War das Autorenleben früher leichter? Zumindest anders, wenn man es romantisiert: Man zog sich in seine Bibliothek zurück, hämmerte wild auf der Schreibmaschine herum, die rutschende Brille immer wieder nach oben schiebend, und ließ sich vom fürsorglichen Ehepartner Tee und Sandwiches hereinbringen, damit man vor lauter Inspiration nicht verhungerte. Zumindest nicht, bevor das neue Jahrhundertwerk fertig war. Dann hat man einen Verlag gesucht, und der übernahm den Rest. Noch ein paar Lesetouren, hier und da ein Interview, dann durfte man sich wieder in sein Schneckenhäuschen zurückziehen. Herrlich!
Scheißwerwölfe!
Heute ist das Leben als Autor ein einziger Kampf! Nicht nur ein Kampf um die zündende Idee, das passende Wort oder den richtigen Verlag. Dieser Kampf ist vielmehr ein allumfassendes, sich täglich wiederholendes Ritual. An erster Stelle steht der Kampf um die Gunst des Lesers, denn – wer hätte das gedacht – der Leser reißt einem die Bücher nicht automatisch aus der Hand, obwohl sie ganz offensichtlich von kaum zu überbietender Genialität sind. Schon gar nicht, wenn sie nicht von Schönlingen mit Reißzähnen und exorbitant starker Körperbehaarung handeln oder vom naivem Dummchen, das sich vom triebgesteuerten Milliardär flachlegen lässt samt den Nachahmern und den Nachahmern der Nachahmer. Schlechtes Deutsch, Rechtschreibfehler, wilde Kommaregeln, alberne Dialoge … Stört offenbar niemanden. Und so geht der Kampf weiter. Diesmal gegen die aufkeimende Verbitterung, und ja, Neid schwingt auch mit. Da darf man ruhig ehrlich sein. Sich deshalb verbiegen? Das Genre wechseln? Niemals! Ich bin doch kein Auftragsschreiber! Pech für mich, da muss ich halt weiterkämpfen.
Scheißranking!
Dann wäre da noch der Kampf gegen die Uhr. Ohne soziale Netzwerke geht heute nichts mehr, sagt man doch. Also ist Autor bei Facebook, Twitter, Google + und Co. angemeldet und gibt fleißig seinen Senf ab. Bis zu einem gewissen Punkt macht es Spaß, doch irgendwann werden die sozialen Netzwerke zur Geißel, denn das, worauf es ankommt, das Schreiben, gerät immer mehr ins Hintertreffen. Schließlich hat der Tag nur 24 Stunden. Und weil manche Autoren offenbar nicht genug Kämpfe auszufechten haben, prügeln sie aufeinander ein. Selfpublisher wettern gegen die etablierte Buchbranche, während diese krampfartig versucht, nicht hinzugucken, letztlich aber doch hinschauen muss, um sich dann schaudernd abzuwenden. Wie bei einem Unfall!
Die neuen Romane sind da! Es gibt natürlich auch schöne Momente wie diesen hier anlässlich einer Bunkerlesung im Sommer 2010 nördlich von Hamburg. Links meine damalige Lektorin Tina Sternberg, rechts: ein einfaches Ich.
Ach so, für alle, die nicht wissen, was Selfpublisher sind: So werden Autoren genannt, die ohne Verlage in Eigenregie publizieren. Das kann verschiedene Gründe haben. Die einen haben keinen Verlag für ihr Buch gefunden, die anderen wollen unabhängig bleiben. Wie überall kommt dabei Gutes, aber auch Grottiges heraus. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht weiter dazu äußern, das Thema wird zurzeit eh totdiskutiert. Nur eines: Ich selbst fahre zweigleisig. Der Großteil meiner Romane und Kurzgeschichten erscheint bei klassischen Verlagen, meine ISAR 2066-Reihe veröffentliche ich als Selfpublisher, weil ich mich wie in einem Bällebad so richtig austoben kann!
Als ob es nicht reichen würde, immerzu bei Facebook und Co. herumzuhängen, sind die Seiten von amazon- und/oder Novelrank Dauergäste in heutigen Schreibstuben. Schließlich will man stündlich, nein, minütlich erfahren, wie sehr man geliebt wird – und ob sich das Schreiben rechnet. Wenn es danach geht, tut es das nicht. Warum? Weil man sich durch diesen Quatsch immer weiter von seiner eigentlichen Berufung entfernt: Geschichten erzählen, die so vielleicht noch nie erzählt worden sind.
Last but not least: Scheißtechnik!
Zur Krönung des Ganzen gesellt sich noch der Kampf mit der Technik dazu. Weil irgendwelche Plugins über Nacht entschieden haben querzuschießen, gähnt auf der eigenen – liebevoll in hunderten von Stunden gepflegten – Autorenseite oder auf dem Blog nur noch weiße Leere. Ist es vielleicht ein Zeichen? Will mir mein Computer, mein Schicksal damit etwas sagen? Oder um es mit den Worten meiner ehemaligen Chefredakteurin auszudrücken: Es gibt nichts Inspirierendes als ein weißes Blatt Papier.
Irgendwo müsste ich noch eine alte Schreibmaschine rumliegen haben …