Über Kritik und Kompetenz

Zugegebenermaßen reagiere ich ziemlich empfindlich, wenn ich auf jemanden treffe, der anderen Leuten rundheraus die Kompetenz abspricht, wenn sie sich nicht so äußern, wie der kompetente Gesprächspartner es erwartet hätte. Wobei ich damit nicht sagen will, dass ich mich immer und überall in jeder Hinsicht für kompetent halte. Natürlich nicht. In der Regel äußere ich mich auch erst gar nicht zu Themen, von denen ich keine Ahnung habe. Wenn ich von anderen auf irgendetwas aufmerksam gemacht werde, bin ich oft neugierig genug, mich damit zu beschäftigen, um mir ein Urteil zu bilden: interessant, nicht interessant, tauglich, nicht tauglich, lohnt sich, mehr Zeit zu investieren oder eben nicht. Und damit bin ich dann in der Lage, eine vernünftige Kritik zu äußern.

Es gibt natürlich auch Menschen, die nicht wissen, was eine vernünftige Kritik ist. So muss Kritik keineswegs konstruktiv sein – wenn ich eine Sache als schlecht für mich oder die Welt oder beides erkannt habe, dann kritisiere ich das. Und dann wäre es äußerst schädlich, irgendein gutes Haar an der schlechten Sache zu lassen, sonst könnte ja missverstanden werden, dass ich sie am Ende doch nicht so schlecht fände – was dann kontraproduktiv wäre.

Wenn man beispielsweise festgestellt hat, dass Lohnarbeit Sklaverei ist – was durchaus zutrifft, dann kritisiere ich natürlich jedes noch so alternative Wirtschafts-Modell, das wiederum auf Lohnarbeit beruht – auch wenn es angeblich Vollbeschäftigung und weniger Arbeit für alle mit sich bringen soll. Natürlich ist weniger arbeiten und gleichzeitig mehr verdienen besser als mehr arbeiten müssen, obwohl man weniger Geld dafür bekommt, das ist ja klar. Das könnte man aber mit entschlosseneren Gewerkschaften und streitbareren Arbeitern/Angestellten auch ohne Systemwechsel hinkriegen.

Wenn man sich schon die Mühe macht, überhaupt ein neues Modell einführen zu wollen, dann könnte man doch wenigstens das Hauptübel abstellen: Dass Menschen überhaupt gezwungen werden, mit Lohnarbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das heißt, man muss auch mal über Eigentumsverhältnisse nachdenken, und wozu Arbeit überhaupt gut ist. Jeder Mensch muss arbeiten, um zu überleben, das war schon immer so, und es wäre nur fair, wenn jeder seinen kleinen oder auch größeren Teil zum Ganzen beträgt. Aber warum es so sein muss, dass Menschen arbeiten müssen, damit ein kleiner Teil von ihnen immer reicher wird, während ein sehr großer Teil von ihnen trotz Arbeit kaum zu überleben schafft, hat mir noch niemand schlüssig erklären können – außer anhand der offensichtlichen Tatsache, dass es derzeit halt so ist. Schlimm genug. Aber das ist kein Beweis dafür, dass es nicht anders ginge. Und auch keine Beweis dafür, dass Lohnarbeit eine Existenzbedingung für die Menschheit ist. Es gibt noch immer eine Reihe von Gesellschaften, die das Konzept Lohnarbeit überhaupt nicht kennen.

Es gibt Dinge, die sind so schlimm, so schlecht, so grottig dass daran nichts zu verbessern ist. Da ist die einzige Form der konstruktiven Kritik der Totalverriss. Wenn etwas nichts taugt, dann muss es in Grund und Boden kritisiert werden – erst recht dann, wenn es keine Alternative gibt. Dass ist nämlich die geläufige Form, vernünftiger Kritik unvernünftig zu begegnen: „Wenn du meinst, dass das so nicht geht, dann sag doch mal, wie es denn sonst gehen soll!“ Damit wird dem engagierten Kritiker immerhin klar gemacht, dass seine Kritik nicht willkommen ist. Aber das hilft niemanden.

Es gibt natürlich immer eine Alternative. Wenn jemand behauptet, irgendetwas sei alternativlos, ist höchste Vorsicht angebracht. Denn damit ist ja jegliche Kritik und damit jede Verbesserungsmöglichkeit von vorn herein ausgeschlossen. Alles, was ich sagen will ist: Man darf, kann, soll, ja muss etwas auch kritisieren, wenn man nicht gleich die bessere Lösung in der Tasche hat. Die ergibt sich dann ja aus der geäußerten Kritik – vernünftige Kritik ist immer der erste Schritt zur besseren Lösung. Es sei denn, der Kritisierte will gar keine bessere Lösung, sondern lediglich seine Lösung an den Mann oder die Frau bringen – ein Indiz dafür ist, wenn er den anderen die Kompetenz abspricht.

Ein ernsthaft bemühter Gesprächspartner würde wenigstens versuchen, den anderen seine Idee, sein Modell, seine Apparatur oder was auch immer, so zu erklären, dass der andere gar nicht über eine spezielle Kompetenz verfügen muss, um den Gegenstand zu verstehen. Wenn das nicht möglich sein soll, dann ist entweder der Erklärer nicht sehr helle, oder das, was er nicht erklären kann, taugt nichts. Gesunder Menschenverstand reicht für eine vernünftige Kritik an den allermeisten Dingen völlig aus.



wallpaper-1019588
UNIQLO – Neue Kollektion zu Final Fantasy vorgestellt
wallpaper-1019588
Pokémon GO: Neue Funktionen vorgestellt
wallpaper-1019588
Dragon Ball Xenoverse 2 – Neue Charaktere für den „Future Saga“-DLC angekündigt
wallpaper-1019588
One Piece Odyssey erscheint für die Nintendo Switch