UNION/FDP: Quo vadis “H4-Bildungspaket”

Als der Vorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, Ministerin von der Leyen (CDU) im Bundestag als “eiskalt” bezeichnete, hatte er keineswegs übertrieben. Die Arbeitsministerin hatte für die Koalition wenige Tage später erneut klar grundgesetzwidrige HartzIV – Regelungen verabschieden lassen, die dann später sogar durch SPD-Bundesrats-Abgesandte abgesegnet wurden. An und für sich waren von Anfang an die vorsätzlichen Rechtsbrüche gemessen an der Rechtsfortschreibung des Urteils des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Absatz-Nr. (1 – 220)) unübersehbar. Die berechtigte Kritik hat unter Anderem der PARITÄTISCHE LANDESVERBAND BW hier zum Ausdruck gebracht. Die diskriminierenden und unmenschlichen Rechtsverstöße der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen ist unübersehbar. Als weitere Lektüre empfehle ich das Gutachten von Prof. Dr. jur. Johannes Münder, TU Berlin: Lehrstuhl für Sozialrecht und Zivilrecht.

Mit dem sog. “Bildungspaket” sollten auch die Kinder der nach SGB II Leistungsberechtigten gefördert werden. Da heißt es in § 28 Abs. 5 SGB II:

Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

Wie sieht nun die Praxis aus Sicht der Kinder und der Eltern aus?

Zunächst müssen sich die Eltern, und damit die Kinder, als BEDÜRFTIGE Bezieher nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II / XII) zu erkennen geben, für viele eine Art öffentlicher Pranger, weil Teile der Medien und die neoliberalen Politiker aus Eigennutz Interesse daran haben, viele Bürger in der Armut zu halten. Dazu gehört auch die verbale Stigmatisierung, da gedemütigte Menschen eher bereit sind, ohne Gegenwehr prekäre (Zwangs-)Arbeit anzunehmen.

Die Technik der öffentlichen Zurschaustellung ist seit den 30er Jahren bekannt. Dazu gehört es auch, Eltern und Kinder die meist unverschuldete Armut als Makel spüren zu lassen, sei es in der Schule, wenn der Lehrer die vorgenannten “Lernziele” beurteilen muss, sei es in den Behörden.

Jetzt will sogar diese unglaublich eiskalte von der Leyen den Familien Mitarbeiter der Jobcenter / Sozialagenturen / Sozialämter auf den Hals schicken, weil nur sehr wenige Eltern die “Lernförderung” bisher beantragt hatten.

Aber da ist Vorsicht geboten. Der UNION und der FDP und ihren neoliberalen Eingebungen ist vieles zuzutrauen.

Solche “Hausbesuche”, überwiegend überraschend und ohne schriftliche Ankündigung, könnten ganz andere Absichten haben. Da ist aufgrund der Praxiserfahrung eher zu vermuten, dass die Abgesandten der Behörden auch mögliche Verstöße im Sinne des “Leistungsmissbrauches” mit ermitteln und aufnehmen sollen! Um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht nicht darum, “Leistungsmissbrauch” zu schützen! Es geht vielmehr darum, “harmlos” klingende Fragen, z.B. nach dem Bestehen einer sog. “Bedarfsgemeinschaft” entsprechend der tatsächlichen Gegebenheit zu beurteilen, nicht nach den “Haushaltsgesichts-punkten” der Sozialagentur. Und dem Laien ist nicht geläufig, was bestimmte (Rechts-)Begriffe bedeuten.

Die Betroffenen sollten wissen, dass sie niemanden in ihr Haus oder ihre Wohnung lassen müssen. Wer ohne schriftliche Ankündigung (mit Angabe des Besuchsgrundes) sich Zutritt verschaffen will, sollte grundsätzlich abgewiesen werden. Und selbst wenn der Besuch mit Angabe des Grundes angekündigt wird, gibt es nach der SGB – Rechtslage keine Mitwirkungspflicht! Mit anderen Worten: Der Leistungsberechtigte nach SGB II / XII ist nicht verpflichtet, jemandem Zutritt zu gewähren. SGB – Leistungen (Regelsatz usw.) dürfen deshalb nicht entzogen werden. Nur wenn aufgrund eines bereits “vorliegenden” Antrages des Leistungsberechtigten zusätzliche Leistungen (z.B. notwendige Reparatur oder Neubeschaffung eines Herdes) zu entscheiden sind, kann ein “Hausbesuch” geboten sein. Das gilt aber NUR, wenn die benötigten Informationen/Nachweise durch den Leistungsberechtigten nicht auf anderem Wege erbracht werden können. Nach den Fachanweisungen der Bundesanstalt für Arbeit ist der Hausbesuch als ultima ratio anzusehen.

