Ungleichheit produziert Konformität

Es gibt Menschen, die absolut resistent gegenüber der Realität sind und sich irrigerweise für die absoluten Realisten halten. Zu diesen Menschen gehört Christian Lindner, der akute, äh, aktuelle Generalsekretär der FPD. Christian Lindner hält den Versuch der Studie von Kate Pickett und Richard Wilkinson, den Vorrang der Gleichheit vor der Freiheit wissenschaftlich zu belegen, für gescheitert. Den Gegenbeweis führt er zwar nicht, aber wir sind nicht kleinlich, uns reicht sein Wort als Generalsekretär. Immerhin erwähnt er in seiner „anderen Meinung“ im Tagesspiegel „aktuelle Untersuchungen“ eines gewissen Zentrums für gesellschaftlichen Fortschritt, die zeigten, dass es keine Verbindung zwischen Zufriedenheit und Gleichheit gebe.

Das mag sein – denn je ungleicher die Menschen im Sinne der FDP sind, in diesem Fall also deutlich reicher als die meisten anderen, desto zufriedener können sie sein. Die ganzen anderen dagegen, die alle gleich wenig bis gar nichts haben, sind vermutlich total unzufrieden damit. Das haben sie also von ihrer verdammten Gleichheit. Zu einem anderen Ergebnis kann ein Zukunftszentrum, das gemeinsam für eine zukunftsfähige soziale Marktwirtschaft wirbt, auch gar nicht kommen.

Christian Lindner hält die Ungleichheit für die Hefe im Teig der Marktgesellschaft. Damit hat er in gewisser Weise sogar recht – denn wenn es nicht so wäre wie es heute noch ist, da sich die Mehrheit der Menschen auf dem Markt anbieten müssen, um überhaupt ihr Brot zu verdienen, dann ginge es den Profiteuren der Marktgesellschaft schlecht. Nämlich den Besitzenden. Und genau für die und nur für die macht die FDP ihre Politik. Und sorgt dafür, dass die Leute weiterhin ranklotzen müssen, dass sich der Reichtum der FPD-Klientel auch weiterhin schön mehre und kein anderer an ihn rankommt.

Lindner schönt diese Tatsache zwar mit der Behauptung, dass in der Freiheitsordnung, die ihm vorschwebe, der Starke nicht automatisch und dauerhaft stark und der Schwache nicht automatisch und dauerhaft schwach sei. Zumindest theoretisch versteht sich. Denn Freiheit, Chancengerechtigkeit und soziale Durchlässigkeit seien die Quellen der Hoffnung, dass Schweiß und Tränen durch sozialen Aufstieg belohnt werden.

Auch das will ich gar nicht in Abrede stellen: Diese Hoffnung zumindest gibt es und weil noch immer so viele Menschen entgegen ihrer tatsächlichen Lebenserfahrung weiterhin daran glauben wollen, sitzen die FDP-Jungs und – Mädels noch in Ausschüssen, Aufsichtsräten und Vorständen, statt im lauen Abendwind sanft am nächsten Laternenpfahl zu baumeln.

Das Verrückte ist: Warum machen die Leute die Augen nicht auf, um festzustellen, wie es tatsächlich ist? Nämlich, dass Leistung, dass Blut, Schweiß und Tränen normalerweise eben nicht belohnt werden? Dass sie mit all ihren Bemühnungen tatsächlich nur die Hefe sind, die das Brot, das die so genannten Brötchengeber in der Regel alleine fressen, so schön aufgehen lässt?

Im Gegenteil – je elender der Job ist, den man sich antun muss, je mehr Blut, Schweiß und Tränen es einen kostet, über die Runden zu kommen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, eines Tages zu denen zu gehören, die Ungleichheit super finden, weil sie die anderen für sich arbeiten lassen können, anstatt selbst Tränen zu schwitzen und Blut zu vergießen.

Klar, es kann halt nicht jeder Chef sein und es ist auch nicht für jeden einen gemütlicher Schreibtisch-Job vorhanden, der halbwegs ordentlich bezahlt wird. Putzfrauen, die drei Knochenjobs gleichzeitig machen müssen, um davon leben zu können, Lastwagenfahrer, Sicherheitsleute, Erntehelfer, Pfleger, Krankenschwestern, Erzieherinnen, gar nicht zu reden von den Leuten in anderen Ländern, die für wenig Geld ihre Gesundheit und ihr Leben ruinieren müssen, weil Gleichheit nicht mal ein schöner Traum ist, sondern einfach nicht statt finden darf, damit die einen ihren Vorteil zum Nachteil der anderen perfektionieren können.

Es gibt doch lauter Leute, die echt etwas leisten und doch niemals eine Villa am Stadtrand oder auch nur ein schickes Auto in der Garage haben werden! Und das neu geschaffene Heer der Billiglöhner und Ein-Euro-Jobber wird gern bestätigen, dass sich Leistung noch nie so wenig gelohnt hat wie in diesen Zeiten. Dabei ist das Bild mit der Hefe gar nicht so übel. Gleichheit könnte nämlich die Hefe in einem Teig der solidarischen Menschengesellschaft sein, die diese Kindereien von Konkurrenz und Markt überwunden hat und nun ihre Energie auf das gute Leben aller richten könnte, statt die anderen ständig in Grund und Boden zu konkurrieren. Gleichheit meint doch nicht, dass alle nur noch Rotwein trinken sollen. Kein Kommunist würde Herrn Lindner verwehren, sich eine Flasche Sekt aufzumachen, wenn er sein Tagewerk geleistet hat. Oder Mineralwasser zu trinken. Oder Bier. Gleichheit meint auch nicht, dass jeder so rumlaufen müsste wie ein FDP-Fatzke. Aber es würde ihn auch keiner daran hindern, so rumzulaufen, wenn es ihm denn Freunde bereitet. Gleichheit meint doch nicht Konformität. Im Gegenteil. Ohne diesen Druck, unter den uns die Marktgesellschaft setzt, die uns eine Konformität abverlangt, wie auch der verbohrteste Gleichheitsfanatiker sie kaum ausdenken könnte, könnte sich erst wahre Vielfalt entwickeln. Ungleichheit produziert Konformität. Da sind diese FDP-Fuzzis doch das beste Beispiel für.



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