Unbekannte machen Angst

Eine Tänzerin und ein Mann mit einem Kontrabass betreten die Bühne. Staunen bei den Kindern. Nur wenige haben so ein großes Instrument schon einmal ganz nahe gesehen. Dann beginnt die Vorstellung, wie man es sich von einer Tanzperformance erwartet. Der Mann spielt, die Tänzerin tanzt. Wäre das alles, das Publikum, in diesem Fall Kinder im Alter zwischen fünf und sieben, wäre schon nach kurzer Zeit unaufmerksam. Aber dann geschieht es. Ein großes, weißes Monster erhebt sich und macht die Szenerie unsicher.

„Duo Duu“ nennt sich das Stück von Anu Sistonen, das von Dance Development aus Luxemburg anlässlich des 18. Tanzfestivals Szene Bunte Wähne im Dschungel Wien gezeigt wurde.
Darin erleben die Kinder, wie es ist, jemanden Fremden kennenzulernen, der anfänglich als Bedrohung erscheint, dann aber zum Freund wird. Genauer gesagt zur Freundin. Denn Jennifer Gohier und Julie Barthélémy tanzen zwei Mädchen, die Freundschaft schließen, von denen eines sich jedoch erst einmal aus der Monsterverkleidung herausschälen muss, nachdem es auch beim Publikum zuvor für wohlige Angstschauer sorgte.

Marc Demuth am Kontrabass beginnt nach einer Aufwärmübung mit einer rhythmisch klaren, klassischen Barockkomposition und spielt sich im Laufe der Vorstellung einmal quer durch die Musikgeschichte. Tanz steht neben der Erzählung, in der es um Freundschaftschließen, aber auch um einen gewaltigen Streit geht, im Vordergrund der Inszenierung. Im Mittelteil können die Kinder sogar nachvollziehen, wie Schrittkombinationen eingeübt werden und nach und nach ein komplettes Tanzstück daraus wird. Bis Julie Barthélémy genug hat und ihrer neuen Freundin kurzerhand das hübsche Kleid zerreißt. Die Reaktion des jungen Publikums macht deutlich, dass es sich mit dieser aggressiven Aktion, aber auch mit der wunderbar gespielten Trauer von Jennifer Gohier gut identifizieren kann.

Einen Fehler wieder gut zu machen, ist gar nicht leicht. Auch das wird in dieser Vorstellung vermittelt. Es dauert viele Entschuldigungsversuche und viele abgelehnte Geschenke, bis das Vertrauen zwischen den beiden wieder hergestellt ist und sie wieder gemeinsam tanzen. Solange, bis erneut etwas Unerwartetes geschieht und ein zweites weißes Monster auftaucht.

Die clevere Lichtregie (Eric Vanpouille), die die Szenerie von kühlem Blau manchmal in bedrohliches Rot eintaucht, sowie die Komposition von Emre Sevindik, in der auch zeitgenössische Klänge auftauchen, die Kinderohren vielleicht noch nicht oft gehört haben, machen die Inszenierung zu einem kleinen Gesamtkunstwerk.


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