tv diskurs 2013

Spannung

Mit der unter Genrekundigen sowie Hitchcock-Anhängern bekannten Szene des vor einem Doppeldecker-Flugzeug flüchtenden Cary Grant (“Der unsichtbare Dritte”) kommt das Cover der ersten 2013er Ausgabe der Zeitschrift ‚tv diskurs‘ daher, die unter dem bildtauglichen Titel „Spannung. Warum wir Medieninhalte interessant finden“ erschienen ist. Es wird von vorne an ein umfassender Blick auf den Begriff der Spannung versprochen und gehalten. So ist der Einstieg mit einer Erläuterung und Herleitung gestaltet worden, die die Begrifflichkeit dem Lateinischen zuordnet und es sie auf Situationen anwendbar macht, bei denen es darum geht, in unterschiedlichsten Unsicherheiten zu schweben. Umfassend wird ein Blick auf Film und Fernsehen geworfen, vom fürs Kino produzierten Langfilm über Fernsehformate, Sportveranstaltungen und Castingshows. Es wird deutlich, dass Spannung allgegenwärtig ist.

Spannung darf niemals nur als negative Emotion gesehen werden. Zwar löst sie Unsicherheiten aus, die zu Angstgefühlen führen können, aber Spannung soll am Ende auch immer zur Entspannung führen, einem erleichternden Gefühl des Wohlwollens, wenn sich alles ins Gute auflöst. Je größer hierbei das Gefühl der Anspannung erlebt wird, desto mehr Wirkung entfaltet auch die spätere Entspannung. Zugleich werden Formen von Spannung unterschieden: die Zukunftsspannung mit der Frage, wo eine Situation hinführen soll; die Rätselspannung mit der Frage, e eine Situation entstanden ist. Bereits jetzt müsste deutlich geworden sein, wie umfangreich das Thema ist, wie viel hinter einem Spannungsmoment stecken kann. Sogar ein kurzer, einfallsreicher Abstecher in andere Gefilde wird unternommen. In einem Exkurs wird über elektrische Spannung gesprochen, bevor man sich wieder Dingen wie spannender Musik, Spannung für Kinder oder der Spannung des Fernsehkrimis zuwendet.

Und am Ende gelingt auch noch die Rückführung zum Heftcover, wenn die Spannungserzeugung beim Master of Suspense, Alfred Hitchcock, in den Fokus genommen wird. Hier werden Sympathie mit den Protagonisten an typische Genremerkmale und Erzählweisen geknüpft, dem Zuschauer zeitgleich immer ein Wissensvorsprung gewährt, wodurch die Erwartungen, wie denn nun die lieb gewonnenen Hauptfigur auf dieses Wissen reagieren wird.

Medien und Politik

Um eine etwas andere Form der Spannung geht es dann im ‚tv diskurs‘ 2/2013, wo das Konfliktpotential von Medien und Politik beleuchtet wird. Den Einstieg findet man durch die immensen Einschränkungen in der Volksrepublik China, wo die nicht vorhandene Pressefreiheit zu der Entwicklung von sogenannten Mikroblogs geführt hat. So möchten Seiten wie Weibo, ein Twitter-Klon (da Twitter selbst in der Volksrepublik verboten ist), das Verhältnis der Öffentlichkeit zur Politik umkrempeln, auch wenn man sich hierfür arge Kämpfe mit der staatlichen Zensur liefern muss. Eine ganz eigene Form der Spannung also.

An anderer Stelle macht die ‚tv diskurs‘ den Rückbezug zur Antike, vergleicht die modernen Medien mit den Marktplätzen von einst, wo sich die Menschen versammeln konnten um sich über Bekanntmachungen, Wahltermine, über politische Angelegenheiten informieren zu lassen. Dieser Versammlungspunkt ist nun nicht mehr örtlich gebunden, hat sich in die Medienwelt verlagert, wo solcherlei Ankündigungen direkt zum Menschen getragen werden. Der Blick bleibt aber nicht durchgängig auf der ‚Nachricht‘ als vermittelndes Wesen, sondern bewegt sich über die berichterstattende Form hinaus, untersucht Unterhaltungsformate auf ihre politische Kompatibilität. Denn hier liegt ein Weg verborgen, mit dem man weitaus besser die begehrte Wählerschaft der Jugend erreichen kann, was sich wiederum vor dem Artikel von Mathias Resch als wichtig erweist. Der Projektmitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaften an der TU Dresden schreibt hier über das Distanzverhältnis von jungen Menschen zur Politik, zumindest über ein solches Vorurteil, das sich in der heutigen Gesellschaft wacker auf den Beinen hält.

Spannung und Konflikt stehen hier nun also im Zentrum der ersten beiden ‚tv diskurs‘ Ausgaben des Jahres 2013. Beide Themen umfangreich bearbeitet, abwechslungsreich zusammen gestellt und immer mit Bezug auf Jung und Alt, mit Sichtweisen auf mehrerlei Medienformen. Eine Lektüre ist sehr zu empfehlen.

Link: ‘tv diskurs’ bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF).


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