„Und was hat Dein Chef gesagt?“

Ich hatte gestern ein Gespräch mit meinem Chef, um über meine Rückkehr in den Job zu sprechen. Da ich schon nach der Elternzeit der Großen „nur" in Teilzeit gearbeitet habe mit 19 Stunden pro Woche, standen zwei Möglichkeiten zur Wahl. Entweder wir schließen einen Teilzeitvertrag während der Elternzeit ab - eben für die Dauer der Elternzeit oder wir beenden die Elternzeit und ich kehre zu meinen Konditionen aus dem aktuell ruhenden Arbeitsvertrag zurück, also 19 Stunden pro Woche.

Grundsätzlich hat man einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeittätigkeit während der Elternzeit zwischen 40 und 80 % (gemessen an einem Vollzeit-Arbeitsvertrag). Wenn Teilzeit überhaupt nicht in den Betrieb passt, dann kann der Arbeitgeber das ablehnen und der Angestellte darf sich einen Teilzeit-Job während der Elternzeit in einem anderen Unternehmen suchen, wofür dann allerdings eine Zustimmung vom Arbeitgeber erforderlich ist, bei dem man die Elternzeit eingereicht hat. Gerade, wenn es dann um konkurrierende Unternehmen geht, ist eine Ablehnung ja auch verständlich. In großen Unternehmen kann es auch sein, dass zwar der Job, den man vor der Elternzeit ausgeübt hat, nicht teilzeit-tauglich ist, aber dann kann man im gleichen Unternehmen auf einer anderen Stelle arbeiten, die besser geeignet ist. So einfach ist es für die Arbeitgeber nicht, zu behaupten, Teilzeit ist bei uns nicht möglich. Da sich in meinem Fall allerdings bereits gezeigt hat, dass Teilzeittätigkeit möglich ist, stand dies nicht zur Diskussion, sondern nur die Stundenzahl, die vertragliche Regelung und die Aufteilung der Stunden auf die Wochentage.

Mein Mann hat sich für den Tag freigenommen, damit das Gespräch mit meinem Chef nicht nur telefonisch sondern persönlich vor Ort stattfinden kann. Mir war es wichtig, dass wir dies persönlich besprechen und uns dabei ansehen können, obwohl für ihn auch ein Telefonat in Ordnung gewesen wäre. Vorab hatte ich ihm meine Präferenz zugeschickt, welche Stundenzahl und Wochentage ich bevorzuge und welche Kriterien es gibt, die Einfluss auf meine Tätigkeit haben.

Der Großen hatte ich einen Tag vorher erzählt, dass ich am nächsten Tag mit meinem Chef rede, wann ich arbeite, wenn sie in den Kindergarten und zur Tagesmutter geht und dass sie dann mit der Kleinen bei Papa bleibt. Sie hat gesagt: „Dann bin ich aber traurig". Ich habe gesagt, dass ich das verstehe, aber dass sie mit Papa schön spielen kann und dass ich nach dem Mittagessen wieder zurück bin und wir dann zusammen zur Spielgruppe fahren. Es war das erste Mal, dass der Papa mit beiden gleichzeitig zu Hause blieb. Die Kleine ist sowieso eher papa-bezogen und die Große spielt ja schon sehr eigenständig. Ich war mir sicher, dass alles gut klappen wird. In der Nacht vorher hat die Große 2 Stunden lang immer wieder nach mir gejammert und sich vergewissert, dass ich da bin. Beim Frühstück saß sie die ganze Zeit auf meinem Schoß und wollte vorher von mir getragen werden, überallhin. Dann löste sie sich von allein, ich konnte meine Tasche packen und losfahren.

Bei der Gelegenheit hab ich noch schnell das Auto ausgesaugt (wann bin ich schon mal ganz ohne Kinder unterwegs, um auch unter den Kindersitzen zu saugen?). Dann bin ich losgefahren mit gehöriger Nervosität, aber mit dem Gefühl, gut vorbereitet zu sein. Ich hatte mir 2 Seiten voller Notizen gemacht mit allen Möglichkeiten, Argumenten, Bedingungen und Pro und Kontra für jede Variante.

