Umschalten.

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Umschalten. Umschalten.

Fotos: knallgruen/photocase.de

Ich fass mal kurz meinen Zustand zusammen.

Nutellabrot statt des Magerquarks mit Blaubeeren zum Frühstück gegessen.

Für zu viel Geld Klamotten bestellt, also, Klamotten, die ich in sehr ähnlicher Ausführung schon trülfmal habe. Weiße Hemden also.

Meine Haare liegen nicht wie vorgesehen glatt mit der Biege unten, weil ich zu faul für Glätteisen um dreiviertel acht war.

In der Küche siehts aus. Und im Bad. Und ich hatte keene Lust zum Bügeln..

Für die bestellten Klamotten hab ich meinen Schrank noch nicht ausgemüllt.

Meine Schenkel wellen sich zärtlich im Gedenken ans Nutellabrot und die Spaghetti Carbonara. Und die Grillwurst.

Ich war seit neun Tagen nicht beim Sport.

Ich habe schon wieder drei Geburtstage vergessen. 

Wenn der Onlineshop abbucht, braucht der Sparkassenmensch Botox für zwischen die Augenbrauen.

Ich höre es penetrant rügen, da im Hinterhaupt. Ladies and Gentlemen, I proudly present:

das IttyBittyShittyCommittee.


Ich hab es noch nie gesehen, aber ein ziemlich genaues Bild von denen, die da drin sitzen, lauter grau uniformierte Blockwarte ohne Humor, einem kleinen Stöckchen in der Hand und Brillen, die auf der Nasenkante hängen. Die sehen alles. Die kommentieren alles. Und hören nie auf damit. Ihre Hilfsmittel unter anderen: Spiegel, Waage, Wohnmagazine, Bilder von Kinderabendbrot mit ausgestochenen Sternen aus Gouda. 

Recht machen kann man es ihnen fast nie. Oder doch, könnte ich, wenn der Tag siebzig Stunden hätte. Dann könnte ich alles schaffen, was sie mir als Messlatte hinhalten. Dreimal die Woche Yoga und Spinning. Jeden Abend eine ausgewogenene und hübsch anzusehende Mahlzeit kredenzen. Jeden Tag sehr interessante Blogartikel schreiben. Jeden Tag nach Putzplan arbeiten, damit immer alles besuchsfertig aussieht (und man nicht die Wäscheberge kurzerhand in die Abstellkammer feuert). Immer Zeit für ein anspruchsvolles Buch finden und die abonnierten Wochenzeitschriften auch tatsächlich lesen, also auch die zääähen Politikartikel. Whow. Dann wäre ich tatsächlich eine Superfrau. Aber so?

Mittelmaß. Undiszipliniert. Nicht gut genug. Überhaupt: nicht genug. Und so trage ich jeden Tag ein unschönes Gefühl von Niederlage mit mir rum. Niederlage vor den anderen, bei denen alles immer ganz toll und supi läuft. Niederlage von den eigenen Ansprüchen, den zugegebenermaßen hab ich diese dämlichen Blockwarte ja selber eingestellt mit der Prämisse, möglichst ungnädig und verbohrt zu sein im Urteil über mich.

Und dann, eines faulen Abends auf dem Sofa mit iPad (statt des Thomas Mann - Erzählungen-Sammelbandes) lese ich einen Artikel und denke: jaa! Bis dahin hatte ich das genannte Komitee gar nicht wirklich als solches wahrgenommen. Aber es hat tatsächlich diesen Namen und ich fange in der Sekunde an, es zu hassen. Und ich nehme mir vor, denen einfach nicht mehr zuzuhören. Ich drehe denen den Rücken zu. Streck die Zunge raus oder ganz unfein, den Mittelfinger. Fack juh!!

 

Soll ich euch was sagen? Und ganz besonders sag ich es Sonja:

Keiner von uns braucht dieses unkonstruktive Gequäke. Weil wir es prima schaffen, das Leben. Nein, nicht sofort denken, ja, aber alles ist so anstrengend und die Fenster sind nicht geputzt und die Deadline naht, ich bin ja so schlecht im Termine einhal-------STOOOOOHOP. Mittelfinger raus, rumdrehen, mach weiter, das was du tust.

