Über die Macht der Eigenmarken

Wie einiger Zeit angekündigt, möchte ich mich heute mit einem Thema beschäftigen, das mich schon seit meiner Studienzeit interessiert: den Eigenmarken von Handelsunternehmen (mit Fokus auf den Modebereich und natürlich gerne mit Fokus auf meine Freunde, die Versandhändler). Und Eigenmarken gibt es mehr als man denkt!
C&A; hat Clockhouse, Westbury und neun weitere, Deichmann hat Victory und weitere, Sportscheck hat Maui Wowie, Quelle hatte Privileg, Neckermann hat u.a. WOB, Marco Donati und Jürgen Michaelsen, Zalando zieht mit Zign Shoes, Seven Seconds und Pier One Schuhen in den Kampf. Aus dem Otto-Konzern sind Apart oder Lascana mittlerweile eigenständig, während viele weitere Handelsmarken (a la "Studio Coletti") noch im Konzern verwurzelt sind, QVC hat Diamonique, Cooks Essentials und über 50 weitere. Und so weiter und so weiter.
Der Grund liegt auf der Hand: während man bei Marken-Artikeln auf den Hersteller der Marke und dessen "Goodwill" angewiesen ist, kann man Eigenmarken komplett alleine steueren und positionieren.
Und die Margen sind nicht zu vernachlässigen! Während man als Händler im Textilbereich bei Markenartikeln Margen zwischen 30-50% realisieren kann, sieht das ganze bei Eigenmarken schon ganz anders aus: hier sind 70% Marge keine Seltenheit!
Das Thema Eigenmarken ist also durchaus lukrativ. Wenn man es schafft, seine Eigenmarken entsprechend zu positionieren, kann man satte Gewinne einfahren!
Nun ist die Frage: was möchte ich mit meiner Marke erreichen? Und wie bringe ich sie dorthin?
Nicht jede Marke ist dazu geeignet, das nächste große Ding zu werden - klar! Aber mal ganz im Ernst - wer bitte kann mit Marco Donati, Studio Coletti oder Jürgen Michaelsen etwas anfangen?
Sehen wir uns 3 Beispiele einmal an:
- Maui Wowie (Sportscheck)
Maui WowieMaui Wowie ist eine der erfolgreichsten Eigenmarken von SportScheck. Ich meine, mich daran zu erinnern, dass die Marke früher fast nur für Surf-Artikel (Boardshorts & Co) und im Snowboardbereich genutzt wurde und damit in Konkurrenz zu Reef, Oxbow und Konsorten stand. Clou an der Sache: in den Läden hingen Maui Wowe Shorts immer in unmittelbarere Nähe zu den Markenartikeln und wurden durch diese hochwertige Positionierung bekannt. Auch im Katalog waren Maui Wowie Produkte immer sehr nahe an den Markenartikeln. Mittlerweile sind Maui Wowie gebrandete Artikel auch bei Accessoires & weiterer Kleidung zu finden. Ob es klug war, in Kühltaschen, Armreifen und Handtaschen zu diversifizieren, bezweifle ich an dieser Stelle mal. Das klare Markenprofil, das Maui Wowie einmal hatte, wurde so auf alle Fälle verwischt.
- Marco Donati (Neckermann)
Marco DonatiJa, der gute, alte Marco Donati. Könnte fast der jüngere Bruder vom Angelo Litrico von C&A; sein. Wahrscheinlich wurde den zuständigen Managern erzählt, dass italienisch klingende Namen für besondere Qualität stehen (wenn auch alle Kleidungsstücke aus China oder Bangladesch stammen). Wie dem auch sei: von Marco Donati gibt es alles - von der Boxershort, über den Schlafanzug, Chinos und Business-Hemden bis hin zum Anzug. Verstehe ich nicht: wo bliebt hier die klare Positionierung? Dass ein klares Profil für eine Marke unerlässlich ist, habe ich an der Uni im 2. Semester mitbekommen.
- Zign Shoes (Zalando)
Zalando MagazinJa, meine Freunde von Zalando. Mal wieder ein schönes Beispiel für clevere Marketer: mit dem Zalando Fashion-Magazin (neulich die 2. Ausgabe in der Hand gehabt) zeigen Sie mal wieder wie es geht: Sie schalten Anzeigen für Ihre Eigenmarken (wie eben Zign Shoes oder Seven Seconds) und positionieren so die Marke in einem hochwertigen Umfeld. Clever! Der zweite Schachzug: auf der Website werden z.B. Schuhe von Seven Seconds als "das könnte Ihnen auch gefallen" angeboten, wenn man beispielsweise Schuhe von Jette Joop betrachtet.
Seven Seconds SchuheDas, was Neckermann aufgrund fehlender Läden somit nicht schafft, schafft Zalando locker: ein klares Profil für seine Eigenmarke. Auf Dauer wird das Ziel sein, die Abhängigkeit von den Markenherstellern zu senken, und so viel von den Eigenmarken zu verkaufen, wie möglich.
Meine Meinung: ich halte Eigenmarken aus vielerlei Gründen (Margen, Abhängigkeit etc.) für eine gute Idee. Aber nur, wenn sie ein klares Profil haben! Dann kann man sie auch glaubhaft in der Produktpalette erweitern. Wenn es lediglich darum geht, nicht die NoName-Marke #357 zu sein und einfach "made in Bangladesh" auf das Etikett zu kleben.. gut, dann geht auch "Marco Donati". Wenn es aber darum geht, sich hochwertig zu positionieren und somit bei gleichen Produktionskosten weit höhere Margen zu erzielen - dann sollte man sich etwas einfallen lassen. Die preislich höhere Positionierung (knapp unter der Marke, die man von der Produktpalette her imitiert) in einem hochwertigen Umfeld (etwa in Produktempfehlungen auf der Website, im Katalog oder im Ladengeschäft) sind ein erster Schritt.
Ich für meinen Teil wäre nicht überrascht, wenn Zalando demnächst ihre Eigenmarken noch stärker in den Mittelpunkt rückt (zB im übernächste TV-Spot). Lassen wir uns überraschen.

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