Kaum ein Material hat einen solchen Siegeszug erlebt wie die Kunststoffe. Sie gelten als universelle Werkstoffe mit denen sich für die verschiedensten Anwendungen die richtige Antwort finden lässt. Die rasante Ausbreitung der Kunststoffe hat allerdings Konsequenzen, die erst allmählich zutage treten.
Seit Jahrzehnten beobachten Ärzte in der westlichen Welt eine beunruhigende Veränderung. Immer mehr Paare bleiben ungewollt kinderlos. Die Fruchtbarkeit, vor allem der Männer, nimmt langsam aber stetig ab. Auf der Suche nach den Ursachen führt eine Spur zu Chemikalien, die eine ähnliche Wirkung haben wie Geschlechtshormone: zu speziellen Bausteinen von Kunststoffen. Die Vielzahl an maßgeschneiderten Zusatzstoffen hat „Nebenwirkungen“, die erst jetzt ins Bewusstsein dringen.
Die unvorstellbare Verbreitung und die Beständigkeit der Kunststoffe sind eine weitere Hypothek, die der rasante Siegeszug für unseren Planeten mit sich bringt. Eine Erfolgsgeschichte mit einer dunklen Kehrseite. Wenige Jahrzehnte sind seit der großflächigen Einführung von Plastik vergangen, und schon sammelt sich Plastikmüll im Nordpazifik auf einer Fläche so groß wie Mitteleuropa. Für Meeresbewohner, die darin ihre Beute sehen, werden die Kunststoffe zur gefährlichen Falle.
Alles begann mit der Faszination eines Stoffes, der einst aus dem Saft des mittelamerikanischen Kautschukbaums gewonnen wurde. Als Entdecker und Eroberer erkannten, welches Potential der Stoff hat, den Urvölker zum Abdichten ihrer Boote verwendeten, startete ein dramatischer Wettlauf: Zunächst sollten Plantagen mit Kautschukbäumen den stetig wachsenden Bedarf decken. Schließlich entwickelten Chemiker Methoden, synthetischen Kautschuk herzustellen. Der Beginn einer unvergleichlichen Entwicklung: Kunststoffe eroberten alle Lebensbereiche.
Aus einem begehrten Spezialwerkstoff ist eine kaum mehr überschaubare Stoffgruppe geworden, die Lösungen für fast jede Anforderung bietet und viele Entwicklungen überhaupt erst möglich machte. Immer höhere Gebäude, leichte Flugzeuge, Innovationen in der Medizin, billige Massenprodukte für den Alltag – all das ist nur durch den Einsatz des universellen und variablen Materials möglich.
Harald Lesch widmet sich in „Abenteuer Forschung“ den Stoffen aus der Retorte. Und: Was können wir tun, damit dieser bezahlbar bleibt? Kunststoffe eröffnen uns seit Jahrzehnten scheinbar unendliche Möglichkeiten. Doch welcher Preis ist dafür zu zahlen?
Sendungsinformationen
Mittwoch, 04.08.2010 22:15 – 22:45 Uhr
Wdh. am 04.08.2010 02:10 Uhr
Originalbeitrag hier
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