 

Ihr alle steht morgens auf. Habt für den Tag die Haare gemacht, Zähne geputzt. Die Kinder sind angezogen und geküsst in Kita oder Schule oder bei euch. Ihr esst, ihr kocht. Ihr schreibt wahnsinnig erfrischende und schön gestaltete Blogs. Hört euch um, habt eine Meinung. Steht zu den Dingen. Der Fokus liegt doch auf den Dingen, die ihr tut - und nicht darauf, was ihr grade lasst. 

 

Ich war neun Tage nicht beim Sport, weil ein langes Pfingstwochenende war und ich die Zeit lieber meiner Familie widme. Wir sind an neuen Orten gewesen. Wir haben dem Kind das Radfahren beigebracht. Wir haben in der Wiese gelegen und Pizza gegessen. Ich habe nicht jeden Tag gepostet, weil ich Themen und Ideen gesammelt habe und ein tolles Interview geführt. Ich habe Wischmopphaare, weil ich es heute morgen geschafft habe, mich und das Kind innerhalb von 25 Minuten geduscht, Haare gewaschen, eingecremt, angezogen und Zähne geputzt in die Kita gebracht zu haben. Nutella schmeckt einfach geiler als Magerquark und ich hab jeden Bissen genossen mit Kaffee auf dem Balkon. Wenn mich was nervt, räum ich es von ganz alleine auf. Wenn Besuch kommt, rödele ich eben mal eine Stunde. Ich gebe Geld aus für mich, weil ich mich auf ein neues Teil für den Urlaub im Sommer freue. Das tut mir gut, genauso, wie ich einfach zum Yogapilatesschwimmenirgendwas gehe, wenn ich denke, so, ich geh jetzt, jetzt ist der Zeitpunkt, an dem ich Muße und Bock habe. Umso mehr kann ich die zwei Stunden im Sportstudio für mich auch genießen. Ich esse an sich gern Gemüse und Obst und Fisch, das mache ich von allein, auch weil ich so schon Hunger drauf habe. Und danach ein Duplo. Nervt mich das Hüftröllchen aufm Hosenbund, kauf ich mir halt ne peinliche Bauch-weg-Unterhose. Hab ich keinen Bock auf putzen, kommt einer und macht es für mich.

Jeder von euch macht die Sachen, die gemacht werden müssen. Den ganzen Tag. Überleg doch einfach, was du getan hast, statt das vom Komitee eingeforderte Meditationspensum abzuarbeiten. In Ruhe gefrühstückt? Mit dem Kind über Socken diskutiert? Zehn Minuten länger gepennt? Ist doch alles wunderbar. Das ist doch das Leben, an das du dich die nächsten Jahrzehnte erinnerst. Nicht an die ungebügelten Blusen und das unperfekte Dinner. Sondern an die Momente, die du erlebt hast, Dinge, die du erreicht hast, kleine Zufälle und große Projekte. Du hast die Entscheidung in diesem Moment getroffen, was wichtig für dich ist. Von ganz allein, ohne Blockwart. Sondern mit Lust und Muße oder eben aus Notwendigkeit. Pause, in die Luft starren oder sinnlose Buzzfeed-Listen abscrollen. Dann schreibst du wieder tolle Beiträge. Machst ein Pflaster aufs aufgeschrappte Knie mit einem Kussi drauf und kümmerst dich um deinen Job. DAS ist wertvoll. Und das ist eine Superfrau.

 

Ich hab jetzt wieder nicht den vollgerümpelten Schrank ausgeräumt, sondern lieber hier gesessen und meine Gedanken aus dem Gehirn getippt. Macht mich glücklicher. Und vielleicht euch auch ein bisschen?

 

 

PS: Ich habe grade das Netz auf links gedreht und kann ihn nicht mehr finden, den Artikel....er war auf englisch und von einem Mann geschrieben, falls einer von euch eine Idee hat?

 

 


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