Unchristliche Tarifgemeinschaft

Bundesarbeitsgericht Erfurt

Bundesarbeitsgericht Erfurt

von Siegfried R. Krebs
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt fällte wichtiges Urteil zur Zeitarbeit

ERFURT. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 14. Dezember der Christlichen Gewerkschaft Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit aberkannt. Nach Auffassung des Gerichts ist dieser Verein trotz der vielen von ihr abgeschlossenen Tarifverträge keine Gewerkschaft, da ihr aufgrund fehlender Mitglieder die dafür erforderliche Tarifmächtigkeit fehle.

Damit hatte der gemeinsame Antrag der Gewerkschaft ver.di und der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Gefälligkeitstarifverträge auch in der Leiharbeitsbranche zu unterbinden, in der höchsten Instanz Erfolg. Beide hatten der CGZP Dumping-Verträge vorgworfen, denn die Tarifabschlüsse liegen meist unter denen der großen Gewerkschaften. Das Urteil könnte weitreichende Folgen für die gesamte Branche haben. Für rund 280000 Leiharbeiter gilt damit der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Nahezu die Hälfte der Betroffenen soll in den drei mitteldeutschen Ländern leben.

Nach dem Urteil (Az: 1 ABR 19/10) sind jetzt alle von der CGZP abgeschlossenen Dumpinglohnverträge hinfällig. Auch nach Auffassung des Gerichts hat die CGZP überwiegend Gefälligkeitstarifverträge abgeschlossen. Die durch die Pseudogewerkschaft vertretenen Leiharbeiter haben ab sofort einen Rechtsanspruch auf Bezahlung nach den in den jeweiligen Branchen gültigen Tarifverträgen. Zugleich müssen die Verleihunternehmen mit Forderungen der Sozialkassen über rückwirkende Nachzahlungen ab 2006 rechnen.

Der von der CGZP vereinbarte Stundenlohn in der niedrigsten Entgeltgruppe soll bei 6,40 Euro (Ost) bzw. 7,60 Euro (West) gelegen haben. In den DGB-Verträgen gelten weiterhin Ostlöhne von 7,01 und 7,50 Euro sowie Westlöhne von 7,89 und 8,19 Euro.

Damit hat das Gericht nicht bloß einem obskuren Verein den Gewerkschaftsstatus aberkannt und damit die Tariffähigkeit verweigert. Wie bedeutsamer ist, daß damit unsoziale Tarifverträge unter christlichem Mäntelchen als das gebrandmarkt wurden, was sie sind. Nicht nur die Kirchen, sondern auch „christliche“ Vereine betonen ja immer wieder, daß sie nur Gutes tun, daß sie der Nächstenliebe verpflichtet seien. Nun ja, Gutes hat ein Verein wie die CGZP schon getan. Nur nicht für die Mitglieder, deren Interessen sie angeblich vertreten will. Nein, Gutes nur für die Arbeitgeber.

Hintergrund:
Vor dem BAG wurde zur CGZP festgestellt: Die CGZP ist im Dezember 2002 gegründet worden. Nach ihrer damaligen Satzung hatte die CGZP die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu vertreten und für deren Mitglieder Tarifverträge abzuschließen. Laut ihrer Anfang Dezember 2005 in Kraft getretenen Satzung vertritt sie “die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten … Arbeitnehmer … gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.” § 7 der Satzung sah vor, dass die Mitgliedsgewerkschaften durch den Beitritt zur CGZP “ihre Tarifhoheit für die Branche Zeitarbeit an die Tarifgemeinschaft abgetreten haben.” Ferner war geregelt, dass die einzelnen Gewerkschaften ohne Beschluss des Vorstands nicht eigenständig als Tarifpartner in der Zeitarbeitsbranche auftreten konnten. Die Satzung der CGZP wurde im Oktober 2009 geändert. Nunmehr dürfen die Mitgliedsgewerkschaften der CGZP selbst Tarifverträge im Bereich der Zeitarbeit abschließen, müssen jedoch zuvor die Zustimmung der CGZP hierzu einholen. Im Oktober 2009 waren die Christliche Gewerkschaft Metall, die DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V. und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und Dienstleistungen Mitglied der CGZP.


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