Als ich im Büro ankam, habe ich mich bei meinen neuen Kollegen vorgestellt (unglaublich, wie schnelllebig die Zeit ist und was sich in so kurzer Zeit verändert) und mit den bekannten Kollegen ein paar Worte gewechselt, bevor mein Chef und ich dann in den Besprechungsraum gingen. Zuerst fragte er mich, wie die Regelung ist - also rein gesetzlich, welchen Anspruch ich habe und wie aktuell die Vertragslage ist, bis wann ich Elternzeit eingereicht habe, usw. Anschließend kamen wir sehr schnell auf die Aufgaben zu sprechen und was sich zwischenzeitlich geändert hat. Mein Vorschlag war, die Arbeitszeit auf 40 Prozent, also 2 ganze Arbeitstage zu reduzieren - ob als Teilzeit während der Elternzeit oder dauerhaft, da war ich flexibel. Grundsätzlich kann ich mir eine dauerhafte Reduktion vorstellen. Sein Argument, dass die Aufgaben eher nicht einen ganzen Tag füllen, verstehe ich. Laut meiner Einschätzung ist es sowohl für die Gleichwertigkeit mit den Kolleginnen und Kollegen, die Vollzeit arbeiten als auch für die Einarbeitung sinnvoll, ganze Tage da zu sein (die Vollzeit-Kollegen sind ja auch ganze Tage anwesend). Wir einigten uns also schnell auf die Lösung, das auszuprobieren und gerade für die Einarbeitungszeit erstmal ganze Tage ins Büro zu kommen und zwar 2 ganze Tage. Für die Wochentage und Aufgabenzuordnung überlegten wir uns 3 Möglichkeiten, die er nun mit den Kollegen und der Personalabteilung bespricht, um dann in etwa 2 Wochen eine finale Entscheidung zu treffen. Alle 3 Möglichkeiten sind für mich gut machbar, deshalb überlasse ich hier die Entscheidung ihm.

Nach dem Gespräch nutzte ich noch die Gelegenheit, mit einigen Kollegen zum Mittagessen zu gehen.

„Und was hat Dein Chef gesagt?“

Ich erfuhr, dass noch ein weiterer Kollege die Abteilung verlässt. Sehr schade, aber so ist eben der Lauf der Arbeitswelt. Wenn ich ab Oktober wieder arbeite, bin ich schon eine derjenigen, die am längsten dabei sind und doch muss ich alles wieder neu lernen, weil sich so viel geändert hat. Es war sehr schön, sie wiederzusehen und ein bisschen Arbeitsluft zu schnuppern, obwohl ich natürlich dann meine Kinder vermissen werde. Es tat sehr gut und es wird mir auch gut tun, an einigen Tagen feste Aufgaben zu haben fernab der Wohnung. Darauf freue ich mich.

Wie ich bei Jessi vom Terrorpüppi-Blog schrieb, ist unser Familienmodell sehr klassisch, nämlich dass ich so wenig wie möglich arbeite, um so viel Zeit wie möglich mit den Kindern zu verbringen und für sie da zu sein. Selbst wenn beide in den Kindergarten gehen und später in die Schule, wird mir sicherlich nicht langweilig werden.

Ich bin sehr dankbar, dass

  • meine Kollegen mich so freundlich empfangen haben und Freude über meine Rückkehr äußerten
  • isowohl die beruflichen als auch meine privaten Interessen sowie auch die Belange der Tagesmutter berücksichtigt werden können
  • die Lösung all dies beinhaltet
  • mein Chef dafür Verständnis hat und auf meinen Vorschlag eingegangen ist
  • eine teilweise Tätigkeit für meinen Chef in Betracht kommt, was mir eine Fahrzeit von 2 Stunden erspart
  • ich in einem großen Unternehmen arbeite, in dem auch Mütter als wertvolle Arbeitskräfte geschätzt werden
  • mein Mann meine Meinung zum Familienmodell teilt und unterstützt
  • dieses Modell auch für meine Kinder gut passt und sie sich auf die Bezugspersonen gut einlassen

