Annas Tante hat die Frage gestellt.” Anna?, in welchen Welten bewegst du dich?”
Anna(13) schweigt. Sie weiß, dass ich ihre Lektüre nicht billige.
Wir sitzen bei Kaffee und Kuchen zusammen, klönen über damals und heute.
Die Tribute von Panem-vermutlich. Der Cousin liegt richtig.
“Brutales Zeug, als gäbe es nicht genug Krieg in der Welt”, erwidere ich genervt.
“Eine intelligente Geschichte”, der Cousin hält dagegen.
Ich passe. Weder habe ich die Bücher gelesen, noch die Filme gesehen.
Im Kopf habe ich bei solchen Gelegenheiten die mahnenden Worte von Karlas Patentante, ich solle versuchen teilzuhaben an den Interessen der Größeren, auch wenn es nicht meinen Geschmack träfe. In dieser Zeit käme es darauf die Bindung nicht zu verlieren. Ich weiß, dass sie recht hat.
Allein zu Haus betrete ich Annas Zimmer, nehme mir die Tribute von Panem aus dem Regal und beginne zu lesen. Am Beginn geht es um Ungerechtigkeit, dem täglichen Kampf ums Überleben, um Hunger, Depression, Ohnmacht und Zorn. Es ist gut geschrieben-ohne Zweifel und zutiefst melancholisch.
Als Anna mir bisher etwas über das Buch etwas erzählen wollte, wehrte ich stets ab. Das bedauere ich jetzt und zum wiederholten Male nehme ich mir vor besser zuzuhören, aufmerksamer zu sein und toleranter auch.