Aber selbst dann kann der Leistungsberechtigte den Hausbesuch ablehnen, da die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Abs. 1 GG von der Behörde respektiert werden muss. Im schlechtesten Fall könnte höchstens der beantragte Sonderbedarf verweigert werden. Aber in solchen Fällen wäre zu empfehlen, einen Fachanwalt für Sozialrecht zu konsultieren; die “Rechtsbrüche” der Sozialverwaltung, gemessen an den Urteilen der Gerichte der letzten Jahre, sind LEGION.

Und wer dennoch den “Hausbesuch” zulassen will der sollte wissen, dass die Abgesandten der Behörden den “Grund für den Hausbesuch”, nicht selten “Verdacht auf Leistungsmissbrauch”, sofort bekanntgeben müssen. Der Leistungsberechtigte kann das Zutrittsrecht zu bestimmten Räumen selbstverständlich begrenzen oder untersagen und jederzeit den Besuch beenden. Die Mitarbeiter der Behörden sind verpflichtet, die Ergebnisse des Hausbesuches schriftlich zu protokollieren. Auf Verlangen des Leistungsberechtigten ist eine Durchschrift des Protokolls sofort auszuhändigen, was zu empfehlen ist.

Ohne Anwesenheit möglichst “neutraler, sachkundiger Zeugen” (z.B. auch Beistände nach § 13 SGB X über Selbsthilfegruppen) hat der Betroffene kaum eine Chance, die ihm zustehenden Rechte zu wahren, er könnte leicht ein “Opfer er “Sparpolitik” werden und noch mehr an “menschenwürdigen Teilhabe” verlieren.

Ob sich Lehrer von dem Wissen beeindrucken lassen, dass ein/e Schüler/in zu einer “Bedarfsgemeinschaft” gehört, ist eine berechtigte Frage, die bereits von einigen kritischen Stimmen kommentiert wurde. Die von der JOURNAILLE erzeugte “Pogromstimmung” gegen HartzIV-Empfänger ist jedenfalls nicht zu unterschätzen. Schließlich will man ja auch die Kinder davor schützen.

Allein aus dieser Sicht wundert es nicht, wenn das “Bildungspaket”, in Wirklichkeit “inhaltlich” und vom Umfang her ein Euphemismus, nicht nachgefragt wird.

Aber viel wesentlicher ist, dass die sowieso dürftigen Beträge für “Lernförderung” (nur 10 Euro/Monat) für lernschwache Schüler, die das “Lernziel” nicht erreichen (können), gar nicht vorgesehen ist.

Der bewusst “unbestimmt” formulierte Absatz 5 (siehe oben) erschwert bewusst die Förderung der Kinder. Man konnte bei der Gesetzesverkündung des Eindruck haben, dass es damals nur um eine Art “Wahlwerbung” ging, nicht in Wirklichkeit um die Kinder. Den schwachen Schülern sollen augenscheinlich nicht geholfen werden, Thilo Sarrazin lässt grüßen. Da wirkt das Gerede von der “Mitnahme aller Menschen in der Gesellschaft” bezogen auf die Kinder geradezu zynisch.

Und die jüngste, restriktive Rechtsprechung droht sogar mit möglichen “Rückforderungen”, wenn erkennbar das “Lernziel” nicht erreicht werden konnte, möglicherweise sogar “verhaltensbedingt.

Die betroffenen Familien werden mit dem (völlig unzureichenden) “Bildungspaket” der Behördenwillkür und den Gerichten durch eine völlig absurde Gesetzeslage ausgesetzt. Kein Wunder, dass die Betroffenen diese “Segnungen” bisher gemieden haben.

Einige dürften die Ankündigung, von Behörden-Mitarbeitern “heimgesucht” zu werden, geradezu fürchten. Da kann man nur den Rat geben, sich rechtzeitig an Selbsthilfegruppen zu wenden oder sich darüber zu informieren, wie man “unerwünschten” Besuchen begegnen kann.



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