dem UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Universellen Periodischen Überprüfung die Lage der Menschenrechte im Iran begutachtet. Der Iran akzeptierte dabei mehrere Empfehlungen anderer Staaten zur Garantie der freien Meinungsäußerung und Pressefreiheit, wies jedoch andere Empfehlungen zurück, die ein Ende von Maßnahmen wie Schikanen und willkürlichen Festnahmen von Autor_innen, Journalist_innen und Blogger_innen forderten.

EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte meine großen Bedenken über den Verlauf des Verfahrens gegen Hossein Derakhshan zum Ausdruck bringen.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Rechtsmittel gegen das ergangene Urteil, die sowohl die Fakten als auch die rechtliche Grundlage seiner Verurteilung und des Strafmaßes einschließen sollten, in Übereinstimmung mit internationalen Standards in einem fairen Gerichtsverfahren begutachtet werden.
  • Sofern Hossein Derakhshan nur aufgrund der friedlichen Äußerung seiner Ansichten in Haft gehalten wird, fordere ich Sie mit Nachdruck auf, ihn umgehend und bedingungslos freizulassen.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed ‘Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: [email protected] oder über die englischsprachige Website:http://www.leader.ir/langs/en/index.php?p=letter

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh,
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri, Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)

KOPIEN AN
LEITER DER IRANISCHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
His Excellency Mohammad Javad Larijani
Bureau of International Affairs
Office of the head of the Judiciary,
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri, Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 98) 21 5537 8827 (bitte öfter versuchen)
E-Mail: [email protected]

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67,
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: [email protected]

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. November 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.


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