Triathlon-Tagebuch #4: Allen bösen Schwimmgeistern zum Trotz und wie ich meinen Frieden mit ihnen fand

Triathlon-Tagebuch #4: Allen bösen Schwimmgeistern zum Trotz und wie ich meinen Frieden mit ihnen fand

Mein großes Problem ist das Schwimmen. Das wusste ich von Anfang an und nach meinem ersten Schwimmtraining hatte ich das schwarz auf weiß. Im Gegensatz zum Rest der Gruppe kann ich weder Kraul- noch vernünftig Brustschwimmen, sondern habe in meiner Schulzeit eine sonderbare Mischform aus beiden Formen kreiert. Was man einmal falsch lernt, bekommt man schwer wieder raus - das gilt beim Schwimmen ganz besonders. Dementsprechend demotiviert war ich nach dem vernichtenden Urteil meines Schwimmtrainers, das er mir mit einem hoffnungslosen Unterton in der Stimme überreichte, so, als würde ich an einer unheilbaren Krankheit leiden.

Ich brauchte ein paar Tage, um das Tief zu überwinden, in das mich diese Schwimmstunde gerissen hatte, die mir doch eigentlich die unendlichen Weiten des Spaßes am Schwimmen aufzeigen sollte. Stattdessen setze ich mich bockig aufs Rad, absolvierte meine Laufintervalle und schob das nächste Schwimmtraining wie einen unangenehmen Besuch beim Arzt vor mir her. Der Aufsicht des Trainers würde ich in den nächsten Wochen ohnehin nicht mehr ausgesetzt sein, denn eine Menge Reisen standen an und ich würde nicht nur das freitägliche Lauf- und Wechseltraining verpassen, sondern eben auch die ein oder andere optionale Sonntagsschwimmstunde im hannoverschen Sportleistungszentrum.

Ganz nebenbei: Als Anfänger inmitten von Profis zu trainieren, die abgesperrt von uns Rookies graziös und schnell wie der Wind ihre perfekten Kraulbahnen zogen, verbesserte das eigene Gefühl beim Schnecken-Schwimmen auch nicht gerade. Deshalb war ich eigentlich auch ganz froh, als ich meine Koffer gepackt hatte und nach dem Spartan Race in Köln endlich in Richtung Strand nach Kreta aufbrach. Hier, so hatte ich es mir vorgenommen, wollte ich dem Schwimmen noch einmal eine Chance geben, ganz ohne Druck ohne unter der Sonne Griechenlands mit hoffentlich viel Spaß.

Ich gebe zu, der erste Gang in den Pool kostete etwas Überwindung. Ich wollte eigentlich im Meer schwimmen, immer mal wieder, als Abkühlung inmitten des faulen Am-Strand-Liegens, und einfach austesten, wie lange ich im Freiwasser aushielt - trotz oder gerade wegen meiner miserablen Schwimmtechnik. Doch der steife Wind, die rote Fahne am Strand und die Wolken am Himmel machten mir einen Strich durch die Rechnung und ich trottete unverrichteter Dinge wieder ins Hotelzimmer. Schwimmen im Pool, wenn man direkt am Meer ist? Das kam mir falsch und blöd vor, doch letztendlich nutzte es nichts, denn ich hatte das Training nun schon viel zu lange vor mir hergeschoben. Also Schwimmbrille auf, Nasenklammer aufgesteckt und hinein in das kalte Wasser des im Schatten liegenden Pools. Forerunner eingeschaltet und los!

Mein Ziel war es, das Ausatmen unter Wasser zu trainieren, so wie der Trainer es mir zur Schadensbegrenzung vorgeschlagen hatte. Im Schwimmbad hatte es mir - aufgrund der fehlenden Nasenklammer - extreme Schwierigkeiten bereitet und ich hatte immer wieder unfreiwillig Wasser geschluckt und dem Ertrinkungstod (natürlich zu Unrecht) ins Auge gesehen. Mit Nasenklammer war das Ganze nun schon viel entspannter. Und, oh Wunder: Ich konnte das Unter- und Auftauchen sogar genießen! Wie bereits im Schwimmbad bereiteten mir die ersten paar Bahnen die größte Schwierigkeit, denn ich hatte den Eindruck, schon nach drei Bahnen völlig kraftlos abbrechen zu müssen. Ähnliches kenne ich bereits vom Laufen: Die ersten Kilometer sind immer das Schlimmste! Ich freue mich riesig über die Erkenntnis, dass das beim Schwimmen offenbar nicht anders ist. Nach acht Bahnen machte ich kurz Halt, erstaunt darüber, dass ich bereits 600 Meter hinter mich gebracht hatte. Ich hängte noch einmal acht Bahnen dran und stellte erfreut fest, dass das mit dem Ausatmen und unter Wasser gleiten immer besser ging und ich von Bahn zu Bahn schneller wurde.

