Ungültige Nonnenordinationen von Ajahn Brahm und Thich Nhat Hanh (Zusammenfassung)

Auf einer Mailingliste fasste ich kürzlich noch einmal die Hauptkritik am Ansatz von Ajahn Brahm (Peter Betts) zusammen. Grundlage der Diskussion war hier ein Essay von Bhante Analayo über die Rechtmäßigkeit der Bhikkhuni-Ordination. Aufgrund der momentanen Aufmerksamkeit für den Dünnschiss, den Brahm mit zwei Büchern auf die Sachbuch(!)-Bestsellerliste Deutschlands brachte, halte ich eine erneute Kritik für angebracht. (Der Literaturkritiker Denis Scheck besprach Brahms Werke so: Mit dem Kategorischen Imperativ Kants sei ihr ganzer Inhalt bereits zusammengefasst).1) Zunächst lese man Analayos Anmerkungen zum Umweg über die Ordination im Dharmaguptaka Vinaya. Hier benutzt der Autor häufiger das Wort "vielleicht", um zu zeigen, dass es dabei durchaus Ungereimtheiten gibt - wie wird man z. B. in der Theravada-Sangha angenommen, wenn man in einer anderen ordiniert hat usw. Ich habe kürzlich auf dieser Liste einen Aspekt ergänzt. Da diese Ordinationen in der Regel in Tempeln der Linji-(Zen)-Tradition in Taiwan stattfanden, habe ich gefragt, inwiefern sich der Geist eines "Linji" (mit dem, was ihm zugeschrieben wird) überhaupt mit einem solchen Regelwerk vereinbaren ließe. Aus all diesem folgt, dass dieser Umweg - zumal aus Sicht der Inhalte, die die Linji-Tradition ausmachen - relativ absurd ist (eine Kritik, die auch an den entsprechenden Chan-Orden in Taiwan ginge). Er spielt deshalb auch in Analayos Zusammenfassung am Ende seines Essays keine Rolle. Ein weiterer Aspekt ist, dass der von Nonnen zuweilen eingebrachte Hinweis, es handele sich bei diesem (taiwanesischen) Nonnenorden um einen "ununterbrochenen", von Analayo in einer Nebenbemerkung ebenfalls widerlegt wird. Er sei vielmehr im 5. Jhd. von Sri Lanka nach China gekommen und der diesbzgl. Dharmaguptaka-Vinaya im 8. Jhd. dort staatlicherseits abgesegnet worden. Mit anderen Worten, Analayo gibt hier einige Hinweise, die für Methode 2 sprechen.
2) Dies ist die Ordination durch Bhikkhus zur Neugründung eines Nonnenordens, wie sie in Sri Lanka 1998 geschah (siehe S. 34 des Aufsatzes). Die Perspektive: Nachdem diese Nonnen entsprechend zehn Jahre vollordiniert wären, könnte von da an die "duale" Ordination stattfinden, da es ab dann ja zwei voll funktionsfähige Orden für bhikkhu und bhikkhuni gäbe. Ajahn Brahm hat sich aber auch Nonnen der o. g. chinesischen Tradition bedient. Das gleiche gilt für das kürzliche Event der Nonnenordination in Deutschland. Hierzu wurde schon gesagt, dass Brahm deshalb sowieso von Beginn an den Ausschluss aus seiner Thai-Sangha erwarten durfte. Es hatte also keinerlei Vorteile, erneut den fragwürdigen Umweg über im Dharmaguptaka Vinaya Ordinierte zu nehmen statt von nun an konsequent das "Model Sri Lanka" in die Welt zu tragen. 
Wichtig ist auch, dass hier unterstellt wird, eine dem Vinaya gemäße Handlung zu vollziehen, dazu aber eben auch die Anwesenheit von 10 Nonnen gehört. Die eigentliche Formulierung (siehe Kap. 14 in unten genannter Übersetzung des Vinaya) bezieht sich auf nicht mehr klare Grenzen um das Ganges-Gebiet, außerhalb derer nur 5 Nonnen oder Mönche für die Ordinationszeremonien ausreichend seien. Dahinter steckte jedoch ein Motiv. Hierbei beziehe ich mich auf eine Definition z.B. bei der genannten Gruppe aus Deutschland (Anenja Vihara), die gerade Nonnenordinationen durchführte: "Buddha hat zwar erlaubt, dass in einem Land wie Deutschland - im Unterschied zu den Ländern, in denen seine Lehre wie in Indien schon weit verbreitet war - die Zahl der Sanghamitglieder ("das Quorum") halb so groß sein kann; doch auch dies bedeutet die Anwesenheit von mindestens fünf Bhikkhunis und fünf Bhikkhus." Wie ich schon sagte, kann man religionshistorisch davon ausgehen, dass es zu Shakyamunis Lebzeiten in Indien weniger (!) Buddhisten gab als heute in Deutschland oder Australien - da beißt sich die Katze also nochmals in den Schwanz. 
Analayo spricht in seinem ganzen Essay übrigens nicht ein Mal von Ajahn Brahms Ordinationsansatz. Er sagt vielmehr: Die zweifache (duale) Ordination sei vorzuziehen, sobald es bereits einen Nonnenorden gibt (S. 26). Kurz davor hat er erklärt, warum ein Theravada-Orden (und nicht eine Ordination im Dharmaguptaka-Vinaya oder, wie ich es direkt sage: im Umfeld eines Zen-Ordens) der bessere Weg sein dürfte. Darum kann man Analayos Essay ebenfalls als Kritik an Ajahn Brahms (und ggf. dem "deutschen" Weg) lesen.
3) Für Thich Nhat Hanhs Ordination von Chan Khong gilt das oben gesagte so nicht, denn TNH ist laut eigenen Aussagen im Dharmaguptaka Vinaya ordiniert. Hier bestand ein Nonnenorden, und darum hätte seine Frau Chan Khong zuerst von diesem ordiniert werden müssen, um (vinaya-)rechtsgültig von TNH ordiniert werden zu können. Dies ist die korrekte Reihenfolge, wenn ein Nonnenorden bereits existiert. Das spezielle Problem der Theravada-Nonnen stellt sich in diesem Fall gar nicht.
4) Auf einem anderen Blatt steht, warum nicht Frauen einfach einen Nonnenorden gründen, ohne sich um all diese Formalitäten zu scheren (meinen Segen hätten sie). Mir geht es hier um die Kritik an jenen Mönchen, die davon leben, den Eindruck zu erwecken, dem Vinaya zu folgen - diesen aber tatsächlich beliebig zurechtbiegen. Damit ist nicht Analayo gemeint, sondern z. B. Ajahn Brahm oder TNH. Diese Heuchelei aufzuzeigen ist wichtig. Das Lächerliche in ihrem Akt besteht darin, immer wieder der Form genügen zu wollen, aber dabei die Zuschauer bewusst darüber hinwegzutäuschen, dass sie diese Form ständig verletzen. Es ist ein Trauerspiel, in dem sich Berobte nur allzu oft verstricken.
5) Warum der Vinaya als solches auch aus ethischen Gründen nicht mehr haltbar ist und hinter die Standards einer modernen demokratischen Gesellschaft und ihrer Rechtsprechung zurückfällt, wird klar, wenn man sich seine Ausschlusskriterien ansieht. Nicht ordiniert werden können zum Beispiel Menschen abnormen Geschlechts - womit etwa Transsexuelle gemeint sind (siehe S. 189/1.) - und Epileptiker (S. 194, 2.a.). Solche Ausgrenzungen machen deutlich, wie sinnlos ein Festhalten am Wortlaut des Vinaya per se ist.

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