Unsere erste eigene Wohnung zu dritt

Unsere erste eigene Wohnung zu dritt Vier Wochen hatte ich Zeit, mich um alles, was unsere neue Wohnung betraf, zu kümmern. Wir benötigten alles: sämtliche Möbel, Vorhänge, Lampen, Kissen, Decken, Bettwäsche, Geschirr, Besteck, sämtliche Küchenutensilien, Staubsauger, Bügeleisen, Bügelbrett, Handtücher...und, und, und....
Einen Kredit konnte und wollte ich nicht aufnehmen. Erstens hätte ich sicherlich keinen bekommen, ich konnte keinerlei Sicherheiten vorweisen, mein Arbeitsvertrag bestand erst seit knapp 3 Monaten. Außerdem hätte ich den Kredit nicht bedienen können, zu knapp war das ganze Vorhaben kalkuliert.
Zuerst saß ich ratlos da und wusste mir nicht zu helfen. Dann aber traf mich vollkommen unerwartet eine Welle der Hilfsbereitschaft: mein Bruder, der mittlerweile auch verheiratet war und 2 Söhne hatte, lieh mir 1000 DM. Er sagte, ich könne ihm das Geld so zurück bezahlen, wie ich in der Lage dazu sein würde, es gab also keine festen Monatsraten. Und sollte ich einen Monat mal nichts zurück bezahlen können, wäre das auch nicht schlimm. Ich war ihm sehr, sehr dankbar. Mit diesem Geld konnte ich das Nötigste kaufen.
Außerdem bekam ich von der Familie seiner Frau ein altes Schrankbett, das zusammengeklappt aussah wie ein Sideboard. Das war ideal fürs Kinderzimmer. Tagsüber konnte man das Bett zusammenklappen, dann hatten die Kinder mehr Platz zum Spielen. Einen alten Elektroherd fand sich auch noch im Keller seiner Schwiegereltern, den sie mir ebenfalls schenkten. Meine Eltern gaben mir einen runden Couchtisch, Federkissen und -decken und die passende Bettwäsche dazu. Möbel kaufte ich gebraucht über Kleinanzeigen oder beim Gebrauchtwarenhändler. So erstand ich günstig eine Eckcouch und ein Sideboard fürs Wohnzimmer, einen Esstisch mit 4 Stühlen für die Essecke. Für die Küche fand ich einen Edelstahlspülen-Unterschrank, einen gebrauchten Kühlschrank und weiße Ober- und Unterschränke. Auch ein gebrauchtes Gitterbett für Marco fand ich und einen alten 4-türigen Kleiderschrank sowie einen Kindertisch mit 2 Stühlen.
Alles war gebraucht und nicht mehr sehr schön. Ein Sammelsurium an Möbeln. Doch mein Vater half mir, die Möbel mit Farbe aufzupeppen. Der Schrank wurde rotweiß, das Schrankbett weiß und das Gitterbettchen in blau gestrichen. Das Kinderzimmer war dadurch bunt und fröhlich geworden.
Ich erstand ebenfalls günstige Vorhänge und Lampen. Es war unglaublich, aber mit den 1000 DM meines Bruders konnte ich tatsächlich alles kaufen, was wir zu den geschenkten Dingen noch brauchten. Selbst ein Umzugswagen mit einem Möbelpacker war noch drin.
So klappte alles bis zum 1. Oktober und auch den Umzug selbst überstanden wir ohne nennenswerte Katastrophen.
Als alles in die Wohnung getragen war, die Möbel aufgestellt waren, in der Küche der Herd funktionierte und das Wasser ins Spülbecken lief, die Lampen aufgehängt waren und die Kartons auf die Zimmer verteilt waren, da verabschiedeten sich meine fleissigen Helfer, allen voran mein Vater. Ohne ihn hätte ich das alles nicht geschafft.
Plötzlich waren die Kinder und ich allein in unserem Umzugschaos.
Bianca fand das Ganze aufregend, Marco war mit der Situation überfordert, er schlief in meinen Armen ein. Dann bahnte ich mir mit dem schlafenden Marco im Arm den Weg zu seinem Bettchen und legte ihn hinein. Es war bereits Abend. Der Umzug hatte extrem lange gedauert, weil wir viele verschiedene Orte anfahren mussten, um die Möbel einzusammeln.
Auch ich war kaputt und saß müde auf meiner Couch, die gleichzeitig mein Bett war.
Urplötzlich traf mich die Gegenwart wie ein Keulenschlag. Ich war 24 Jahre alt, hatte 2 Kinder und war nun für meine Kinder, für die Arbeit, die uns ernähren sollte und für die Wohnung alleine verantwortlich.Bis jetzt hatte ich immer noch meine Eltern an meiner Seite gehabt, die mich unterstützten, nun war ich so gut wie auf mich alleine gestellt. Ich spürte die Last auf meinen Schultern und sie drückte mich schwer. Doch ich war nicht der Typ, der gleich einknickte. Ich packte meinen Kampfgeist aus, nahm Bianca in den Arm, die nun ebenfalls müde neben mir saß und sagte;"Wir schaffen das! Das haben schon andere vor uns geschafft und wir schaffen das auch!"
Bianca sah mich etwas verständnislos an und sagte einfach nur:"Ok Mama, wir schaffen das!" und lächelte mich an. Ich konnte nicht anders, ich drückte, herzte und knuddelte sie.
Und wieder trug mich meine unerschöpfliche Hoffnung. Alles wird gut, dachte ich. Alles wird gut!


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