Nach diesem „Erfolgserlebnis" konnte ich gar nicht genug bekommen vom Schwimmen. Am nächsten Tag zogen wir in ein anderes Hotel um, das einen 200 Meter langen Pool hatte - ein Paradies! Ich hüpfte hinein und schwamm und versuchte zwischendurch, mir selbst das Kraulen beizubringen - was natürlich kläglich scheiterte, da ich nicht mal das für Kraulanfänger empfohlene Schaumstoffbrett zur Hand hatte, geschweige denn irgendeine Kompetenz, mal abgesehen von einem YouTube-Video, das ich mir vor ein paar Tagen angesehen hatte. Später am Tag hatte ich dann auch noch die Chance, direkt im Meer am Traumstrand Falassarna zu schwimmen - hier aber deutlich weniger ambitioniert und vor allem leider nicht so ausgiebig.

Mein dritter Schwimmtag in Folge - wer hätte gedacht, dass ich so etwas mal sagen würde - startete früh am Morgen, da die Abreise aus Kreta anstand. Nachdem ich den Sonnenaufgang am Strand bewundert hatte, machte ich mich auf zum menschenleeren Pool (von dem ich mir gar nicht mal sicher bin, ob so frühes Schwimmen darin überhaupt erlaubt war), über dem die Sonne einladend glitzerte. Ich huschte ins angenehm warme Wasser, tauchte ab und blinzelte gegen die Sonnenstrahlen an, als ich wieder auftauchte. In diesem Moment genoss ich das Element Wasser wie vermutlich noch nie zuvor in meinem Leben. Ich genoss die Tauchmomente, wenn ich unter Wasser die Luft ausbließ, das klare Blau um mich herum, die Leichtigkeit, mit der ich voran glitt. Die Sonne blendete und es war mir egal. Mehr noch: Es half mir dabei, mich noch mehr im Wasser zu verlieren, den Kopf auszuschalten und einfach nur zu genießen.
Natürlich kam ich trotzdem aus der Puste. Nach 300 Metern überlegte ich, wie weit ich wohl kommen würde, und ermunterte mich selbst dazu, 4 Bahnen zu schwimmen. Mit leerem Magen erschien mir das eine akzeptable Leistung - doch nach 800 Metern wollte ich mehr. Wieder fand ich mich in meinem Läuferalltag wieder, wenn man Intervalle läuft und eigentlich nicht mehr kann, nicht mehr will, aber dann ist da dieses Gefühl, das einen voran treibt und einem zuflüstert „Da geht noch was!"

Und so war es dann auch. Ich schwamm meine ersten 1200 Meter ohne Pause durch. Was mir vor ein paar Wochen noch so unmöglich erschienen war, prangte nun auf meiner GPS-Uhr, unumstößlich und so selbstverständlich, als hätte es mich gar keine Mühe gekostet.

Natürlich kann man nicht jeden Tag in einer solch treibenden, motivierenden Umgebung trainieren, doch ich habe das Gefühl, das mich dort im Pool überkommen hat, ganz fest in mir eingeschlossen und hoffe, es wann immer es nötig ist, wieder hervorzaubern zu können. Mein nächster Reisestopp ist das Pitztal in Tirol und in meinem Hotel dort gibt es auch ein Schwimmbad, welches ist direkt nach meiner Ankunft in Beschlag nehmen werde. Denn Schwimmen, egal wie langsam, falsch oder sonderbar ich mich im Wasser auch bewegen mag, ist nicht länger ein Problem. Es ist eine Herausforderung, die ich nun gerne annehme, die mich stärker machen soll und durch die ich mich nicht schlechter oder schwächer fühlen möchte.

Letztendlich ist es doch wie beim Laufen: Egal wie langsam man ist, man überholt dennoch alle, die auf der Couch sitzen. Und wie beim Laufen ist es nur eins, das für mich zählt - und das ist nicht die Zahl auf der Uhr, sondern die Liebe an der Bewegung, das Gefühl dabei und danach und der Stolz, gleich ein dutzend Grenzen überwunden zu haben.


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