Was mir an der Vereinbarung und an der Regelung besonders wichtig ist, ist dass die Lösung durch mich abzuwickeln ist, ohne zu sehr unter Druck zu stehen. Ich kann also erst im Büro sein, wenn ich beide Kinder weggebracht habe (die Große in den Kindergarten und die Kleine zur Tagesmutter). Da mein Mann oft bei Kunden arbeitet und die Autobahn Richtung Köln entsprechend stau-anfällig ist, möchte ich mich nicht darauf verlassen, dass er morgens ein oder sogar beide Kinder wegbringt. Wenn es an meinen Arbeitstagen doch mal klappt, umso besser, aber grundsätzlich davon auszugehen, das ist nicht möglich, weil es eben schlecht planbar ist, wann er wo arbeitet und wann er los muss. Mein Chef hat gesagt, dass es nicht sinnvoll ist, ein Aufgabenpaket vor meiner Fahrt ins Büro zu Hause im Homeoffice zu beginnen und dann (gerade, wenn etwas nicht so gut klappt) unter Druck und Stress die Kinder wegzubringen und dann mit der Zeit im Nacken auf die Autobahn zu fahren. Das finde ich sehr menschlich und fair. Außerdem muss die Arbeitszeitregelung zu meinen Betreuungsmöglichkeiten passen, da es sich auch bei pflegeleichten Kindern zeigen kann, dass eine konzentrierte Tätigkeit im Homeoffice nicht möglich ist, während die Kinder hier sind. Da hat er Recht, denn gerade wenn es klappen muss, klappt es vermutlich nicht, auch wenn es an allen anderen Tagen und Zeiten klappt. Meine Arbeit soll grundsätzlich dann erledigt werden, wenn ich im Büro - oder Homeoffice - bin, aber nicht in meiner Freizeit. Das finde ich sehr gut von ihm. Ich bin natürlich auch bereit, in meiner Freizeit etwas zu leisten oder über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus. Aber darauf das Modell auszulegen ist nicht sinnvoll. Auch die Einschränkung, dass ich mit meinem Urlaub ziemlich angewiesen bin auf Kita-Schließzeiten und Urlaub der Tagesmutter, die sich glücklicherweise mit dem Sommerurlaub an die Kita-Schließzeiten anpasst, versteht er und ist kein Hinderungsgrund für ihn. Unseren Familienurlaub müssen wir dann auch in die Kita-Schließzeit legen, sonst hätten wir keinen gemeinsamen Urlaub. Die übrigen Schließ-Tage des Kindergartens könnten entweder in Abstimmung durch die Tagesmutter oder meinen Mann abgedeckt werden, da dies ja früh genug bekannt ist, nämlich immer für das gesamte Kindergartenjahr im Voraus. Feiertage und Brückentage, an denen in unserer Abteilung gearbeitet wird, kann ich mit übernehmen, weil mein Mann an Feiertagen meist nicht arbeiten muss und eventuell Brückentage freinehmen kann oder eventuell auch die Tagesmutter bei Bedarf beide betreut. Meines Wissens ist der Kindergarten aber an Brückentagen meistens geöffnet, sodass dies kein Problem darstellen wird. Meine Notizen, die ich mir vorab machte, waren zwar hilfreich, um mich vorab zu sortieren. Im Gespräch selbst habe ich sie kaum gebraucht, weil ich so klar war, dass ich es auch ohne Notizen gut wiedergeben konnte.

Als ich nach Hause kam, fragte die Große mich: „Und was hat Dein Chef gesagt?". Ich sagte: „dass ich dann arbeiten kann, wenn Du in den Kindergarten und zur Tagesmutter gehst. Und dass wir dann noch ganz viel Zeit zusammen haben, um zu spielen, zu kuscheln und zusammen raus zu gehen." Dieses Strahlen von ihr in Verbindung mit den Worten „Da freu ich mich aber" werde ich nie vergessen und schon allein deswegen hat es sich gelohnt.

Ich freue mich, dass wir eine so gute und für alle passende Lösung gefunden haben und kann nun sehr beruhigt die restliche Zeit mit meinen Kindern genießen, bis dass die Große im August in den Kindergarten geht, die Kleine im August oder September bei der Tagesmutter eingewöhnt wird und ich dann ab Oktober wieder arbeite.

Es bestätigt mich in meiner Aussage, die ich bei Jessi machte: „Wo ein Wille ist, ist ein Weg". Und es ist nicht nur Glück, sondern auch mein Verdienst, dass ich mir ausreichend Gedanken machte, welches Modell alles unter einen Hut bringt, indem es unser Familienmodell, die beruflichen Anforderungen und die Betreuungszeiten vereinbaren lässt. Also: Vereinbarung ist möglich, wenn es alle wollen.

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