Als “mganga”, “Heiler” werden nicht nur die modernen, wissenschaftlich arbeitenden Mediziner bezeichnet, sondern auch die traditionellen Medizinmänner. Und von denen gibt es alle möglichen Typen, darunter auch den Spezialisten für Heilkräuter, der seine Patienten ins normale Krankenhaus schickt, wenn er an seine Grenzen stößt.
Als wir letzte Woche am Nyassa-See waren, sahen wir eine große Menschenmenge. Auf unsere Frage, was los sei, erfuhren wir nur, dass ein mganga gekommen sei, der “böse Dinge” vertreibt. Solche Geisteraustreibungen haben sicherlich psychologische Effekte und so manche Krankheit mag über die Psychologie wirklich verschwinden. Aber fast immer ist damit die Verdächtigung eines anderen Menschen verbunden, der angeblich den Kranken verhext hat. Und manch ein mganga verbietet seinen Patienten ausdrücklich die Benutzung der modernen Medizin; auch über den mganga am Nyassa-See haben wir dies gehört.
Wenige Tage vor unserer Ankunft in Litembo war dort ein afrikanischer, katholischer Priester nach einem langen Krebsleiden gestorben. Die Krankenschwester zeigte uns ein Fläschchen (siehe Foto), das sie nach seinem Tod bei ihm gefunden hatte: Angebliche Medizin gegen Krebs von einem mganga ! So kann man die Verzweiflung eines Todkranken ausnutzen, um ihm noch ein bisschen Geld aus der Tasche zu ziehen.
Und dann gibt es auch wirkliche schwarze Magie: Menschen, die ermordet werden, um ihnen bestimmte Organe zu Zauberzwecken zu entnehmen. Am Mittwoch wurde in unserer Bezirksstadt Songea das dritte (nach anderen Berichten: das siebte) Mordopfer aufgefunden, dessen Leiche in entsprechender Weise verstümmelt worden war. Der nachvollziehbare Eindruck, dass die Polizei nichts tut, führte zu einer wütenden Demonstration, die Polizei schoss scharf, vier Demonstranten starben. Einige erzählen, dass auch ein Polizist getötet worden sei. Das Militär hat schließlich für Ruhe gesorgt.
Heute Morgen habe ich zum ersten Mal mit einem Augenzeugen gesprochen, dem deutschen KFZ-Mechaniker Erich, der zufällig mit seinem Auto durch Songea gefahren war. Er erzählte von den Schüssen der Polizei und den fliehenden Demonstranten, unter ihnen zahlreiche Motorradfahrer, die so schnell über die Bodenwellen rasten, dass die Motorräder ein Stück durch die Luft flogen.
Wie sagte doch der freundliche Polizist, der mich neulich wegen des Diebstahls von Martins Motorrad vernommen hat: “Unsere Arbeit dient dazu, den Frieden im Land zu bewahren.”
Einige der 400 Fotos, die ich am Nyassa-See und in Litembo gemacht habe, finden sich in Andreas’ Blog.