Es gibt Eltern, die besonders ängstlich sind, ihre Kinder überbehüten oder vergöttern. Oder eben beides. Die meistens unbewusst und manchmal sehr bewusst versuchen, ihre Kinder an sich zu binden. Oder die ihren Kindern viel zu früh Aufgaben übergeben, die eigentlich für das Alter nicht adäquat sind. Die Kindheit verschwindet dann schnell. Und dennoch macht die Ablöse vom Elternhaus Probleme. Früher gab es dafür bewusst die Wanderjahre, die vor allem die Söhne für eine gewisse Zeit weit weg führten und das ursprüngliche Zuhause mit einer Bannmeile versahen. Kein näherkommen möglich – Abstand halten und erwachsen werden. Das ist mittlerweile heute etwas anderes.
Nicht erwachsene Kinder heiraten einander
Und jedes Kind möchte irgendwann einmal erwachsen werden. Eigenständig durchs Leben gehen und das auch genießen. Wenn ein Kind das aber nie gelernt hat, dann ist das weggehen (Autonomie) immer mit der großen Angst verbunden, nicht mehr nach Hause zu können (Verbindung), weil man ja weg war. Und was passiert, wenn solche “erwachsenen Kinder” dann einen Partner heiraten? Dann beginnt der große Spagat zwischen Autonomie und Verbindung, den das Kind nie gelernt hat, für sich zu lösen.
Und wenn ich zu viel Verbindung (Mama/Der Partner wird zur Mama) habe, dann gehe ich nach draußen und probiere mich dort aus. Mitunter mit einer Außenbeziehung. Oder ich bestrafe die Verbindung (Partner) mit einer Außenbeziehung, weil ich ihn auf einer unbewussten Ebene dafür verantwortlich mache, dass ich nie ohne schlechtes Gewissen nach draußen gehen durfte. Anstatt mich da irgendwann mal abzukoppeln, wo ich mich längst hätte abkoppeln sollte – bei meinen Eltern.
Und manchmal hilft es in Beziehungen, sich dieser unheilvollen Dynamik erst einmal kognitiv bewusst zu werden. Und jedes Mal, wenn ich den Drang nach draußen (Autonomie) in mir verspüre, stehen zu bleiben. Und mir zu überlegen, mit welcher Motivation das jetzt gerade passiert. Bevor ich den nächsten Schritt mache. Ein anderer Erklärungsansatz: Zu viel Nähe (Verbindung) wurde irgendwann einmal als bedrohlich und bedrückend erfahren – meistens in einer überbehüteten Kindheit. Und als erwachsener Mensch reagiert man auf zu viel Nähe – nach der man sich eigentlich sehnt – mit Fluchtreflexen. Oder verschwindet in die innere Immigration. Auch hier gilt: Wahrnehmen, stehen bleiben, durchschnaufen und erst dann weitergehen….